Materialwissenschaft: Beschichtung unter atmosphärischen Bedingungen

Carina Hendler von MATERIALS, dem Institut für Oberflächentechnologien und Photonik der JOANNEUM RESEARCH, forscht mit ihren Kolleginnen und Kollegen an einer speziellen Beschichtungsmethode: der Atmosphärendruck-Plasmabeschichtung. Wie der Name schon verrät, handelt es sich dabei um eine Methode, die im Gegensatz zu teuren Vakuumanlagen unter atmosphärischen Bedingungen betrieben wird, schnell ist und kosteneffizient sowie umweltschonend arbeitet. Ziel ist es, mit dieser Methode Prozesse zu entwickeln, um Oberflächen verschiedenster Materialien mit neuen Eigenschaften auszustatten, z.B. häufig berührte Gegenstände wie Türklinken in Arztpraxen, Spitälern oder Touchscreens von Smartphones mit antiviraler Wirkung.

Besonders spannend in diesem Umfeld ist der Einsatz eines Plasmas als Energiequelle. Ein Plasma ist gewissermaßen der vierte Aggregatzustand. Am Beispiel von Wasser lässt sich der Übergang zum Plasma relativ einfach erklären. Zuerst wäre da Eis (fest), welches man durch Einbringen von Energie (z.B. Wärme) in Wasser (flüssig) umwandeln kann. Bei weiterer Energiezufuhr entsteht dann Wasserdampf (gasförmig) und schlussendlich nach Zugabe von noch mehr Energie werden Wassermoleküle ionisiert und es bildet sich Plasma: Ein Gemisch, das Ionen, freie Elektronen und meist auch neutrale Atome und Moleküle enthält.

Natürliche Plasmen findet man unter anderem in Blitzen, aber auch Flammen weisen einen geringen Grad an Ionisierung auf. Carina Hendler erklärt: „Um den hochenergetischen Zustand des Plasmas technisch nutzen zu können, stellen wir in der JOANNEUM RESEARCH im Labor ein künstliches Plasma durch Gasentladung unter Zuführung elektrischer Energie her. Dabei wird ein Gas – z.B. Argon oder Luft – durch ein elektrisches Feld geleitet und dort ionisiert. Das Plasma wird dann im Endeffekt als Energiequelle für chemische und physikalische Reaktionen von verschiedenen Substanzen wie Pulver oder Flüssigkeiten verwendet.“

In welchem größeren Zusammenhang steht diese Forschung? „Die Atmosphärendruck-Plasmabeschichtung findet eine Vielzahl von Anwendungen. Wir forschen unter anderem an Niedrigreibungsschichten, Antikorrosionsschichten, antimikrobiellen, antiviralen oder auch selbstheilenden Schichten, die dann vor allem in der Industrie und der Medizintechnik Anwendung finden. Kurz gesagt: Wir schaffen smarte Materialien für alle Lebensbereiche“, erklärt die Materialwissenschafterin.

Mehr Informationen:
www.joanneum.at/materials

Foto: Carina Hendler am Institut für Oberflächentechnologien und Photonik der JOANNEUM RESEARCH.

Fotocredit: Manuela Schwarzl

„Science“ wird mit finanzieller Unterstützung in völliger Unabhängigkeit unter der redaktionellen Leitung von Andreas Kolb gestaltet.

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