Legal Due Diligence: Unter­neh­mens­prü­fung

Investorenrechte und Start-up-Schutz – zwei Seiten der Medaille. Rechtsexpertin Gabriele Krenn im Gespräch über Investitionsabsicherung durch Syndikatsverträge.
Gabriele Krenn, Präsidentin der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer, rät Investoren und Unternehmen zur sogenannten Legal Due Diligence Prüfung.
Gabriele Krenn, Präsidentin der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer, rät Investoren und Unternehmen zur sogenannten Legal Due Diligence Prüfung. Fotocredit: RAK/Furgler.

Die wirt­schaft­li­che Dynamik äußert sich in zuneh­men­der Vola­ti­li­tät der Eigen­tums­ver­hält­nis­se. Unter­neh­men suchen Kapital, Inves­to­ren suchen Betei­li­gun­gen. Vor einer Betei­li­gung sollten Inves­to­ren das recht­li­che Umfeld im Zuge einer Legal Due Diligence Prüfung vom Anwalt durch­che­cken lassen. Bei Start-ups gilt es, trotz stei­gen­der Fremd­an­tei­le, den Einfluss auf das Unter­neh­men nicht zu verlieren. Dazu sollten sie sich rechtlich absichern und ein Squeeze-out ver­hin­dern, indem sie mit ent­spre­chen­den recht­li­chen Vor­keh­run­gen vorsorgen. Ein Syn­di­kats­ver­trag kann bei geringen Geschäfts­an­tei­len Mit­be­stim­mungs­rech­te sichern. Gabriele Krenn, Prä­si­den­tin der Stei­er­mär­ki­schen Rechts­an­walts­kam­mer, über den Mehrwert einer rechts­an­walt­li­chen Beglei­tung bei Betei­li­gun­gen.

Frau Krenn, die wirt­schaft­li­che Dynamik äußert sich nicht zuletzt in einer zuneh­men­den Vola­ti­li­tät der Eigen­tums­ver­hält­nis­se: Inves­to­ren suchen Unter­neh­men, an denen sie sich betei­li­gen können, Unter­neh­men, allen voran Start-ups, benötigen Kapital, um sich erfolg­reich zu ent­wi­ckeln. Was haben Inves­to­ren im Falle einer Unter­neh­mens­be­tei­li­gung zu beachten? Welchen Input bekommen sie von Rechts­an­wäl­tin­nen und Rechts­an­wäl­ten?

Gabriele Krenn: Vor einer Betei­li­gung an einem Unter­neh­men ist dringend zu empfehlen, das recht­li­che Umfeld im Zuge einer soge­nann­ten Legal Due Diligence Prüfung vom Rechts­an­walt bzw. der Rechts­an­wäl­tin durch­che­cken zu lassen, um unan­ge­neh­me Über­ra­schun­gen nach dem Einstieg zu vermeiden. Dabei wird das Unter­neh­men sorg­fäl­tig nach allen Rich­tun­gen hin auf etwaige – mög­li­cher­wei­se auch ver­steck­te – recht­li­che Risiken durch­leuch­tet: bestehen­de gesell­schafts­recht­li­che Verträge oder Verträge mit Kunden, etwaige anhängige Rechts­strei­tig­kei­ten, Altlasten, arbeits­recht­li­che und urhe­ber­recht­li­che Pro­blem­zo­nen und, und, und.

Es gibt ja ganz unter­schied­li­che Motive, sich an Unter­neh­men zu betei­li­gen.

