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Bau­stoff Beton: Inno­va­tiv & Ultra­hoch­fest

Das erste aus ultrafestem Beton errichtete Bauwerk der Welt steht in Österreich, genauer gesagt in Kärnten: Es ist eine 157 Meter lange und 14 Meter breite Brücke.
Durch den erhöhten Einsatz von Stahlschrott kann bei der Erzeugung von Stahlprodukten CO2 eingespart werden. An den Details dazu forscht das Materials Center Leoben.
Das Materials Center Leoben forscht zu neuen Verfahren zur Stahlproduktion. Beton. Fotocredit: voest.

Beton – das ist in der lai­en­haf­ten Sicht­wei­se Zement, Sand und Wasser. Im Grund­satz ist das durch­aus richtig. In der Praxis gibt es aber eine Viel­zahl ver­schie­de­ner Beton­ar­ten, die für ganz spe­zi­el­le Zwecke zusam­men­ge­mischt werden. Eine dieser Arten ist der soge­nann­te ultra­hoch­fes­te Beton. Dieser stellt in der Werk­stoff­ent­wick­lung auf Zement­ba­sis einen Quan­ten­sprung dar.

Das Kürzel UHPC steht für Ultra High Per­for­mance Con­cre­te, also ultra­hoch­fes­ten Beton. UHPC ist ein Sam­mel­be­griff für ver­schie­de­ne Beton­mi­schun­gen, die sich durch beson­ders hohe Dich­tig­keit und Fes­tig­keit aus­zeich­nen. Der inno­va­ti­ve Bau­stoff für beson­ders große Belas­tun­gen wurde mit­hil­fe der For­schungs­för­de­rungs­ge­sell­schaft FFG von Wis­sen­schaft­lern der Öster­rei­chi­schen Bau­tech­nik Ver­ei­ni­gung ÖBV ana­ly­siert. Es wurden Richt­li­ni­en für seinen Einsatz erstellt.

Plas­ti­sche Ver­for­mung von Beton

„Durch Zugabe von Fasern können die Duk­ti­li­tät und das Zug­ver­hal­ten in einer großen Band­brei­te ent­spre­chend den Anfor­de­run­gen der Kon­struk­ti­on vari­iert werden. Duk­ti­li­tät beschreibt die Fähig­keit zur plas­ti­schen Ver­for­mung unter Scher­be­las­tung.“, erklärt Jürgen Sil­ber­knoll, Refe­rent für For­schung und Fach­aus­schüs­se beim ÖBV. „Dank dieser Eigen­schaf­ten und der Lang­le­big­keit eignet sich UHPC für stark belas­te­te Bau­tei­le, bei denen geringe Mate­ri­al­stär­ke und schlan­ke Maße gefor­dert sind, zum Bei­spiel Brücken. UHPC bietet sich aber auch an, um bestehen­de Bau­wer­ke mit gerin­gem Mate­ri­al­auf­wand dau­er­haft zu ver­stär­ken oder sogar abzu­dich­ten. Ein wei­te­res Anwen­dungs­ge­biet können UHPC-Erzeug­nis­se mit nur unter­ge­ord­ne­ten sta­ti­schen Anfor­de­run­gen sein. Etwa für Kanal­git­ter­ein­läu­fe oder Was­ser­ab­läu­fe an Brücken.“

Erst im Sep­tem­ber hat die ÖBV beim 5. Grazer Beton­kol­lo­qi­um eine genaue Richt­li­nie für ultra­hoch­fes­ten Beton vor­ge­stellt. Dass es bisher nur Pilo­t­an­wen­dun­gen für diesen Bau­stoff gab, lag nämlich zu einem Gutteil an feh­len­den Stan­dards für seinen Einsatz.

Rele­van­te Aspekte für den Einsatz des Werk­stof­fes

Die Para­me­ter für die Richt­li­nie wurden in einem zwei­jäh­ri­gen For­schungs­pro­jekt von einem Kon­sor­ti­um aus Bau- und Zulie­fer­un­ter­neh­men, Planern und Uni­ver­si­täts­in­sti­tu­ten erar­bei­tet. „Dabei wurde zum Bei­spiel auch unter­sucht, welche UHPC-Sorten sich mit den gän­gi­gen Beton­mi­scher­ty­pen her­stel­len lassen und welche Vor­ga­ben dabei zu beach­ten sind.“, erklärt der ÖBV-For­schungs­re­fe­rent. In ins­ge­samt sechs Sparten hat das Kon­sor­ti­um von der Misch- und För­der­tech­nik über Anwen­dun­gen und Bemes­sun­gen bis zur Qua­li­täts­si­che­rung alle rele­van­ten Aspekte für den Einsatz des Werk­stof­fes unter die Lupe genom­men. Die Ergeb­nis­se der For­schungs­tä­tig­kei­ten sind direkt in die Richt­li­nie ein­ge­flos­sen.

„Ohne die Pro­jekt­för­de­rung durch die FFG wäre die Erstel­lung der Richt­li­nie nicht möglich gewesen“, ist Jürgen Sil­ber­knoll über­zeugt. „Die För­de­rung hat es erst ermög­licht, für eine Dauer von zwei Jahren derart umfas­sen­de Unter­su­chun­gen vor­zu­neh­men, wie sie zur Klärung der offenen Fragen nötig waren. Somit konnten mit Ende des For­schungs­pro­jekts die Grund­la­gen für eine breite Pra­xis­an­wen­dung von UHPC zum spe­zi­el­len Nutzen für die gesamte Bau­in­dus­trie, Planer und letzt­lich für die Bau­her­ren und die All­ge­mein­heit in Öster­reich geschaf­fen werden.“

Ultra­fes­ter Beton

Das erste aus ultra­fes­tem Beton errich­te­te Bauwerk der Welt steht übri­gens in Öster­reich, genauer gesagt in Kärnten. In der Nähe von Völ­ker­markt über­spannt die 157 Meter lange und 14 Meter breite Wild­brü­cke eine kleine Tal­soh­le. Ein­zig­ar­tig ist sie durch den rund 70 Meter weiten Bogen aus UHPC. Sie wurde 2010 errich­tet und dient in erster Linie dem Werks­ver­kehr der Firma Wild. Fach­leu­te schät­zen die Nut­zungs­dau­er dieses Bau­stoffs, aus dem dieses Trag­werk errich­tet wurde, auf über 200 Jahre und ver­glei­chen es mit den Eigen­schaf­ten von Granit.

Öster­rei­chi­sche Forschungs­förderungsgesellschaft FFG
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Öster­rei­chi­sche For­schungs­för­de­rungs­ge­sell­schaft FFG

Die Öster­rei­chi­sche For­schungs­för­de­rungs­ge­sell­schaft FFG ist die natio­na­le För­der­agen­tur für ange­wand­te For­schung und Ent­wick­lung in Öster­reich. Sie unter­stützt öster­rei­chi­sche Unter­neh­men, For­schungs­in­sti­tu­tio­nen und For­schen­de mit einem umfas­sen­den Angebot an För­de­run­gen und Ser­vices. Die FFG steht im Eigen­tum der Repu­blik Öster­reich. Eigen­tü­mer­ver­tre­ter des Bundes sind das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Kli­ma­schutz, Umwelt, Energie, Mobi­li­tät, Inno­va­ti­on und Tech­no­lo­gie (BMK) und das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Arbeit und Wirt­schaft (BMAW).

Credit: iStock (ste­phen­kir­sh)

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