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MUL hilft Stahl reiner zu machen

DIE QUALITÄT VON STAHL wird entscheidend durch den Reinheitsgrad der Metallschmelzen bestimmt.
Fotocredit: MUL, Voestalpine

Um die stei­gen­den Anfor­de­run­gen an die Pro­dukt­qua­li­tät zu erfül­len, ist ein grund­le­gen­des Ver­ständ­nis des Ver­hal­tens von nicht­me­tal­li­schen Ein­schlüs­sen in flüs­si­gen Stahl-schmel­zen sowie während der Erstar­rung not­wen­dig. Der Lehr­stuhl für Eisen- und Stahl­me­tall­ur­gie an der Mon­tan­uni­ver­si­tät Leoben unter­sucht ver­schie­de­ne metall­ur­gi­sche Fra­ge­stel­lun­gen.

Dabei kommt auch die soge­nann­ten Hoch­tem­pe­ra­tur-Laser-Scan­ning-Kon­fo­kal­mi­kro­sko­pie (HT-LSCM) zum Einsatz, welche die Beob­ach­tung von Reak­tio­nen und Wech­sel­wir­kun­gen zwi­schen Metall, Schla­cke, Feu­er­fest­ma­te­ri­al und nicht­me­tal­li­schen Ein­schlüs­sen bei Tem­pe­ra­tu­ren bis zu 1.600 Grad Celsius möglich macht.

Susanne Miche­lic leitet an der Mon­tan­uni­ver­si­tät ein Chris­ti­an Doppler Labor zum Thema Ein­schlüs­se. „Diese Ver­un­rei­ni­gun­gen aus Ver­bin­dun­gen mit Schwe­fel, Stick­stoff oder ver­schie­de­nen Oxiden haben in fast allen Fällen nega­ti­ve Aus­wir­kun­gen. Sie fördern im fer­ti­gen Stahl­teil die Kor­ro­si­on und die Bildung von Rissen. Je weniger dieser Ein­schlüs­se vor­han­den sind, desto besser ist das.“ Die nicht­me­tal­li­schen Ein­schlüs­se gebe es immer, weiß Miche­lic, egal über welche Route der Stahl her­ge­stellt wird. Sie treten im Elek­tro­licht­bo­gen ebenso auf wie bei der klas­si­schen Hoch­ofen-LD-Pro­duk­ti­on. Die Ein­schlüs­se bilden sich zum Teil durch not­wen­di­ge Zugaben bei der Stahl­schmel­ze, zum anderen auch durch eine Reak­ti­on des Stahls mit den Feuer-fest­ma­te­ria­li­en.

„Wir ver­su­chen die Abschei­dung von Ein­schlüs­sen in unter­schied­li­chen Pro­zes­sen zu ver­bes­sern. Diese Abschei­dung funk­tio­niert nur, solange der Stahl noch­flüs­sig ist. Aus dem festen Produkt lassen sie sich nicht mehr her­aus­ho­len“, schil­dert Miche­lic.

Beson­ders lästig sind Ein­la­ge­run­gen von Alu­mi­ni­um­oxid. „Will man später aus dem Stahl Drähte ziehen, ver­ur­sacht das massive Pro­ble­me. Das wollen wir natür­lich ver­mei­den.“ Das Alu­mi­ni­um­oxid ent­steht, weil dem flüs­si­gen Stahl Alu­mi­ni­um zuge­setzt wird, um den Sau­er­stoff­ge­halt deut­lich zu senken. Diese Des­oxi­da­ti­on kann aber, so die Wis­sen­schaft­le­rin, auch mit anderen Ele­men­ten durch­ge­führt werden. „Man kann da Alu­mi­ni­um durch Mangan oder Sili­zi­um sub­sti­tu­ie­ren, das ver­än­dert die Ein­schlüs­se und macht sie zum Bei­spiel besser ver­form­bar.“

„Die genaue Vor­ge­hens­wei­se, mit der Ein­schlüs­se mini­miert werden können, hängt letzt­lich von der gewünsch­ten Stahl­gü­te ab“, sagt Miche­lic. Es gehe immer darum, welche Eigen­schaf­ten das End­pro­dukt auf­wei­sen soll. Manche Pro­ble­me mit Ein­schlüs­sen würden erst bei der Wei­ter­ver­ar­bei­tung ans Licht­kom­men, dann sei es aber zu spät, um noch etwas gegen sie zu tun. Ein­schluss sei auch nicht gleich Ein­schluss: „Manche von ihnen können auch posi­ti­ve Aus­wir­kun­gen haben.“

„Die grund­le­gen­den Ver­fah­ren sind aber immer gleich.“ Eine Methode sei die Beigabe von Calcium. „Dadurch ver­än­dern sich die Alu­mi­ni­um­oxi­de, die auch in der Schmel­ze fest bleiben in Rich­tung von Cal­ci­um­alumi­na­ten, die flüssig sind und im wei­te­ren Prozess zu weniger Pro­ble­men führen.

