JUST-Redaktion|

Wirt­schaft für Prä­ven­ti­on

Eines ist klar: Erfolg­rei­che Unter­neh­men bauen auf gesunde, moti­vier­te und leis­tungs­fä­hi­ge Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter. Und sie sind auch bereit, in die Gesund­heit der Beschäf­tig­ten zu inves­tie­ren. Einsatz und Aufwand der Wirt­schaft für Gesund­heit und Prä­ven­ti­on haben heute bereits ein beträcht­li­ches Ausmaß erreicht. Pro­gram­me zur Betrieb­li­chen Gesund­heits­för­de­rung bzw. zum Betrieb­li­chen Gesund­heits­ma­nage­ment sind in vielen Unter­neh­men längst selbst­ver­ständ­lich.

In Koope­ra­ti­on mit den unter­schied­lichs­ten Gesund­heits- und Fit­ness­an­bie­tern wird Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern häufig ein breites Spek­trum von gesund­heits­för­dern­den Ange­bo­ten zugäng­lich gemacht. Immer geht es dabei darum, die Beschäf­tig­ten selbst für Prä­ven­ti­on und pro­ak­ti­ves Gesund­heits­ma­nage­ment zu begeis­tern, denn die besten Pro­gram­me helfen nichts, wenn sie nicht ange­nom­men werden.

Mit „Fit im Job“, dem stei­ri­schen Gesund­heits­preis, der je nach Größe der Unter­neh­men in vier Kate­go­rien ver­ge­ben wird, läuft in der Stei­er­mark – heuer bereits zum 18. Mal – eine bei­spiel­haf­te Initia­ti­ve, initi­iert von der WKO Stei­er­mark. Im Prä­ven­tiv-Board von „Fit im Job“ sind neben der Wirt­schafts­kam­mer Stei­er­mark und ihren Gesund­heits- und Fit­ness­fach­grup­pen (Per­so­nen­be­ra­tung und Per­so­nen­be­treu­ung, Frei­zeit- und Sport­be­trie­be) als Koope­ra­ti­ons­part­ner die stei­er­mär­ki­sche Gebiets­kran­ken­kas­se (GKK), die AUVA, die Ärz­te­kam­mer Stei­er­mark, das Land Stei­er­mark mit dem Gesund­heits- und dem Wirt­schafts­res­sort, die Sozi­al­ver­si­che­rungs­an­stalt der gewerb­li­chen Wirt­schaft (SVA), die Pen­si­ons­ver­si­che­rungs­an­stalt (PVA), weitere Ver­si­che­rungs­an­stal­ten sowie – seit heuer – auch die Arbei­ter­kam­mer Stei­er­mark ver­tre­ten.

In dieser breiten Basis spie­gelt sich auch die enorme gesell­schaft­li­che Bedeu­tung dieses Themas wider. Die große Anzahl und die breite Palette der ein­ge­reich­ten Pro­jek­te zeugen von einer enormen Viel­falt inno­va­ti­ver Her­an­ge­hens­wei­sen an die Themen Prä­ven­ti­on und Gesund­heits­för­de­rung und bewei­sen, dass das Thema Prä­ven­ti­on von Unter­neh­men, Manage­ments und Mit­ar­bei­tern mit­ge­tra­gen wird.

Per­spek­ti­ven­wech­sel

Erfreu­li­cher­wei­se, erklärt Andreas Herz, der auch als Obmann der Fach­grup­pe Per­so­nen­be­ra­tung und Per­so­nen­be­treu­ung fun­giert und als Resi­li­enz-Experte ein im gesam­ten deutsch­spra­chi­gen Raum gefrag­ter Vor­tra­gen­der ist, sei derzeit im weiten Kreisen ein Per­spek­ti­ven­wech­sel zu bemer­ken, der mit den Initia­ti­ven der Wirt­schaft kor­re­spon­die­re. „Immer mehr Men­schen“, so Herz, „wollen nicht mehr mit dem Gefühl durchs Leben gehen, krank­ma­chen­den und belas­ten­den Fak­to­ren mehr oder weniger wehrlos aus­ge­lie­fert zu sein, sondern ihr Schick­sal selbst in die Hand nehmen und so ihre Poten­zia­le selbst­be­stimmt ent­fal­ten und nutzen.“

