JUST-Redaktion|

Emis­si­ons­frei­er Schiffs­mo­tor am LEC in Sicht

Vor bald 2 Jahren star­te­te das euro­pa­wei­te Inno­va­ti­ons­pro­jekt HyMe­th­Ship, bei dem ein Gesamt­sys­tem für eine nahezu emis­si­ons­freie Hoch­see­schiff­fahrt ent­wi­ckelt wird – mit minus 97% an Treib­haus­ga­sen. Auch in der aktu­el­len Situa­ti­on läuft das Projekt am Grazer LEC, einer der welt­weit füh­ren­den For­schungs­ein­rich­tun­gen für Groß­mo­to­ren­tech­no­lo­gie und COMET-K1-Zentrum, wie geplant weiter. Dafür errich­ten die Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter des LEC derzeit unter anderem einen der größten und inno­va­tivs­ten Moto­ren­prüf­stän­de Öster­reichs.

Und es zeigt sich: Gerade in her­aus­for­dern­den Situa­tio­nen sind Team­geist, Krea­ti­vi­tät (oder Out-of the box-Denken) und trag­fä­hi­ge, lang­jäh­ri­ge Part­ner­schaf­ten wesent­li­che Erfolgs­fak­to­ren.

„Bei uns am LEC ist der Erfolg der For­schung sehr stark von den expe­ri­men­tel­len Unter­su­chun­gen an unseren Prüf­stän­den abhän­gig. Ohne diese Mess­ergeb­nis­se können irgend­wann auch die Wis­sen­schaft­le­rin­nen und Wis­sen­schaft­ler nicht mehr arbei­ten“, erläu­tert Andreas Wimmer, Geschäfts­füh­rer des LEC. Deshalb war es für ihn ein großes Anlie­gen, den Betrieb der Prüf­stän­de auch nach Aus­bruch der Corona-Krise so weit als möglich auf­recht zu halten. „Ich sehe mich da als Geschäfts­füh­rer in der Ver­ant­wor­tung, in diesen sehr her­aus­for­dern­den Zeiten den Betrieb best­mög­lich wei­ter­zu­füh­ren und soweit als möglich ohne staat­li­che Hilfen aus­zu­kom­men. Ich sehe das gewis­ser­ma­ßen als Soli­dar­bei­trag, um gemein­sam rascher aus dieser Krise her­aus­zu­kom­men, die enorme Aus­wir­kung für uns alle hat und haben wird.

Mit dem Kli­ma­wan­del wartet – wie wir alle wissen – schon die nächste, viel­leicht viel größere Her­aus­for­de­rung für uns. Die Gesund­heits­ge­fahr steigt mit der wei­te­ren Umwelt­zer­stö­rung. For­schung und Inno­va­ti­on sind wich­ti­ge Schlüs­sel zur Über­win­dung von Krisen. Daher ver­su­chen wir hier so gut wie möglich wei­ter­zu­ma­chen. Der größte Teil der Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter wurde auf Home­of­fice umge­stellt, aber das ist im Bereich der Prüf­stän­de natür­lich nicht möglich. Deshalb haben wir uns dafür ein Modell über­legt, das den siche­ren Betrieb der Prüf­stän­de ermög­licht und aus unserer Sicht weit über die Ein­hal­tung der aktuell gel­ten­den gesetz­li­chen Min­dest­vor­ga­ben hin­aus­geht. Ich bin da sehr stolz auf mein Team, alle leisten ihren Beitrag. Und auch die lang­jäh­ri­gen Part­ner­schaf­ten mit unseren Auf­trag­ge­be­rin­nen und Auf­trag­ge­bern sind hier ein großer Vorteil.“