“An der Mon­tan­uni Leoben stehen gleich zwei HT-LSCM-Geräte für die Unter­su­chung dieser Reak­tio­nen zur Ver­fü­gung. Die Hoch­tem­pe­ra­tur-Laser-Scan­ning-Kon­fo­kal­mi­kro­sko­pie ver­brei­te­te sich seit den 1990er-Jahren aus­ge­hend von Japan vor allem im asia­ti­schen Raum. In Europa ist nur eine geringe Anzahl an ver­gleich­ba­ren Geräten ver­füg­bar. Am Lehr­stuhl für Eisen- und Stahl­me­tall­ur­gie besteht der gesamte Ver­suchs­auf­bau aus einem Laser­kon­fo­kal­mi­kro­skop und einer Hoch­tem­pe­ra­tur­kam­mer. Auf­grund der Ver­wen­dung eines Lasers mit einer Wel­len­län­ge von 407 Nano­me­ter als Strah­lungs­quel­le kann die Ober­flä­che einer Metall­schmel­ze auch bei hohen Tem­pe­ra­tu­ren sicht­bar gemacht werden. Im Fall der Ein­schluss­ana­ly­se sind das rund1.600 Grad Celsius.

„Diese Methode ist unter anderem deshalb so span­nend, weil wir mit flüs­si­gem Stahl arbei­ten und ihn unter­su­chen können“, begeis­tert sich Susanne Miche­lic. „Bei den nor­ma­len Stahl­pro­ben sieht man nur das End­ergeb­nis, wir können in situ beob­ach­ten, wie sich die Ein­schlüs­se ent­wi­ckeln.

“Zur klas­si­schen Ein­schluss­cha­rak­te­ri­sie­rung wird unter anderem auch maschi­nel­les Lernen ein­ge­setzt. So werden die Mes­sun­gen beschleu­nigt. Ein nicht zu unter­schät­zen­der Faktor, dauert doch eine Unter­su­chung mit dem Ras­ter­elek­tro­nen­mi­kro­skop nor­ma­ler­wei­se acht bis zwölf Stunden.

Eine Her­aus­for­de­rung, so Miche­lic, sei die geplan­te Trans­for­ma­ti­on der Indus­trie in Rich­tung einer mög­lichst CO2-frei­en­Stahl­er­zeu­gung. Auch die ver­mehr­te Ver­wen­dung von Schrott als Aus­gangs­ma­te­ri­al für neuen Stahl mache ein­ge­hen­de Unter­su­chun­gen nötig. „Im Schrott sind Spu­ren­ele­men­te wie Kupfer oder Zin­nent­hal­ten. Sie können die Abschei­dung von nicht­me­tal­li­schen Ein­schlüs­sen beein­flus­sen. Wir müssen deshalb bei ein­zel­nen Pro­zes­sen die Behand­lungs­stra­te­gien zum Teil völlig neu denken.

“Dazu kommt, erzählt Miche­lic, dass sich die Anfor­de­run­gen an Stähle ver­än­dern: „Man will zum Bei­spiel in der Auto­in­dus­trie leich­ter werden, der Stahl­soll aber trotz­dem gleich fest bleiben. Bei all diesen Modi­fi­ka­tio­nen spielt der Rein­heits­grad eine zen­tra­le Rolle.

“Ein­schlüs­se seien auch ein Kos­ten­fak­tor für die Indus­trie. So seien für die Ver­bes­se­rung des Rein­heits­gra­des unter Umstän­den mehr Pro­zess­schrit­te not-wendig, zum Bei­spiel ein Umschmel­zen. Diese zusätz­li­chen Arbeits­schrit­te kos­ten­na­tür­lich teure Energie – und ver­län­gern die Pro­duk­ti­ons­zeit. Sie zu ver­hin­dern oder zumin­dest zu redu­zie­ren sei deshalb das erklär­te Ziel.

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