In der Tat, betont Herz, würden inno­va­ti­ve Para­dig­men­wech­sel in diesem Bereich ange­sichts eines immer dra­ma­ti­scher ins Gewicht fal­len­den Fach­kräf­te­man­gels und der demo­gra­fi­schen Ent­wick­lung auch zur stand­ort­wich­ti­gen Frage. Mit Kon­zep­ten zur aktiven Gesund­heits­vor­sor­ge wie der „neuen Kur“ und der „Wie­der­ein­glie­de­rungs­teil­zeit“ nach krank­heits- oder ver­let­zungs­be­ding­ten Aus­fäl­len seien Schrit­te in diese Rich­tung bereits gesetzt worden. Das Modell der Wie­der­ein­glie­de­rungs­teil­zeit basiert auf der Erkennt­nis, dass eine sofor­ti­ge Rück­kehr zur vollen Arbeits­zeit nach län­ge­ren Krank­hei­ten (min­des­tens 6 Wochen unun­ter­bro­che­ner Kran­ken­stand) im Sinne einer nach­hal­ti­gen Arbeits- und Leis­tungs­fä­hig­keit oft nicht sinn­voll sei. Seit 1. Juli 2017 kann nun zwi­schen Arbeit­ge­bern und Arbeit­neh­mern im Rahmen eines Wie­der­ein­glie­de­rungs­plans für die Dauer von einem Monat bis höchs­tens 6 Monaten Wie­der­ein­glie­de­rungs­teil­zeit mit einer Arbeits­zeit­re­duk­ti­on von min­des­tens 25 und höchs­tens 50 Prozent ver­ein­bart werden.

Neue Gesund­heits­kon­zep­te

Und bei der neuen Kur geht es darum, dass der mehr oder weniger passive Konsum von Gesund­heits­an­wen­dun­gen während eines Kur­auf­ent­halts im Sinne einer aktiven Gesund­heits­vor­sor­ge von einem eigen­ver­ant­wort­li­chen Enga­ge­ment für die Gesund­heit abge­löst wird, das im Ide­al­fall auch in eine nach­hal­tig gesund­heits­för­dern­de Ände­rung des Lebens­stils mündet. Unter dem Motto „Vor­beu­gen ist besser als heilen“ würde, betont Andreas Herz, im Bereich der SVA für die ver­si­cher­ten Selbst­stän­di­gen ja bereits seit gerau­mer Zeit ein Anreiz zu pro­ak­ti­ver und eigen­ver­ant­wort­li­cher Gesund­heits­vor­sor­ge und Prä­ven­ti­on geboten. Dort haben Selbst­stän­di­ge die Mög­lich­keit, ihren Selbst­be­halt von 20 auf 10 Prozent zu hal­bie­ren, wenn sie aktiv zur Erhal­tung ihrer Gesund­heit bei­tra­gen. Ziel des Modells laut Home­page der SVA: „Das Bewusst­sein zu stärken, dass jeder Ein­zel­ne für sein Wohl­be­fin­den selbst mit­ver­ant­wort­lich ist. Zu ver­mit­teln, dass manche Krank­hei­ten selten aus dem Nichts auf­tau­chen und Folge einer bestimm­ten Lebens­wei­se und damit beein­fluss­bar sind.“

