JUST-Redaktion|

Poly­me­re heilen sich von selbst

Extrem halt­ba­re Werk­stof­fe sind ein lang geheg­ter Wunsch der Mensch­heit. Was die Natur in einem Jahr­mil­lio­nen andau­ern­den Evo­lu­ti­ons­pro­zess geschafft hat – nämlich Beschä­di­gun­gen in einem bio­lo­gi­schen Gewebe wirksam zu heilen – das ver­su­chen For­scher am Polymer Com­pe­tence Center Leoben (PCCL) auf Kunst­stof­fe zu über­tra­gen.

Die selbst­hei­len­den Kunst­stof­fe bieten eine ganze Reihe von Anwen­dungs­mög­lich­kei­ten: Das sind zum einen alle Arten von Poly­mer­be­schich­tun­gen, zum anderen ganze Bau­tei­le, etwa in der Fahr­zeug- und Luft­fahrt­in­dus­trie. Aber auch in der Medi­zin­tech­nik könnten selbst­hei­len­de Poly­me­re für eine Revo­lu­ti­on sorgen. Denkbar ist ihr Einsatz nicht nur bei Pro­the­sen, sondern auch beim soge­nann­ten „tissue engi­nee­ring“, also beim Nachbau mensch­li­chen Gewebes. Dieses wird aus kör­per­ei­ge­nen Zellen der Pati­en­ten gezüch­tet, wofür man unter anderem ein Gerüst benö­tigt, welches aus Poly­me­ren besteht.

„Wir arbei­ten seit acht Jahren an diesen Poly­me­ren“, schil­dert die Bereichs­lei­te­rin für die Chemie funk­tio­na­ler Poly­me­re am PCCL, Sandra Schlögl. Erforscht werden zwei Metho­den, welche die Poly­me­re zur Selbst­re­pa­ra­tur anregen. „Das funk­tio­niert einer­seits mit UV-Licht, ande­rer­seits mit Tem­pe­ra­tur. Beide können beschä­dig­te Poly­me­re dazu bringen, zäh­flüs­sig zu werden. Diese viskose Masse kriecht dann in ent­stan­de­ne Risse oder Kratzer und behebt diese. Das Ganze dauert nur 15 bis 60 Minuten. Die Tem­pe­ra­tur muss nicht einmal beson­ders hoch sein: „Es funk­tio­niert durch­aus auch bei Raum­tem­pe­ra­tur, das ist gerade bei Medi­zin­pro­duk­ten wichtig.“

Spe­zi­el­le Che­mi­ka­li­en müssen den selbst­hei­len­den Poly­me­ren nicht zuge­fügt werden, ver­si­chert Schlögl. „Wir ver­wen­den jene Kata­ly­sa­to­ren, die bei Poly­me­ren ohnehin einesetzt werden, wenn man sie aus­här­ten lässt.“

Ein ähn­li­ches Ver­fah­ren, das die Wis­sen­schaf­ter am PCCL unter­su­chen, ist die Mar­kie­rung von Beschä­di­gun­gen. „Dabei sammeln sich in Rissen Farb­stof­fe, die unter UV-Licht hell strah­len. Bei medi­zi­ni­schen Hand­schu­hen oder Kon­do­men sind ja Risse unter Umstän­den fatal“, erklärt Schlögl.

Und schließ­lich bieten die Selbst­hei­lungs­me­cha­nis­men der Poly­me­re einen wei­te­ren großen Vorteil. Ist das Mate­ri­al am Ende seiner Lebens­zeit ange­langt, muss es nur auf mehr als 100 Grad Celsius erhitzt werden und zer­fällt dann in seine Aus­gangs­be­stand­tei­le. Diese können dann für die Erzeu­gung neuer Poly­me­re ver­wen­det statt ther­misch ver­wer­tet werden.

Kontakt:
Polymer Com­pe­tence Center Leoben GmbH
Roseg­ger­stra­ße 12, 8700 Leoben
www.pccl.at

Foto: Poly­mer­For­sche­rin Sandra Schlögl

Foto­credit: PCCL

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