Umso wichtiger ist es, den Willen der Inves­to­ren gesell­schafts­recht­lich abzu­bil­den und die recht­li­chen Instru­men­te zu seiner Durch­set­zung zu defi­nie­ren. So kann etwa durch das Erlassen einer Geschäfts­ord­nung für die Geschäfts­füh­rung, die noch dazu nur mit den Gesell­schafts­an­tei­len des Investors geändert werden kann, dessen stra­te­gi­scher Einfluss auf die Geschäfts­füh­rung gesichert werden. Dabei werden z. B. die Ent­schei­dungs­gren­zen der Geschäfts­füh­rung fest­ge­legt. Aber auch wer sich ohne stra­te­gi­schen Anspruch an einem Unter­neh­men beteiligt, tut gut daran, seinen Einfluss zu sichern. Schließ­lich trägt er ja auch das Risiko für seine Betei­li­gung. So können etwa durch einem Syn­di­kats­ver­trag auch bei geringen Geschäfts­an­tei­len Mit­be­stim­mungs­rech­te gesichert werden. Der Syn­di­kats­ver­trag sorgt für eine Stimm­bin­dung unter den Gesell­schaf­tern: Das heißt: Der „operative“ Eigen­tü­mer hat, wenn es etwa um zentrale Ent­schei­dun­gen wie die Gewinn­aus­schüt­tung geht, in der Gesell­schaf­ter­ver­samm­lung immer im Sinne des Investors abzu­stim­men. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Sicherung der Sperr­mi­no­ri­tät, die bei mehr als 25 Prozent liegt. Der Hin­ter­grund: In GmbH werden Ent­schei­dun­gen gemäß GmbH-Gesetz in der Regel mit 75 Prozent der Stimmen getroffen.

Die andere Seite der Medaille: Bis sie den Durch­bruch schaffen, benötigen Start-ups – häufig wie­der­holt – zusätz­li­ches Kapital. Was können Grün­de­rin­nen und Gründer tun, um trotz der stei­gen­den Fremd­an­tei­le den Einfluss auf ihr Unter­neh­men nicht zu verlieren?

Eine nach­voll­zieh­ba­re Befürch­tung: eine tolle Idee zu haben, sie mit Lei­den­schaft auf dem Markt zu eta­blie­ren – und dann nicht mehr viel davon zu haben, weil sich der eigene Anteil am Unter­neh­men mehr oder weniger in nichts aufgelöst hat. Grund­sätz­lich gilt daher die bekannte Weisheit: Prüfe, wer sich (ewig) bindet. Aller­dings sollte man diese Prüfung nicht bloß den Gefühlen über­las­sen, sondern die Unter­stüt­zung von Exper­tin­nen und Experten, sprich Rechts­an­wäl­tin­nen und Rechts­an­wäl­ten, in Anspruch nehmen, um seine Ansprüche an der eigenen Idee auf ein solides recht­li­ches Fundament zu stellen.

Und wie kann das konkret funk­tio­nie­ren?

Etwa dadurch, dass man mit ent­spre­chen­den recht­li­chen Vor­keh­run­gen ein soge­nann­tes Squeeze-out ver­hin­dert.

Was ist ein Squeeze-out?

Wenn in einer GmbH eine Kapi­tal­erhö­hung beschlos­sen wird, muss auch jener Gesell­schaf­ter mitziehen, der die Kapi­tal­erhö­hung nicht anstrebt. Tut er das nicht, ver­rin­gert sich sein Anteil. Nehmen wir zum Beispiel folgenden Fall. Der Investor verfügt bereits über 60 Prozent des Unter­neh­mens, der Gründerin bzw. dem Gründer bleiben 40 Prozent. Der Investor beschließt nun mit seiner (einfachen) Mehrheit eine Kapi­tal­erhö­hung auf das Doppelte und schießt selbst seinen 60-pro­zen­ti­gen Anteil davon nach. Bei einem fiktiven Gesamt­ka­pi­tal von 100.000 Euro wären das 60.000. Um seinen Anteil von 40 Prozent zu wahren, müsste nun auch der Gründer bzw. die Gründerin anteils­ent­spre­chend 40.000 Euro nachlegen. Geschieht das nicht, ver­rin­gert sich der Anteil auf 25 Prozent. Die Rechnung: Das Gesamt­ka­pi­tal beträgt nun durch die Auf­sto­ckung des Investors 160.000, davon sind nur mehr 40.000 Grün­der­an­tei­le: ein Viertel.

Das heißt, Inves­to­ren könnten Gründer letztlich im eigenen Unter­neh­men an den Rand drängen.

Genau. Und um das zu ver­hin­dern, werden Rechts­an­wäl­tin­nen und Rechts­an­wäl­te die Mög­lich­keit einer ein­sei­ti­gen Kapi­tal­erhö­hung im Sinne ihrer Kli­en­tin­nen und Klienten durch eine Erhöhung der Mehr­heits­er­for­der­nis­se rechtlich unter­bin­den.

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