JUST-Redaktion|

Erst das Ver­gnü­gen, dann die Arbeit

Golf also. Oder: „Der größte Spaß, den man mit ange­zo­ge­nen Hosen haben kann“, wie ein gewis­ser Lee Trevino pos­tu­liert. Ein Versuch, den Spaß zu erklä­ren.

Für alle, die schon Golf spielen, kommt diese schot­ti­sche Golf­weis­heit zu spät. Allen, die damit spe­ku­lie­ren, mit Golf anzu­fan­gen, sei sie ins Poe­sie­al­bum geschrie­ben: „Die ersten 60 Jahre im Golf sind die schwie­rigs­ten. Danach fängt es an Spaß zu machen.“

Wer sich davon aller­dings ent­mu­ti­gen lässt, ver­passt viel­leicht „The grea­test game ever played“. Auch das ein weiser Spruch aus dem unfass­bar reichen Zita­ten­schatz des Golf­sports, der bei allem falsch inter­pre­tier­ten Sno­bis­mus, der dem Sport in unseren Breiten inne­wohnt, kom­mu­nis­ti­scher nicht sein kann: Denn das Han­di­cap macht alle gleich und erlaubt es dem enga­gier­ten Dilet­tan­ten sich im Wett­streit mit dem GOAT des Golf­sports zu messen: In manchen Situa­tio­nen sind fünf Schläge von uns so gut oder gar besser als vier von Tiger Woods – dem Han­di­cap sei Dank. Und so gönnt uns der Golf­sport Erfolge, die jedem Hob­by­sport­ler anderer Sport­ar­ten versagt bleiben. Oder denken Sie im Ernst daran, Sie könnten Dominic Thiem ein Game abneh­men, Marcel Hir­scher ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern oder David Alaba ein Gurkerl schie­ben? Eben!

Dieses schein­ba­re Gleich­stel­lungs­merk­mal im Golf birgt neben all den Glücks­mo­men­ten auch eine große Gefahr und außer­ge­wöhn­lich viel Frust­po­ten­zi­al in sich: Während wir wissen, dass die Streif für die meisten von uns im Renn­be­trieb zur töd­li­chen Gefahr wird, wähnen wir uns auf jenem Golf­platz, wo gerade die Elite ein Turnier hinter sich gebracht hat, quasi auf einer Ebene mit den Super­stars des Golf­sports. Tat­säch­lich bewegen wir uns auch auf dem­sel­ben pro­fes­sio­nel­len Terrain, ohne in Lebens­ge­fahr zu geraten.

Doch so oft wir es auch ver­su­chen: Ein Ergeb­nis wie die Profis bleibt uns ver­wehrt. Aller­dings nicht auf­grund unseres Könnens, sondern nur auf­grund höchst miss­li­cher Umstän­de und von außer­or­dent­lich viel Pech. Zumin­dest ist das die klas­si­sche Wahr­neh­mung eines Golfers. Denn noch ehe sie am Schwung arbei­ten, lernen Golfer sich die besten Aus­re­den zurecht­zu­le­gen. Das macht Golfer auch zu so wun­der­bar glück­li­chen Men­schen. Sie betrü­gen sich einfach immer ein klein wenig.

Der wis­sen­schaft­li­che Teil, warum Golf glück­lich macht, liest sich noch ein wenig besser: Während einer Golf­run­de werden Dopamin und Sero­to­nin sozu­sa­gen in Massen aus­ge­schüt­tet. Auch wenn nicht alles nach Plan läuft, was in 99 von 100 Golf­run­den der Fall ist, macht uns der Golf­sport glück­lich. Und zwar, weil ein ein­zi­ger gelun­ge­ner Schlag sich wie ein Mantel des Ver­ges­sens über all das andere Unge­mach einer Golf­run­de legt und uns sagt: Du kannst es ja doch! Daran richtet sich jeder Golfer wieder auf.

Der­ma­ßen getrig­gert und mit Dopamin und Sero­to­nin voll­ge­pumpt, wird Golf zur Sucht. Das Fas­zi­nie­ren­de: Die Ent­wöh­nung funk­tio­niert nur in den sel­tens­ten Fällen, eher noch wird die Sucht schlim­mer. Urlaube werden strikt nach Golf­plät­zen geplant, der Freun­des­kreis ent­spre­chend aus­ge­siebt. Die Tee-Time hat nun nichts mehr mit Early Grey zu tun und der Jargon wird von Fach­aus­drü­cken domi­niert.

Tat­säch­lich haben Golfer zudem auch noch das Glück, länger zu leben, wie mehrere Studien* belegen: Das Herz-Kreis­lauf-System bleibt in Schuss, die Bewe­gung ist nicht son­der­lich ver­let­zungs­ge­fähr­dend – selbst manche Pro­fi­gol­fer sind mit einer künst­li­chen Hüfte unter­wegs – und zu guter Letzt spielt auch die soziale Kom­po­nen­te dem Golf­sport in die Karten. Das größte Glück für Golfer? Wenn man der Legende Arnold Palmer glauben darf: „A long walk with a putter in your hand.“

TIPPS

FILM: Happy Gilmore
Adam Sandler müht sich als Ex-Eis­ho­ckey­spie­ler toll­pat­schig als höchst unkon­ven­tio­nel­ler Golfer ab. Ein schöner Ein­stieg in den Golf­sport, der in all seinen Facet­ten beleuch­tet wird.

MUSIK: Golf Boys – Oh Oh Oh
Gran­dio­ses Video der PGA Stars Bubba Watson, Rickie Fowler, Hunter Mahan und Ben Crane. Für Golf­f­ans ein Must!

BUCH: Moe Norman – The Feeling of Great­ness
Die berüh­ren­de Story des unter dem Asper­ger Syndrom lei­den­den kana­di­schen Pro­fi­gol­fer Moe Norman (1929–2004), dessen Leit­spruch lautete: Golf is hap­pi­ness

Foto: Klaus Nadizar, Chef­re­dak­teur von Sim­ply­GOLF, agiert nun auch als „Fach­kraft“ für zukünf­ti­ge Golf-Spe­cials in JUST. Aktuell ist Ausgabe 1 von Sim­ply­GOLF am Kiosk zu finden.

Foto­credit: sim­ply­Golf

Weitere Beiträge

Arosa auf den Spuren des Lang­wie­ser Via­dukts

Anläss­lich des 111-jäh­ri­gen Jubi­lä­ums des Lang­wie­ser Via­dukts – einst die größte und weitest gespann­te Stahl­be­ton-Eisen­bahn­brü­cke der Welt – hat das neue Viadukt Museum Lang­wies eröff­net. Direkt beim Bahnhof Lang­wies gelegen, lädt das Museum alle Inter­es­sier­ten an Eisen­bahn­ge­schich­te, Archi­tek­tur, Technik und alpiner Kultur ein, die fas­zi­nie­ren­de Geschich­te des Via­dukts und der Chur-Arosa-Bahn­li­nie zu ent­de­cken.

Story lesen