Komplexe Daten werden zu verstehbaren Bildern

Wer sieht, der versteht – und kann handeln. Das ist das Motto von VRVis Zentrum für Virtual Reality und Visualisierung, das einen Innovationswerkzeugkoffer zur Verfügung stellt, mit dem komplexe Daten in interpretierbare Bilder umgewandelt werden können. Dies soll den Weg in eine nachhaltige Zukunft öffnen.

Wir beschäftigen uns mit Visual Computing, das ist der Zusammenschluss verschiedener Disziplinen der Informatik, die das Ziel haben, dass Menschen Daten besser verstehen“, erläutert der Geschäftsführer von VRVis, Gerd Hesina. Dabei geht es um die grafische Aufbereitung der Informationen, um eine Entscheidungsgrundlage zu bekommen. „Unsere Lösungen sollen sicherstellen, dass ich am Ende eine gute und informierte Entscheidung treffen kann“, sagt der Informatiker.

Künstliche Intelligenz, VR oder Visualisierung sind nur ein Teil der Werkzeuge. „Im Wesentlichen geht es immer um einen digitalen Zwilling, ein Abbild der Realität am Computer. Der digitale Zwilling ist die Grundlage für künftige Digitalisierungsprojekte und man kann eine ganze Reihe von Simulationen an diesem Digital Twin ablaufen lassen.“ Grundsätzlich gehe es „nicht nur um schöne Bilder, sondern um das Durchspielen von verschiedenen Szenarien“.
Die Anwendungsbereiche sind mannigfaltig. Vier Beispiele aus völlig unterschiedlichen Sektoren zeigen, wie vielseitig die Forschungsarbeit am VRVis ausfällt: Hydrodynamische Simulationen für Hochwasserschutz, Datenvisualisierung und Predictive Maintenance bei Kraftwerken, künstliche Intelligenz für die Auswertung von radiologischen Befunden oder Digitalisierungslösungen für den Schienenverkehr.

Seit über 10 Jahren entwickelt das Team am VRVis die Software Visdom, ein Tool, welches Simulation, Analyse und Visualisierung verbindet, um Hochwasser- und Starkregenereignisse in bislang noch nie da gewesener Geschwindigkeit zu simulieren. Damit können Städte und Gemeinden Überflutungsszenarien durchspielen und Schutzmaßnahmen umsetzen – bevor der Ernstfall eintrifft. Visdom ist bereits in mehreren deutschen Bundesländern sowie mehr als 70 österreichischen Städten und Gemeinden im Einsatz.

„Visdom ist eines unserer großen Erfolgsprodukte“, zeigt sich Hesina stolz. Simuliert werden in erster Linie Hochwasser- und Starkregenereignisse, wie sie der Klimawandel mit sich bringt.“ Die Software zeigt, wie sich das Wasser verteilt und welche Wege es nimmt. Mithilfe von Visdom können konkrete Schutzmaßnahmen und ihre Wirksamkeit getestet werden – etwa Sandsackbarrieren vor besonders wichtigen Einrichtungen wie Krankenhäusern. Mit Visdom arbeiten auch Stadtplaner, um zu prüfen, wie urbane Räume in „Sponge Cities“ umgewandelt werden können, also „Schwammstädte“, die den Niederschlag praktisch aufsaugen, wodurch es gar nicht erst zu Überflutungen kommt.

Digitalisierungsbedarf gibt es aber auch bei den heimischen Wasserkraftwerken: Darum wurden im Rahmen des Projekts DIGI-Hydro ältere Kraftwerke mit modernen Sensoren nachgerüstet, um eine Basis für eine bessere Überwachung in Echtzeit zu erhalten. Die Daten werden für das sogenannte Predictive Maintenance eingesetzt – vorausschauende Wartung. „Diese Art der Wartung ist weitaus effizienter als die bisherige Instandhaltung, weil sie mögliche Probleme erkennt, bevor sie auftreten.“ Die Herausforderung bei DIGI-Hydro ist es, sehr große Datenmengen zusammenzuführen und in eine leicht erfassbare Visualisierung zu übersetzen.

Im Schienenverkehr ist Digitalisierung längst nicht mehr wegzudenken. VRVis ist deshalb gleich an zwei Leuchtturmprojekten von ÖBB und Wiener Linien beteiligt: Mit RAIL4FUTURE und AM4RAIL wird das Bahnsystem auf digitale und teilweise virtuelle Beine gestellt. Hesina: „Bei AM4RAIL geht es um Ersatzteile aus dem 3D-Drucker. Die schnelle Verfügbarkeit bewirkt geringere Ausfallszeiten und bringt eine größere Nachhaltigkeit.“ Bei RAIL4FUTURE dreht sich alles um einen digitalen Zwilling verschiedener Streckenabschnitte und des gesamten Bahnnetzes. „Dort können das Zusammenspiel und die wechselseitige Abhängigkeit der verschiedenen Komponenten des Bahnverkehrs simuliert und die Auswirkungen von Änderungen etwa im Fahrplan prognostiziert werden.“

Im medizinischen Bereich sind mehrere Radiologieprojekte des VRVis angesiedelt. „Die Radiologie der Zukunft setzt auf digitale Werkzeuge, um die Zeit zur treffsicheren Diagnose und passenden Therapie zu verkürzen – denn das rettet Leben. Diese Werkzeuge müssen besonders im medizinischen Bereich vertrauenswürdig sein, hier kommt Visual-Computing-Technologie ins Spiel, die hilft künstliche Intelligenz nachvollziehbar zu machen“, schildert Hesina den Mehrwert.

All diese Anwendungen von Visual Computing sind an den Sustainable Development Goals der UNO ausgerichtet. Diese legen 17 Bereiche fest, in denen mehr Nachhaltigkeit entwickelt werden soll. „Unsere Projekte decken 9 dieser Teilbereiche ab“, freut sich Hesina. „Ein wichtiger Beitrag des Visual Computings schon heute die Lösungen von morgen sichtbar zu machen.“

Mehr Informationen:
www.vrvis.at

Fotocredit: VRVis

„Science“ wird mit finanzieller Unterstützung in völliger Unabhängigkeit unter der redaktionellen Leitung von Andreas Kolb gestaltet.

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