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Die Neu­erfin­dung des Sitzens

Einen noch nie dage­we­se­nen Stuhl zu ent­wer­fen ist eine schwie­ri­ge Sache. Dem däni­schen Archi­tek­ten und Desi­gner Hans J. Wegner ist es dennoch gelun­gen, einer vier­bei­ni­gen Sitz­ge­le­gen­heit eine neue Dimen­si­on zu ver­lei­hen.

Man schrieb das Jahr 1949, als der Grund­stein für eine außer­ge­wöhn­li­che Möbel­kol­lek­ti­on gelegt wurde. Gleich vier Stühle erblick­ten inner­halb kurzer Zeit das Licht der Welt, alle mit einem CH in ihrem Namen, ein dezen­ter Hinweis darauf, dass sie der däni­schen Manu­fak­tur Carl Hansen & Son ent­sprin­gen. Alle vier – CH22, CH23, CH24 und CH25 – machten eine inter­na­tio­na­le Kar­rie­re, die kaum über­bo­ten werden kann. Möglich war das aller­dings nur, weil einige glück­li­che Umstän­de auf­ein­an­der­tra­fen.

Der Stuhl­ma­cher

Ende der Fünf­zi­ger­jah­re war die Welt hungrig nach jungen, inspi­rie­ren­den, fri­schen Ideen. Licht­bli­cke, die den Alltag ver­schö­ner­ten, Ver­läss­lich­keit und Ruhe aus­strahl­ten und etwas Neues, aber auch etwas Hoch­wer­ti­ges und Blei­ben­des reprä­sen­tier­ten. Der junge Möbel­de­si­gner Hans J. Wegner, der Sohn eines Schuh­ma­chers, der bereits mit 17 seine ersten Möbel­stü­cke entwarf, erkann­te den Zeit­geist und wusste seine Ideen in diesem Sinne umzu­set­zen. Gerade hatte er 1943 sein erstes Design­stu­dio eröff­net, als sich dann schon sehr bald eine erste Zusam­men­ar­beit mit dem Tisch­ler­meis­ter Johan­nes Hansen anbahn­te – beide mit dem Ziel, der däni­schen Öffent­lich­keit moder­nes Design näher­zu­brin­gen.

1944 entwarf er den ersten „China Chair“ in einer Serie von Stühlen, deren Design vom Stil der chi­ne­si­schen Ming-Dynas­tie inspi­riert war. Der eben­falls zu dieser Serie gehö­ren­de „Wish­bo­ne Chair“, der Wegners erfolg­reichs­tes Objekt und unter dem Namen CH24 berühmt werden sollte, ent­stand im Jahr 1949 und wird von Carl Hansen & Son seit 1950 kon­ti­nu­ier­lich pro­du­ziert. „Die ersten Möbel­stü­cke waren zu ihrer Zeit beson­ders avant­gar­dis­tisch. Wegners Arbei­ten besaßen eine ganz neue und auf­re­gen­de Aus­drucks­kraft. Gleich­zei­tig über­zeug­ten sie durch eine Ein­fach­heit, die bei vielen Men­schen Anklang fand. Mit seiner raf­fi­nier­ten Hand­werks­kunst und zugäng­li­chen Form­spra­che erreich­te Wegner ein breites Publi­kum“, erzählt Knud Erik Hansen, CEO von Carl Hansen & Son, der das Unter­neh­men in der dritten Gene­ra­ti­on führt.

Ein Herz für Holz

Auch der CH25, bekannt auch als Lounge Chair, sah glanz­vol­len Zeiten ent­ge­gen, während CH22, ein wei­te­rer Lounge Chair, und CH23, ein Ess­tisch­stuhl, erst später von Carl Hansen & Son wie­der­ent­deckt und ree­di­tiert wurden. Was aber ist das Geheim­nis, das in diesen Stühlen steckt und sie so fas­zi­nie­rend macht? Hans J. Wegner ver­stand nicht nur sein Hand­werk, er ver­stand auch die Bedürf­nis­se der Men­schen. Seine ent­wer­fe­ri­sche Arbeit war eng ver­knüpft mit tra­di­tio­nel­ler Hand­werks­kunst, die ihn oft dazu ver­lei­te­te, bis an die Grenzen zu gehen.

