„Demons“ Aus­stel­lung Alexander Höller 10. Mai bis 7. Juni 2025 Galerie Hegemann, München

Mit „DEMONS“ präsentiert Alexander Höller seine neue Werkreihe. Und knüpft damit an ein Ursujet der Malerei an, das er stilistisch und metaphorisch in die Jetztzeit überführt.
(c) Alexander Höller

Dämonen hielten unter dem Einfluss des christ­li­chen Glaubens und der katho­li­schen Kirche spä­tes­tens mit dem Mit­tel­al­ter Einzug in die abend­län­di­sche Kunst. Wobei sie bis heute nichts an Fas­zi­na­ti­on eingebüßt haben. Alexander Höller nimmt sich in seiner neuen Werkreihe „DEMONS“ dieses sym­bol­träch­ti­gen Themas an; und erweitert es sowohl um sti­lis­ti­sche wie meta­pho­ri­sche Kom­po­nen­ten, die von Aufbruch, Erneue­rung und Erlösung künden. Damit knüpft er an die antike Lesart von Geistern und Zwi­schen­we­sen an, die als Mittler zwischen Gut und Böse bzw. den Göttern und den Menschen galten.

Gleich­zei­tig sind Alexander Höllers neue Bilder eine Referenz an die viel­be­schwo­re­nen inneren Dämonen, die bildende Künstler wie James Ensor, Vincent van Gogh und Edvard Munch, aber auch viele Literaten und Musiker Zeit ihres Lebens und Schaffens quälten – und dabei doch ent­schei­dend antrieben. Dämonen sind mithin dia­lek­tisch zu begreifen: Als See­len­pei­ni­ger und dunkle Mächte einer­seits – als Motor und Sti­mu­la­tor für die sowohl mensch­li­che als auch künst­le­ri­sche Läuterung und Reifung ande­rer­seits.

Dieser zwei­deu­ti­ge Anspruch an das Dämonen-Sujet schlägt sich bei Alexander Höller in einer Motivik nieder, die Ver­satz­stü­cke von ent­blöß­ten Mündern und Zähnen sowie von Augen prä­sen­tiert und diese zu rudi­men­tä­ren Antlitzen kom­po­niert. Dabei agiert er im Modus der Dekon­struk­ti­on, wo die Frag­men­tie­rung und For­men­auf­lö­sung zum Bruch mit Linien, Ebenen und Sym­me­trien führt. Trotz des skiz­zen­haf­ten, geo­me­trisch kon­zi­pier­ten Stils erhalten die Figuren so eine male­ri­sche Tiefe und bringen aus ihrer Zerlegung in Ein­zel­kom­po­nen­ten eine neue For­men­spra­che hervor.

Sind die Augen und Münder in ihren zei­chen­haf­ten Ver­zer­run­gen und der Reduktion auf ihre lineare Essenz in dra­ma­ti­schem Schwarz-Weiß gehalten und betonen somit die dunkle Seite des Dämo­ni­schen, bestechen einzelne Bild­flä­chen sowie die Hin­ter­grün­de durch eine poly­chro­me, häufig in Kom­ple­men­tär­kon­tras­ten gehaltene Farb­ge­bung aus Rot- und Grün- sowie Orange- und Blautönen. Das latent Bedroh­li­che wird hier somit farb­tech­nisch gebrochen und in eine hedo­nis­ti­sche Chromatik überführt. Oder anders gesagt: Die Dämonen werden einer positiven Kon­no­ta­ti­on zugeführt. Genau das ist die Intention von Alexander Höller.

Durch das Prinzip der Zer­stö­rung von Formen und des kom­ple­men­tä­ren Farb­ar­ran­ge­ments sug­ge­riert er das Über­win­den der inneren Dämonen, die ihn umtreiben; und ermög­licht damit ihre Tran­si­ti­on in etwas Gutes und Sinn­stif­ten­des. Die innere Wahrheit, mithin der Kampf mit den see­li­schen Dämonen sowie der Prozess sich ihnen schluss­end­lich zu stellen und sie zu befrieden, überträgt sich auf die Leinwand und wird zur bild­li­chen Wahrheit.

Damit ent­spricht Alexander Höller Paul Cézannes Anliegen „vom Schulden der Wahrheit in der Malerei“.[1]

Eine weitere, wenn­gleich ihm unbe­wuss­te Referenz kommt jenen Arbeiten Alexander Höllers zu, in denen Augen das Bild­ge­sche­hen domi­nie­ren; so wirken sie wie eine zeit­ge­nös­si­sche Fort­füh­rung von Ernst Wilhelm Nays iko­ni­schen Augen­bil­dern von 1964/1965. Es geht um den Dop­pel­ef­fekt des Schauens und Ange­schaut-Werdens, des Impacts und Re-Impacts, welches sich zwischen Werk und Betrach­ter entspinnt – und so zu einer Spie­ge­lung wird. Wie dereinst Nay kleidet Alexander Höller die Augen­for­men in dyna­mi­sche, abstrakte Kontexte und verbindet sie mit einer expres­si­ven, stark kon­tras­tie­ren­den Farb­spra­che.