Burnout trotz Frei­zeit

Beson­de­res Augen­merk, betont WKO-Stei­er­mark-Vize­prä­si­dent Andreas Herz, müsste dabei in Zukunft auf den Umgang mit psy­chi­schen Erkran­kun­gen gelegt werden. Und tat­säch­lich: In schöner Regel­mä­ßig­keit beschei­ni­gen diverse Umfra­gen und Unter­su­chun­gen den Öster­rei­che­rin­nen und Öster­rei­chern den psy­chi­schen Aus­nah­me­zu­stand. Mit Zeit- und Leis­tungs­druck werden dabei Fak­to­ren als Haupt­aus­lö­ser für Stress- und andere Belas­tun­gen genannt, die sich längst von einer vor­wie­gend beruf­li­chen Her­kunft eman­zi­piert haben, viel­mehr heute aus allen Berei­chen des mensch­li­chen Lebens – Frei­zeit, Sport, Familie, Beruf – gespeist werden und gera­de­zu synonym für viel­fach auch selbst auf­er­leg­te Rol­len­bil­der in moder­nen Konsum- und Frei­zeit­ge­sell­schaf­ten stehen.

Die Zahlen sind nichts­des­to­trotz alar­mie­rend: So beschei­nigt eine in der Studie „Prä­va­lenz des Burnout-Syn­droms in Öster­reich“ publi­zier­te „Reprä­sen­ta­tiv­erhe­bung 2016/17“ zwar immer­hin noch einer knappen Mehr­heit von 52 Prozent der befrag­ten Öster­rei­che­rin­nen und Öster­rei­cher, im Hin­blick auf Burnout-Sym­pto­me „gesund“ zu sein, 19 Prozent befän­den sich jedoch bereits in einem soge­nann­ten „Pro­blem­sta­di­um“, weitere 17 Prozent in einem Über­gangs­sta­di­um, 8 Prozent seien schließ­lich dem Burnout- Erkran­kungs­sta­di­um zuzu­rech­nen, weitere 4 Prozent „rein depres­siv“. Mit beträcht­li­chen Folgen für die Betrof­fe­nen, aber auch für Unter­neh­men und Wirt­schaft ins­ge­samt.

Volks­wirt­schaft­li­cher Schaden

Bereits 2014 bezif­fer­te eine Studie den von psy­chi­schen Erkran­kun­gen, dar­un­ter Burnout, ver­ur­sach­ten volks­wirt­schaft­li­chen Schaden für Öster­reich mit rund 7 Mil­li­ar­den Euro pro Jahr. Mittel, die dann bei Betriebs­er­wei­te­run­gen und bei der Schaf­fung zusätz­li­cher Arbeits­plät­ze fehlen. Der vom Öster­rei­chi­schen Insti­tut für Wirt­schafts­for­schung (WIFO) erstell­te Fehl­zei­ten­re­port 2017 findet den in einer län­ger­fris­ti­gen Sicht „klaren Auf­wärts­trend“ der psy­chi­schen und Ver­hal­tens­stö­run­gen „bemer­kens­wert“.

Die Kran­ken­stands­ta­ge infolge psy­chi­scher Erkran­kun­gen hätten sich, wenn auch von einem nied­ri­gen Niveau aus, seit Mitte der 1990er-Jahre beinahe ver­drei­facht, auch wenn sich der Trend zuletzt etwas ein­ge­bremst habe. Und – auch bemer­kens­wert – psy­chi­sche Erkran­kun­gen seien bereits die häu­figs­te Ursache für Neu­zu­gän­ge in die Inva­li­di­täts- bzw. Berufs­un­fä­hig­keits­pen­si­on 2016 in Öster­reich. Auf „psy­chi­sche Stö­run­gen und Ver­hal­tens­stö­run­gen“ waren 2016 zwar „nur“ 2,4 Prozent der Kran­ken­stands­fäl­le, bei einer durch­schnitt­li­chen Dauer der Kran­ken­stän­de von 37,2 Tagen jedoch 9,2 Prozent der Kran­ken­stands­ta­ge zurück­zu­füh­ren.

