Im Zentrum steht Circular Engineering: ein ganzheitlicher technologischer Zugang zur Kreislaufwirtschaft, der Nachhaltigkeit nicht erst am Ende eines Produktlebenszyklus, sondern bereits bei Rohstoffgewinnung und Prozessentwicklung verankert. Über die strategische Neuausrichtung, die Verantwortung einer Universität im Wandel und neue Wege im Studierenden-Recruitment spricht Vizerektorin Christina Holweg, zuständig für Marketing und Stakeholder Management, im folgenden Interview.
JUST / Frau Holweg, die Montanuniversität Leoben richtet sich strategisch neu aus. Was sind die Kernziele dahinter?
Christina Holweg / Die Montanuniversität hat seit Anfang Mai einen neuen Markenauftritt. Das Ziel dahinter ist, junge technikaffine potenzielle Studierende auf unser sehr breites Portfolio von Master- und Bachelorprogrammen aufmerksam zu machen, unsere Kernkompetenzen klarer zu kommunizieren und unser Image, das bis dato immer noch sehr stark vom Bergbau geprägt ist, zu erneuern. Neben der traditionellen Erfahrung im Rohstoffbereich liegen unsere Kompetenzen darüber hinaus in den Bereichen der Produktionsverfahren, deren Weiterentwicklung und in der Entwicklung innovativer Werkstoffe. Wir haben unsere Stärken in dem Konzept „Circular Engineering“ mit der Absicht zusammengefasst, innovative Ansätze und interdisziplinäre Lösungen zu entwickeln, die nicht nur technologisch und ökologisch, sondern auch gesellschaftlich relevant sind.
JUST / Was genau versteht die Montanuniversität unter dem Begriff „Circular Engineering“ und welche konkreten technologischen und gesellschaftlichen Herausforderungen will die Universität mit Circular Engineering adressieren?
CH / Wir betrachten mit Circular Engineering den gesamten Lebenszyklus von Produkten unter einer Engineering-Perspektive. Im Zentrum stehen die Gewinnung von Rohstoffen, deren Verarbeitung und nachhaltige Produktionsprozesse, die dann in Werkstoffe und innovative Materialien münden. Nach der Nutzung dieser Werkstoffe schließt unsere Recycling-Kompetenz diesen gesamten Kreislauf. Gesellschaftlich wollen wir ein Bewusstsein für die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft schaffen und Lösungen entwickeln, die sowohl ökologisch als auch ökonomisch tragfähig sind. Wir unterstützen die Industrie dabei, von linearen Prozessen zu zirkulären Wertschöpfungsketten zu wechseln. Damit leisten wir einen Beitrag zu Ressourcenschonung und Klimaschutz.
JUST / Wie prägt diese Neuausrichtung die fachlichen und praktischen Stärken der Absolventinnen und Absolventen?
CH / Unsere Absolventinnen und Absolventen werden zu hochqualifizierten Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern für Wirtschaft und Industrie ausgebildet. Unsere Studien vermitteln nicht nur technisches Fachwissen, unsere Studierenden lernen vor allem auch interdisziplinär zu denken und komplexe Fragestellungen ganzheitlich zu lösen. Sie werden durch die Mitarbeit an Forschungsprojekten mit der Industrie sehr gut auf die realen Fragestellungen des späteren Berufslebens vorbereitet und darauf, in einer Welt zu arbeiten, in der Nachhaltigkeit, Innovation und ökonomische Herangehensweisen Hand in Hand gehen müssen.
JUST / Ein neuer Außenauftritt soll das Profil der Montanuniversität schärfen. Was waren die zentralen Überlegungen hinter dem Claim „Versetz’ Berge“?
CH / „Versetz‘ Berge“ fußt einerseits auf unserer Tradition und spiegelt andererseits die Ambition und die Innovationskraft der Montanuniversität wider. Es ist eine Einladung, die wir an Studierende, Forschende, Partnerinnen und Partner aussprechen, gemeinsam Großes zu bewegen und die Herausforderungen unserer Zeit aktiv anzugehen. Die Idee dahinter ist, dass wir nicht nur Wissen vermitteln, sondern auch zu Mut animieren, scheinbar Unmögliches möglich zu machen. Der Claim soll inspirieren und zeigen, dass wir eine Universität sind, die nicht nur auf Tradition und Exzellenz aufbaut, sondern auch den Wandel vorantreibt und dazu motiviert.
JUST / Die Montanuniversität geht auch neue, innovative Wege im Studierenden-Recruitment. Wie sehen diese aus und wie gelingt der Spagat zwischen technologischer Tiefe und jugendlicher Ansprache?
CH / Wir setzen im Recruitment auf völlig neue Ansätze, um junge Menschen für unsere Studienrichtungen zu begeistern, ihnen die Themen des Circular Engineering näherzubringen und sie auch erlebbar zu machen. Beispiele dafür sind etwa unsere Präsenz beim FreQuency Festival oder bei der Maturareise X‑JAM, wo wir das Recycling von Aludosen demonstriert haben und direkt mit potenziellen Studierenden ins Gespräch gekommen sind. Zudem kommunizieren wir unsere Leistungen bei Messen, mittels Fachvorträgen bei Schulbesuchen und beim „Tag der offenen Tür“, der dreimal jährlich stattfindet. Der Spagat zwischen technologischer Tiefe und jugendlicher Ansprache gelingt, wenn man komplexe Themen verständlich und spannend aufbereitet, indem man Tätigkeiten und mögliche künftige Berufsbilder zeigt und jungen Menschen eine Möglichkeit gibt, mit uns in Dialog zu treten.