Ihre Kom­ple­xi­tät verdanken die „DEMONS“-Arbeiten zudem den vielen zugrun­de­lie­gen­den Papier­schich­ten, die aus den Über­kle­bun­gen alter Gemälde resul­tie­ren. Die bereits zitierte male­ri­sche Tiefe erhalten die Werke dann aus einer Mixed Media-Technik, bei der Alexander Höller zunächst Spray­paint für die Über­tra­gung seiner Vor­skiz­zen verwendet, um die Motive dann mit Ölkreide und Acryl­far­be sukzessiv her­aus­zu­ar­bei­ten. So ergibt sich technisch wie materiell ein Spiel aus mehreren Ebenen, welches den drei­di­men­sio­na­len Charakter der Gemälde verstärkt.

Startete Alexander Höller die „DEMONS“-Reihe zunächst in dunkleren Farben, so wurden die Arbeiten im Lauf der Zeit heller, poly­chro­mer und sinn­li­cher. Das ver­an­schau­licht einmal mehr, wie im Zuge künst­le­ri­scher Kon­tem­pla­ti­on und Kon­fron­ta­ti­on das Düstere in Seele und Werk zurück­tritt – und in eine Katharsis mündet, an deren Ende Kri­sen­be­wäl­ti­gung, Neu­ori­en­tie­rung und Selbst­fin­dung stehen.

Über Alexander Höller

In seinem Atelier vor den Toren Münchens arbeitet der junge Künstler meist bis tief in die Nacht, untermalt von harter und trei­ben­der Rockmusik. 1996 in Schwein­furt geboren, bemalte Alexander Höller bereits als Kind Steine aus dem elter­li­chen Garten und verkaufte sie für 1 Euro. Mit 17 verließ er ein Jahr vor dem Abitur das Gymnasium, um sich ganz der Malerei widmen zu können. „Ich habe die Schule abge­bro­chen, nicht um Künstler zu ‚werden‘, sondern um Künstler zu ‚sein‘.“, sagt er heute.

Weil er noch zu jung war, besuchte Alexander Höller ein Jahr lang die private Freie Kunst­werk­statt in München. Schließ­lich wurde er zum Win­ter­se­mes­ter 2015 – ohne Abitur – als Student an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg ange­nom­men. Dort studierte er u. a. bei Professor Thomas Hartmann. Von 2018 bis 2020 absol­vier­te er mit Diplom die Akademie der Bildenden Künste in München, eine der bedeu­tends­ten und ältesten Kunst­hoch­schu­len Deutsch­lands. Seine Werke wurden in zahl­rei­chen Aus­stel­lun­gen u. a. in Nürnberg, Regens­burg, Berlin, München, Wien sowie bei der ART Karlsruhe und in der Kunst­hal­le Schwein­furt gezeigt. In den USA wurden die Werke in Aspen, Chicago und in Miami zur Art Basel aus­ge­stellt.

Die Werk­zy­klen:

Sein erster Werk­zy­klus „Wald“ ist rein abstrakt geprägt und weist dabei Anleihen beim Informel auf. In den viel­schich­ti­gen, komplexen Gemälden greift Höller die archaisch gewach­se­nen Vege­ta­ti­ons­mus­ter von Wäldern und Gehölzen auf und entwirft mit hoch­fi­li­gra­nen Ver­äs­te­lun­gen und undurch­dring­li­chen Netz­struk­tu­ren gänzlich abs­tra­hier­te Natur­an­sich­ten, die in ihrem Gestus an die abs­trak­ten Expres­sio­nis­ten um Jackson Pollock, Franz Kline und Cy Twombly erinnern.

Gleich­zei­tig sind sie eine Hommage an den Mythos deutscher Wald, der von den Malern der Romantik imple­men­tiert und im 20. Jahr­hun­dert von Künstlern wie Anselm Kiefer und Georg Baselitz the­ma­tisch fort­ge­führt wurde, die Höller zu seinen Idolen zählt.

Mit seiner zweiten Serie „Der stumme Schrei“ wechselt Höller ins verhalten Figu­ra­ti­ve und fokus­siert einen stark zeich­ne­ri­schen Duktus. Hier sind es hybride Wesen und kubis­tisch bis orbikular ange­ris­se­ne Figuren, die dem Betrach­ter den gestreck­ten Mit­tel­fin­ger zeigen. Damit will Höller für die Freiheit des Indi­vi­du­ums eintreten, zu dessen Natur­recht es gehören soll, sich fernab gesell­schaft­li­cher Kon­ven­tio­nen, über­zo­ge­ner Ansprüche und bigotter Moral­vor­stel­lun­gen aus­zu­le­ben. Mit den gezielten Frag­men­tie­run­gen und for­mel­haft skiz­zier­ten Figuren verweist Alexander Höller auf Vorbilder wie Pablo Picasso und Jean-Michel Basquiat, die gleich­falls für die Freiheit der Kunst und die Unab­hän­gig­keit des Geistes eintraten.

Seine Werkreihe „Neuronen“ besteht aus Objekten mit fluo­res­zie­ren­den Schnüren, die mit ihrer syn­ap­sen­ar­ti­gen Struktur gleichsam mensch­li­che Kognition und Natur­in­tel­li­genz sichtbar machen sollen. Für alle Werke lässt Alexander Höller seine Leinwände in einem bel­gi­schen Hand­werks­be­trieb, die auch Damien Hirst und Gerhard Richter beliefern, her­stel­len.

Aus­stel­lung: 10. Mai – 7. Juni 2025

Galerie Hegemann

Hackenstr.5, 80331 München

[1] Zitat Paul Cézanne in einem Brief an Emile Bernard, 23. Oktober 1905: „Ich schulde Ihnen die Wahrheit in der Malerei, und ich werde sie Ihnen sagen…“, Paul Cézanne BRIEFE, Diogenes Verlag 1988

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