Einer der größten und inno­va­tivs­ten Moto­ren­prüf­stän­de Öster­reichs

Eines der aktu­el­len Pro­jek­te am LEC, das mitt­ler­wei­le 70 Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter beschäf­tigt und in den letzten Jahren stark gewach­sen ist, ist das For­schungs­pro­jekt HyMe­th­Ship, bei dem die emis­si­ons­freie Hoch­see­schiff­fahrt im Fokus steht. „Für den HyMe­th­Ship-Demons­tra­tor bauen wir gerade einen der größten und inno­va­tivs­ten Moto­ren­prüf­stän­de Öster­reichs auf“, erläu­tert Wimmer. „Der neue Prüf­stand mit dem hoch­fle­xi­blem Voll­mo­tor in der Leis­tungs­klas­se von bis zu 3,5 Mega­watt, den neuen Anlagen zur Kraft­stoff­auf­be­rei­tung und umfang­rei­chen mess­tech­ni­schen Ein­rich­tun­gen ist ein wich­ti­ger Mei­len­stein in der kon­ti­nu­ier­li­chen Wei­ter­ent­wick­lung unserer For­schungs­in­fra­struk­tur, die als welt­weit ein­zig­ar­tig ein­ge­stuft wird. Hier gilt es immer einen Schritt voraus zu sein, um an den neu­es­ten Kon­zep­ten für alter­na­ti­ve und emis­si­ons­freie Antriebs­lö­sun­gen for­schen zu können.

HyMe­th­Ship-Pro­jekt­lei­ter Igor Sauperl über den aktu­el­len Stand des mit 9,2 Mil­lio­nen Euro dotier­ten euro­pa­wei­ten Pro­jekts, das vom LEC gelei­tet wird: „Wir hatten unlängst die Zwi­schen­eva­lu­ie­rung für das EU-Projekt, bei der wir überaus positiv bewer­tet wurden. Der tech­ni­sche Teil – die Ent­wick­lung der Kom­po­nen­ten – ist soweit abge­schlos­sen und auch ein Design für den Demons­tra­tor haben wir ent­wi­ckelt.“ Das Konzept von HyMe­th­Ship wird am Prüf­stand umge­setzt, sodass es unter realen Bedin­gun­gen getes­tet werden kann. Das Ent­schei­den­de dabei ist das opti­ma­le Zusam­men­wir­ken zwi­schen Kraft­stoff­auf­be­rei­tung und Ver­bren­nungs­mo­tor. „Unsere Refe­renz­fäh­re ist jene, die zwi­schen Göte­borg und Kiel fährt. Wir haben ihr Fahr­pro­fil her­ge­nom­men und demons­trie­ren anhand dieses Profils, wie sich das neue Antrieb­sys­tem ver­hal­ten würde“, erläu­tert Sauperl.

Prüf­stand in einer neuen Dimen­si­on – Team­zu­sam­men­halt und Krea­ti­vi­tät umso wich­ti­ger

Maß­geb­lich beglei­tet wird die Inbe­trieb­nah­me dieses Demons­tra­tors vom Leiter des LEC Test Centers, Eduard Schneßl, und von LEC-Prüf­stands­mit­ar­bei­ter Andreas Prassl: „Wir bauen hier einen Prüf­stand, der in seiner Dimen­si­on für uns ein­zig­ar­tig ist, so etwas hatten wir hier bisher noch nicht. Das stellt einen enormen Aufwand dar, nicht nur durch die Bau­grö­ße, auch durch die unter­schied­li­chen Tech­no­lo­gien. Es wird in diesem Projekt ja nicht nur der dafür opti­mier­te und ange­pass­te Motor betrie­ben, es werden auch die benö­ti­gen Kraft­stof­fe vor Ort in einen eigens gebau­ten Refor­mer umge­wan­delt und für den Motor bereit­ge­stellt. Aktuell instal­lie­ren wir gerade die Mess­tech­nik. Da sind zwar immer einige Per­so­nen zeit­gleich am Arbei­ten, die Abstands­vor­ga­ben lassen sich aber dennoch gut ein­hal­ten. Und natür­lich gelten auch ver­stärk­te Hygie­ne­maß­nah­men“, so Prassl.

