Kanzlei 4.0 – Digitalisierung in der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung

Mehr als 250 Gäste, großteils facheinschlägiges Publikum, waren beim Akademischen Diskurs 2018 der Studienrichtung Rechnungswesen & Controlling an der FH CAMPUS 02.

Die Studierenden des Bachelorjahrganges 2016 der Studienrichtung Rechnungswesen & Controlling haben am 28. November 2018 in der Aula der Fachhochschule Campus 02 im Rahmen des diesjährigen Akademischen Diskurses mit dem Thema „Kanzlei 4.0 – Digitalisierung in der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung“ die Ergebnisse ihrer Praxisprojekte vorgestellt.

Alexandra Knefz-Reichmann von der Studienrichtung eröffnete die Veranstaltung mit einem Impulsvortrag zum Thema „Digitalisierung“ und führte durch eine Zeitreise hin zur Digitalisierung 4.0.

In einem Praxisprojekt in Kooperation mit der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer wurde erhoben, inwieweit steirische Kanzleien die Digitalisierung bereits umsetzen. Resümierend konnten die Studierenden feststellen, dass die Branche diesen Trend im Großen und Ganzen positiv sieht und viele Schritte in diese Richtung gesetzt werden. Die gesamte Studie steht ab Jänner zum Download auf der Webseite der FH CAMPUS 02 zur Verfügung.

Martin Binder von Binder, Grossek & Partner gewährte in seinem Kurzvortrag „Digitalisierung in der Beratung“ Einblicke in Entwicklungen und Veränderungen in der Steuerberaterbranche. Dabei zeigte er, wie sich die Beratung im Speziellen veränderte bzw. ändern wird und sich die Kompetenzanforderungen an die MitarbeiterInnen laufend wandeln.

Bei der anschließenden Podiumsdiskussion mit ExpertInnen aus der Branche wurde über die Vor- und Nachteile der Digitalisierung und die Veränderungen, die im Berufsfeld entstehen, diskutiert.

Statements der TeilnehmerInnen:

Mag. Friedrich Möstl, Präsident der KSW Steiermark:

Ein Blick ins Ausland zeigt, dass Österreich bei der Digitalisierung insgesamt noch Entwicklungspotential hat. Mit der technischen Weiterentwicklung steht den Kanzleien noch einiger Implementierungsaufwand bevor. Die KSW unterstützt unter anderem mit Schulungsmaßnahmen, die auch gut angenommen werden. Das zukünftige Kompetenzprofil der Branche beinhaltet qualifizierte IT-Anwenderkenntnisse, vertieftes Programmierwissen ist aber nach wie vor bei den TechnikerInnen angesiedelt. Der Beruf wandelt sich noch stärker hin zu BeraterInnen, welche die KlientInnen bei der Digitalisierung der Prozesse unterstützen.

Dominic Neumann, MBA, Fachgruppenobmann UBIT der WKO Steiermark:

Der Digitalisierungsprozess hat schon vor 40 Jahren begonnen, wobei aktuelle Entwicklungen zeigen, dass zukünftig vor allem intensive Maßnahmen zu Datenschutz und Datensicherheit benötigt werden. Eine 100 % Sicherheit gibt es im IT-Bereich aber nicht. Die Übermittlung unverschlüsselter Unternehmensdaten, zB per E-Mail, ist ein grob fahrlässiger Tatbestand. Große Unternehmen haben oft einen höheren Digitalisierungsgrad wobei das IT-Know-how ab einer gewissen Größe auch intern abgedeckt und nicht zugekauft werden sollte. Die Digitalisierung bringt daher vor allem Jobs für gut ausgebildete MitarbeiterInnen.

Mag. Martin Binder, MBA, Partner bei Binder, Grossek & Partner:

Die Digitalisierung hat die Kanzlei Binder, Grossek & Partner effizienter gemacht. Das Tarifmodell der Kanzlei wurde auf Fixpreisvereinbarungen umgestellt, wobei die KlientInnen auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Pakete wählen können, was ein zusätzliches Add-on darstellt. Neben vertieftem fachlichen Know-how müssen bei den MitarbeiterInnen auch entsprechende IT-Skills vorhanden sein. In diesem Bereich wird es eine stetige Weiterentwicklung geben und die Technik unterstützt uns? dabei, aus MitarbeiterInnen noch bessere BeraterInnen zu machen.

Margit Langerwisch, Beraterin für das digitale Rechnungswesen bei eCounting:

Der Prozess der Digitalisierung einer Kanzlei ist nie abgeschlossen. Man muss den KlientInnen die Vorteile der Digitalisierung aufzeigen, vor allem, wenn diese der Digitalisierung kritisch gegenüberstehen. Datenschutz und Datensicherheit sind dabei wichtig. Viele KlientInnen unterschätzen die Gefahr, wenn sie Daten zB über eine Public Cloud zur Verfügung stellen. Das Berufsbild bzw. Kompetenzprofil ändert sich laufend und die Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer wird mit neuen Aus- und Fortbildungsangeboten darauf reagieren. In Zukunft wird es automatisierte Prozesse mit dem Einsatz von künstlicher Intelligenz geben, wodurch dem/r SteuerberaterIn mehr Zeit für die Beratung bleibt.

MMag. Carina Hackl, LL.M., selbstständige Steuerberaterin:

Frau Hackls internationale Berufserfahrung hat gezeigt, dass in Österreich im Zusammenhang mit der Digitalisierung noch viel Aufholbedarf besteht. In ihrer eigenen Kanzlei ist die Digitalisierung ebenfalls ein wichtiger Punkt, da diese von den KundInnen verlangt wird. Da man als „One-Women-Show“ für alles selber verantwortlich ist, kann man nur in kleineren Schritten digitalisieren. Es ist überraschend, wie viele KundInnen man über die Sozialen Medien gewinnen kann.

Die Berufsfelder in Steuerberatungs- und Wirtschaftstreuhandkanzleien durchleben gerade starke Veränderungen durch die immer weiter fortschreitende Digitalisierung. Die Herausforderung besteht darin, diesen Trend bestmöglich für die eigene Kanzlei zu nutzen und die Chancen, welche die Digitalisierung bietet, nicht zu verpassen. Daher empfiehlt es sich, eher früher als später auf den Zug aufzuspringen und der Unternehmensgröße entsprechende Maßnahmen zu setzen.

 Nach dem offiziellen Teil wurde zur Besichtigung der von den Studierenden gestalteten Ausstellungsstände der Praxisprojekte eingeladen. Hier konnten sich die BesucherInnen über die Aufgabenstellung und Lösungsansätze aller Projekte des Jahrganges 2016 informieren. Die Veranstaltung endete mit musikalischer Untermalung beim Networking am Buffet.

 

Foto: FH-VertreterInnen mit Vortragenden und PodiumsteilnehmerInnen, Fotocredit: Kanižaj

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