Sein kom­pro­miss­lo­ser Ansatz, an Dinge her­an­zu­ge­hen, beglei­te­te ihn sein gesam­tes Leben. Das Gespür für Ergo­no­mie und für das Mate­ri­al kom­plet­tier­te die Bega­bung des gelern­ten Tisch­lers, der mit der legen­dä­ren Stuhlse­rie für Carl Hansen & Son so richtig durch­star­te­te. Diese trug seine unver­kenn­ba­re Hand­schrift und ist bis heute Teil der umfas­sen­den Wegner-Kol­lek­ti­on des Unter­neh­mens. „Die ersten Stühle besaßen eine ein­ma­li­ge Aus­drucks­form und sie waren von erst­klas­si­ger Qua­li­tät. Jeder Stuhl hatte seine eigene Optik und cha­rak­te­ris­ti­sche Merk­ma­le, die später auch ihren Weg in andere Stuhl­ent­wür­fe fanden“, weiß Knud Erik Hansen, dessen Vater Holger Hansen die legen­dä­re Zusam­men­ar­beit mit Wegner Ende der Vier­zi­ger­jah­re initi­ier­te.

Kunst für den Alltag

Mit Lounge Chair CH22, Ess­tisch­stuhl CH23, Wish­bo­ne Chair CH24, Lounge Chair CH25 schaff­te Hans J. Wegner, der zwei­fel­los als einer der talen­tier­tes­ten und inno­va­tivs­ten Möbel­de­si­gner Däne­marks gilt, den Durch­bruch im moder­nen Möbel­de­sign. Unter Dampf gebo­ge­ne Rücken­leh­nen, orga­ni­sche Formen, kom­ple­xe Kon­struk­tio­nen und Sitz­flä­chen aus gefloch­te­ner Papier­kor­del und hellem Holz – all das ver­ein­te er in einer schlich­ten und ele­gan­ten Form der Stühle, die in vie­ler­lei Hin­sicht ihrer Zeit weit voraus waren und völlig neue Maß­stä­be setzten. Die orga­ni­schen Formen machten auf sich auf­merk­sam, der Ent­wurfs­pro­zess löste sich von stren­gen Para­me­tern und öffnete sich einer offe­ne­ren Gesell­schaft, die langsam Zwänge abschüt­tel­te und durch­at­me­te.

Wegner legte sein ganzes Herz­blut in den Entwurf seiner Möbel und war dabei völlig frei von wirt­schaft­li­chen Hin­ter­ge­dan­ken. Dies bedeu­tet, dass all die Möbel­stü­cke, die er im Jahr 1950 entwarf, wirk­lich ein­zig­ar­tig waren und zu echten Trend­set­tern wurden. „Wegners Zusam­men­ar­beit mit Carl Hansen & Son war die Moder­ni­sie­rung einer der welt­bes­ten Hand­werks­tra­di­tio­nen kom­bi­niert mit einer raf­fi­nier­ten künst­le­ri­schen Vision. Als die Zusam­men­ar­beit im Jahr 1950 begann, erhielt Wegner die Mög­lich­keit, Möbel von höchs­ter Qua­li­tät und aus­ge­zeich­ne­ter Hand­werks­kunst zu ent­wer­fen – die zudem der all­ge­mei­nen Öffent­lich­keit zugäng­lich sein würden. Dies machte seine Möbel beson­ders demo­kra­tisch“, bringt es der Aus­stel­lungs- und Samm­lungs­lei­ter des Design­mu­se­um Danmark, Chris­ti­an Holm­sted Olesen, der auch das Buch „Wegner – Einfach ein guter Stuhl“ geschrie­ben hat, auf den Punkt.

In besten Händen

Eine gute Zusam­men­ar­beit hat Carl Hansen & Son jüngst auch mit der Wiener Design­agen­tur Design Network begon­nen. Hier treffen höchste Ansprü­che auf­ein­an­der, die im Gleich­klang erfolg­reich sind: Hoch­wer­tigs­te Qua­li­tät aus der Manu­fak­tur ver­schmilzt mit dem pro­fes­sio­nel­len Fin­ger­spit­zen­ge­fühl für Wünsche und Vor­stel­lun­gen für Pro­jek­te im pri­va­ten und Objekt­be­reich. Gutes Design zu ver­mit­teln, die Geschich­te dahin­ter zu erzäh­len und auf die wahre Schön­heit eines Pro­dukts auf­merk­sam zu machen, zählt das Design Network zu seinen wich­tigs­ten Auf­ga­ben. Das Schät­zen von Design­klas­si­kern – zeitlos, elegant, lang­le­big und deshalb beson­ders nach­hal­tig – ist hier zu Hause, an einer Schnitt­stel­le, wo Ideen Form anneh­men und wo ein Traum in Wirk­lich­keit über­geht.

Kontakt

Design Network GmbH
1070 Wien, Schot­ten­feld­gas­se 81
T. +43 512 58 07 18
info@designnetwork.at
www.designnetwork.at

 

Foto­credit: Carl Hansen & Son

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