Ein wei­te­rer Punkt ist die Abstim­mung mit den Kol­le­gen und Kol­le­gin­nen, die derzeit im Home­of­fice sind und den Pla­nungs­fir­men. Dies sei über E‑Mail bzw. Fotos oder Videos natür­lich auf­wän­di­ger. „Es greifen hier viele Gewerke mit einer Summe an Schnitt­stel­len und even­tu­el­len Kol­li­si­ons­punk­ten inein­an­der. Auch sollte man in Zeiten wie diesen beden­ken, dass man Instal­la­ti­ons­ma­te­ri­al, welches unter nor­ma­len Umstän­den einfach im Fach­han­del beschafft werden würde, jetzt auf­wän­di­ger im Online-Handel mit den damit ver­bun­de­nen Lie­fer­zei­ten bestellt werden muss. Aber unter den gege­be­nen Umstän­den funk­tio­niert es im Großen und Ganzen dennoch sehr gut. Ein Vorteil ist hier schon, dass wir am LEC einen guten Team­zu­sam­men­halt haben und kreativ mit unvor­her­ge­se­he­nen Situa­tio­nen umgehen. Das weiß man in solch einer Lage umso mehr zu schät­zen“, so Eduard Schneßl, Leiter des LEC Test Center. Positiv für ihn auch, dass das extra kon­zi­pier­te Online-Fort­bil­dungs­pro­gramm so gut ange­nom­men werde.

Michael Engel­may­er, Leiter von einem der fünf For­schungs­be­rei­che am LEC, der das Team an den Prüf­stän­den vor Ort betreut, bestä­tigt: „Die Stim­mung ist aus­ge­zeich­net. Die ersten Tage waren natür­lich sehr unge­wöhn­lich, dann war aber allen klar: Wir können und wollen den Karren jetzt nicht an die Wand fahren, unsere Pro­jek­te müssen wei­ter­lau­fen.“ Natür­lich sei die Kom­mu­ni­ka­ti­on eine Her­aus­for­de­rung. „Einen Prüf­stand kann man nicht im Detail vor­pla­nen. Wo genau Kabel und Mess­ge­rä­te plat­ziert werden, wird in der Regel vor Ort zwi­schen der Pla­ne­rin bzw. dem Planer und dem Ope­ra­tor bespro­chen. Dass man das jetzt über Video­kon­fe­ren­zen, bei denen man die Kamera an die betrof­fe­ne Stelle hält, umset­zen muss, ist natür­lich auf­wän­di­ger. Aber grund­sätz­lich lässt sich unsere Arbeit umset­zen, auch unter Ein­hal­tung aller Sicher­heits­vor­ga­ben. Das Wich­tigs­te ist natür­lich, dass wir alle gesund bleiben.“

Maxi­ma­ler Umwelt­schutz – und das bei höherem Wir­kungs­grad

Zu einer gesün­de­ren Umwelt bei­zu­tra­gen, ist ein zen­tra­ler Faktor am LEC und beim Projekt HyMe­th­Ship, das einer Revo­lu­ti­on gleich­kommt: Minus 97% CO2 und minus 80% NOX – bei einem Plus von 45%im Bereich Energieeffizienz1. „Ver­ein­facht gesagt geht es darum, dass wir das Schiff mit Metha­nol, das mit grünem Was­ser­stoff und CO2 her­ge­stellt wird, betan­ken und dieses am Schiff so refor­mie­ren, dass Was­ser­stoff für den Motor zur Ver­fü­gung steht. Das beim Refor­mie­ren abge­schie­de­ne CO2 wird damit dem Kraft­stoff bereits vor dem Ver­bren­nen ent­nom­men und wird daher nicht mehr emit­tiert. Wir spei­chern das CO2 am Schiff, ent­la­den es im Hafen und bringen es wieder zurück in die Metha­nol-Pro­duk­ti­on“, beschreibt Wimmer den Kreis­lauf. „Die Her­aus­for­de­rung dabei ist, die vielen ein­zel­nen Kom­po­nen­ten und Tech­no­lo­gien zu einem Gesamt­sys­tem zu ver­bin­den.“ Auch ist es erfor­der­lich, dass Schiffe gewis­ser­ma­ßen ein Antriebs-Backup haben. „Daher ist der Motor so aus­ge­legt, dass er im Notfall auch Metha­nol direkt ver­bren­nen kann.“

Nähere Infos zum Projekt: www.hymethship.com

 

Foto­credit: LEC

 

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