JUST-Redaktion|

Unbe­dingt Vor­sor­ge­voll­macht errich­ten

Michael Kro­pi­unig, Vize­prä­si­dent der Stei­er­mär­ki­schen Rechts­an­walts­kam­mer, emp­fiehlt Öster­rei­che­rin­nen und Öster­rei­chern ein­dring­lich, mit dem Rechts­an­walt bzw. der Rechts­an­wäl­tin ihres Ver­trau­ens eine „Vorsorge­vollmacht“ auf­zu­set­zen, um für den Fall, dass sie nur mehr ein­ge­schränkt oder gar nicht hand­lungs­fä­hig sind, gewapp­net zu sein.

Herr Kro­pi­unig, seit Jahren wird den Men­schen drin­gend emp­foh­len für den Fall des Falles eine Vor­sor­ge­voll­macht zu errich­ten. Folgen die Öster­rei­che­rin­nen und Öster­rei­cher dieser Emp­feh­lung?

Michael Kro­pi­unig: Bisher leider nur in einem relativ beschränk­ten Ausmaß. Laut Sta­tis­tik Austria hatten 2018 erst vier Prozent der Öster­rei­che­rin­nen und Öster­rei­cher eine Vor­sor­ge­voll­macht errich­tet. Mitt­ler­wei­le mag der eine oder andere Pro­zent­punkt dazu­ge­kom­men sein, aber das ist immer noch besorg­nis­er­re­gend wenig.

Warum besorg­nis­er­re­gend?

Alle Men­schen sollten unbe­dingt eine Vor­sor­ge­voll­macht abschlie­ßen. Denn jeder kann zum Bei­spiel einen Unfall haben oder krank werden und dadurch in die unglück­li­che Lage geraten, not­wen­di­ge Ent­schei­dun­gen nicht mehr selbst treffen zu können. Und sei dies auch nur für kurze Zeit. Nicht zuletzt Corona hat gezeigt, wie schnell es gehen kann, dass man auf der Inten­siv­sta­ti­on eines Kran­ken­hau­ses landet und mög­li­cher­wei­se sogar in den künst­li­chen Tief­schlaf ver­setzt werden muss.

Was ist das Problem, wenn man keine Vor­sor­ge­voll­macht errich­tet hat?

Ohne Vor­sor­ge­voll­macht können Familie und Ver­trau­te im Namen des oder der (tem­po­rär) Hand­lungs­un­fä­hi­gen kei­ner­lei not­wen­di­ge Hand­lun­gen setzen. Nicht einmal die drin­gends­ten Über­wei­sun­gen, z. B. die Miete einer Wohnung, eines Büros oder eines Geschäfts­lo­kals, können erfol­gen.

Was geschieht ohne Vor­sor­ge­voll­macht?

In der Regel wird im Falle der „Geschäfts­un­fä­hig­keit“ vom Gericht ein „Erwach­se­nen­ver­tre­ter“ bestellt. Die Bestel­lung geht aber nicht von heute auf morgen über die Bühne. Unauf­schieb­ba­re Geschäf­te bleiben somit auch über längere Zeit­räu­me uner­le­digt. Meis­tens zieht das einen ganzen Rat­ten­schwanz von (auch finan­zi­el­len) Nach­tei­len hin­ter­her.

Was bewirkt im Gegen­satz dazu eine Vor­sor­ge­voll­macht?

Die Vor­sor­ge­voll­macht gibt die Mög­lich­keit, selbst zu bestim­men, wer – und auch zu welchen Kosten – über jeman­den bestimmt, wenn man selbst irgend­wann nicht mehr in der Lage dazu sein sollten. Nur logisch, dass eine in der Voll­macht bestimm­te (Vertrauens-)Person die not­wen­di­gen Geschäf­te auch güns­ti­ger erle­di­gen wird als ein vom Gericht bestell­ter Par­tei­en­ver­tre­ter oder Mit­ar­bei­ter einer extra für Sach­wal­ter­schaf­ten ein­ge­rich­te­ten Insti­tu­ti­on. Gere­gelt wird in der Voll­macht außer­dem der sach­li­che Umfang der Ver­tre­tung: zum Bei­spiel Zugriff auf Konten und Ver­mö­gens­wer­te, Maß­nah­men zur Ver­wal­tung von Ver­mö­gen (Ver­mie­tung, Ver­pach­tung, Unter­neh­mens­be­tei­li­gung), Ent­schei­dun­gen über Pflege, allen­falls über eine Heim­un­ter­brin­gung sowie Ein­wil­li­gung in ärzt­li­che Heil­be­hand­lun­gen.

Wie läuft die Errich­tung formell ab?

Für die Rechts­gül­tig­keit einer Vor­sor­ge­voll­macht ist es gesetz­lich zwin­gend erfor­der­lich, diese höchst­per­sön­lich und schrift­lich bei einem Anwalt oder einer Anwäl­tin zu errich­ten. Die Voll­macht wird dann im ÖZVV (zen­tra­les Ver­tre­tungs­ver­zeich­nis) regis­triert, das Ori­gi­nal nimmt der Bevoll­mäch­tig­te mit. Erst wenn Geschäfts­un­fä­hig­keit vor­liegt, was durch ein ärzt­li­ches Attest zu beschei­ni­gen ist, tritt die Voll­macht in Kraft. Vom Anwalt bzw. der Anwäl­tin werden sie dann im ÖZVV „scharf­ge­schal­tet“, der oder die Bevoll­mäch­tig­te ist somit sofort ver­tre­tungs­be­rech­tigt. Geht es dem Voll­macht­ge­ber wieder besser, wird das wieder rück­gän­gig gemacht, die Voll­macht ruht dann sozu­sa­gen im Hin­ter­grund. Weitere Infor­ma­tio­nen ertei­len gerne Rechts­an­wäl­tin­nen und Rechts­an­wäl­te.

Mehr Infor­ma­tio­nen:
Stei­er­mär­ki­sche Rechts­an­walts­kam­mer: www.rakstmk.at

Foto: Michael Kro­pi­unig, Vize­prä­si­dent der Stei­er­mär­ki­schen Rechts­an­walts­kam­mer.

Foto­credit: Stras­ser

Weitere Beiträge