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Wirt­schaft fordert finan­zi­el­le Gleich­stel­lung im Bil­dungs­be­reich

6.810 Euro müssen im Schnitt an Kurs- und Prü­fungs­kos­ten bezahlt werden, bevor man in der Stei­er­mark einen Meis­ter­brief in Händen hält. Finan­zi­ell viel güns­ti­ger – zumin­dest für die Betref­fen­den selbst – fällt hier der laut Natio­na­lem Qua­li­fi­ka­ti­ons­rah­men (NQR) „gleich­wer­ti­ge“ Bache­lor aus. Hier belau­fen sich die Kosten für einen Stu­die­ren­den an einer stei­ri­schen Uni auf durch­schnitt­lich 540 Euro bis zum Abschluss, den (großen) Rest zahlt der Steu­er­zah­ler. Eine Ungleich­be­hand­lung, die die Wirt­schaft so im Bil­dungs­be­reich nicht länger hin­neh­men will, zumal Juris­ten hier auch „ver­fas­sungs­recht­li­che Beden­ken“ orten.

Für jeden ordent­li­chen Stu­den­ten einer stei­ri­schen Uni­ver­si­tät fallen pro Jahr durch­schnitt­lich 12.250 Euro an Bun­des­aus­ga­ben an. Bis zur Errei­chung eines aka­de­mi­schen Abschlus­ses sind es sta­tis­tisch gesehen 102.310 Euro, die fast aus­schließ­lich vom Steu­er­zah­ler finan­ziert werden. „Gut inves­tier­tes Geld in die Zukunft unseres Landes“, betonen WKO Stei­er­mark Prä­si­dent Josef Herk und Hermann Talow­ski, Obmann der Sparte Gewerbe und Hand­werk. Aller­dings würde man sich hier auch Ähn­li­ches für die ange­hen­den Meis­te­rin­nen und Meister wün­schen. Diese müssen nämlich für sämt­li­che Kurse und Prü­fun­gen selbst auf­kom­men. Im Schnitt sind das rund 6.810 Euro, ein durch­schnitt­li­cher Uni­stu­dent muss dagegen bis zum Abschluss im Schnitt nur rund 540 Euro selbst bezah­len. Diese Summe setzt sich aus ÖH-Bei­trä­gen und Stu­di­en­ge­büh­ren zusam­men. Letz­te­re sind von ordent­li­chen Stu­die­ren­den einer Uni­ver­si­tät – anders als an der FH Campus 02 – erst dann zu bezah­len, wenn die Min­dest­stu­di­en­zeit um mehr als zwei Tole­ranz­se­mes­ter über­schrit­ten wurde. Aktuell beträgt die durch­schnitt­lich Stu­di­en­dau­er bis zum Bache­lor 8,5 Semes­ter.

 „Als Ver­tre­ter der Wirt­schaft sehen wir hier eine wesent­li­che Ungleich­be­hand­lung. Ent­we­der man bezahlt sowohl in der beruf­li­chen als auch aka­de­mi­schen Aus­bil­dung seinen Beitrag oder eben nicht“, fordern Herk und Talow­ski. Nicht zuletzt, da es sich beim Meister und Bache­lor mitt­ler­wei­le um formal gleich­wer­ti­ge (aber nicht gleich­ar­ti­ge) Bil­dungs­ab­schlüs­se handelt, fest­ge­schrie­ben im Natio­na­len Qua­li­fi­ka­ti­ons­rah­men (NQR). Darüber hinaus ist auch im aktu­el­len Regie­rungs­pro­gramm eine Stär­kung der Meis­ter­aus­bil­dung ver­an­kert. „Als Wirt­schaft reichen wir die Hand für einen Reform­pro­zess, der in dieser Frage schon allein auf­grund des zuneh­men­den Fach­kräf­te­man­gels ohne Zweifel not­wen­dig ist. Darum wollen wir diese Initia­ti­ve auch in keins­ter Weise als Angriff auf unsere Uni­ver­si­tä­ten ver­stan­den wissen, diese sind für unseren Stand­ort von enormer Bedeu­tung. Glei­ches gilt aller­dings auch für unsere Meis­te­rin­nen und Meister, darum setzen wir uns für eine finan­zi­el­le Gleich­stel­lung dieser gleich­wer­ti­gen Bil­dungs­ab­schlüs­se ein. Ent­we­der man bezahlt auf beiden Aus­bil­dungs­we­gen einen Beitrag oder eben nicht. Die der­zei­ti­ge Situa­ti­on stellt jeden­falls eine Ungleich­be­hand­lung dar, die so auf Dauer nicht haltbar ist“, so Herk und Talow­ski.

Ver­fas­sungs­exper­te Klaus Poier, Pro­fes­sor am Insti­tut für Öffent­li­ches Recht und Poli­tik­wis­sen­schaft der Karl-Fran­zens-Uni­ver­si­tät Graz, teilt die ver­fas­sungs­recht­li­chen Beden­ken ange­sichts der offen­sicht­li­chen Ungleich­be­hand­lung. Er weist darauf hin, dass die Bun­des­ver­fas­sung den Grund­satz der Gleich­be­hand­lung vor­sieht: „Glei­ches muss gleich behan­delt werden und darüber hinaus muss jede Rege­lung dem all­ge­mei­nen Sach­lich­keits­ge­bot ent­spre­chen. Ange­sichts des allen zuste­hen­den Rechts auf Bildung und ins­be­son­de­re auch im Hin­blick auf den immer drän­gen­der wer­den­den Fach­kräf­te­man­gel ist eine Schlech­ter­be­hand­lung der Meis­ter­prü­fung immer weniger nach­voll­zieh­bar.“ Der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof räumt dem Gesetz­ge­ber bei der Frage der Finan­zie­rung und För­de­rung von Ein­rich­tun­gen und Aus­bil­dungs­we­gen aller­dings einen großen Spiel­raum ein, weshalb die Erfolgs­chan­ce von „Ver­fas­sungs­kla­gen“ gering ein­zu­schät­zen sei. Aus ver­fas­sungs­po­li­ti­scher Sicht müsse aber, so Poier, das Problem umso stärker the­ma­ti­siert werden: „Auch dort, wo dem Gesetz­ge­ber ein poli­ti­scher Spiel­raum ein­ge­räumt ist, sollten die Grund­sät­ze der Gleich­be­hand­lung und der Sach­lich­keit Leit­prin­zi­pi­en der gesetz­li­chen Rege­lun­gen sein.“ Und wenn der Fach­kräf­te­man­gel weiter vor­an­schrei­te und die volks­wirt­schaft­li­chen Nach­tei­le noch größer würden, müsste man irgend­wann letzt­lich auch die Schwel­le zur Ver­fas­sungs­wid­rig­keit als über­schrit­ten ansehen, so Poier.

Foto: Setzen sich für eine finan­zi­el­le Gleich­stel­lung im Bil­dungs­we­sen ein: WKO Stei­er­mark Prä­si­dent Josef Herk (Bild­mit­te) und Hermann Talow­ski (r.), Obmann der Sparte Gewerbe und Hand­werk. Unter­stützt wird ihre For­de­rung durch eine Exper­ti­se des Ver­fas­sungs­exper­ten Klaus Poier (l.), der auf­grund der aktu­el­len Ungleich­be­hand­lung „ver­fas­sungs­recht­li­che Beden­ken“ ortet. Foto­credit: Fischer

 

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