Darin sind diverse in der Umge­bung oder im Vorfeld psy­chi­scher Stö­run­gen und Erkran­kun­gen ange­sie­del­te Phä­no­me­ne wie etwa innere Kün­di­gung, Absen­tis­mus, das gewohn­heits­mä­ßi­ge Fern­blei­ben von Arbeit und Arbeits­ver­pflich­tun­gen ohne ent­spre­chen­de  (Krankheits-)Gründe, Pro­kras­ti­na­ti­on, das krank- und zwang­haf­te Auf­schie­ben von Tätig­kei­ten, Prä­sen­tis­mus, das Ver­har­ren am Arbeits­platz trotz Krank­heit, und nicht zuletzt auch sucht­be­ding­te Absen­zen und Leis­tungs­ein­schrän­kun­gen mit ihren Aus­wir­kun­gen auf Unter­neh­men und Volks­wirt­schaft – sprich: enorme Pro­duk­ti­vi­täts­ver­lus­te – noch gar nicht ein­ge­rech­net. Viele dieser Fak­to­ren sind sta­tis­tisch kaum greif­bar und werden daher mög­li­cher­wei­se sogar unter­schätzt.

Resi­li­enz

„Einer aus Eigen­ver­ant­wor­tung betrie­be­nen Gesund­heits­vor­sor­ge“, plä­diert Herz, „kommt daher heute und in Zukunft größte Bedeu­tung zu. Nur so wird es uns gelin­gen, uns den Her­aus­for­de­run­gen eines glo­ba­len Wirt­schafts­sys­tems zu stellen und dabei gleich­zei­tig ein selbst­be­stimm­tes, gesun­des und zufrie­de­nes Leben zu führen.“ Beson­de­res Gewicht werde dabei das Konzept der Resi­li­enz erhal­ten. „Mit der Resi­li­enz“ so Herz, „ver­fü­gen wir über ein Konzept, das viel stärker auf Selbst­be­stim­mung und Eigen­ver­ant­wor­tung setzt und letzt­lich auch ein Mehr an Lebens­qua­li­tät, Leis­tungs­fä­hig­keit und Lebens­per­spek­ti­ven bringt. Resi­li­enz bezeich­net die Fähig­keit von Men­schen, Krisen und Her­aus­for­de­run­gen, sei es Stress oder Belas­tun­gen anderer Art bis hin zu Krank­hei­ten, mit­hil­fe von psy­chi­schen und phy­si­schen Res­sour­cen zu bewäl­ti­gen, die auch erlernt und trai­niert werden können.“ Die prä­ven­ti­ve, gesund­heits­för­dern­de Wirkung von Resi­li­enz sei evident. Und von einem auf Resi­li­enz basie­ren­den, selbst­be­stimm­ten prä­ven­ti­ven Res­sour­cen­ma­nage­ment würden nicht nur die Men­schen selbst, sondern auch Unter­neh­men und All­ge­mein­heit pro­fi­tie­ren.

Zur Person
Im Alter von 38 Jahren grün­de­te Andreas Herz, MSc, die Herz GmbH. Zwei Monate später wurde bei ihm Krebs im fort­ge­schrit­te­nen Stadium dia­gnos­ti­ziert. Nach mehr­jäh­ri­gem Gefecht gegen den Krebs kämpfte er sich zurück ins Leben. Er begann neben seinem Studium der Bera­tungs­wis­sen­schaf­ten an der SFU Wien auch ein Studium am Insti­tut seiner Hei­lig­keit, des Dalai Lama. Heute Ist Herz als Keynote-Speaker, Manage­ment­trai­ner und Coach tätig und gilt als einer der füh­ren­den Exper­ten für Resi­li­enz. Herz fun­giert als Obmann der Fach­grup­pe Per­so­nen­be­ra­tung und Per­so­nen­be­treu­ung, Vor­sit­zen­der des Fach­ver­ban­des sowie Vize­prä­si­dent der WKO Stei­er­mark.

Weitere Beiträge