Trendthema: Digitalisierungsoffensive

Experten-Interview über eine Digitalisierungsoffensive, neue Technologien und Silicon Austria Labs mit Barbara Eibinger-Miedl und Michael Wachsler-Markowitsch.
Michael Wachsler-Markowitsch ist CFO der ams AG
Michael Wachsler-Markowitsch ist CFO der ams AG. Fotocredit: ams AG.

Über eine Digitalisierungsoffensive, neue Technologien und Silicon Austria Labs sprachen Wirtschaftslandesrätin Barbara Eibinger-Miedl und der CFO der ams AG, Michael Wachsler-Markowitsch. Dabei drehte sich das Expertengespräch über die Herausforderungen der Digitalisierung, Mitarbeiterqualifizierung, Dateninfrastruktur, Breitbandausbau, Mikroelektronik, Automobilbranche und Chancen für die Zukunft.

Wie können die steirischen Unternehmen die Chancen der Digitalisierungsoffensive nutzen und was sind die großen Herausforderungen dabei?

Eibinger-Miedl: Die Digitalisierung verändert derzeit alle Sektoren der Wirtschaft und sämtliche Bereiche der Gesellschaft tiefgreifend. Damit die steirischen Unternehmen die Chancen des digitalen Wandels nutzen können, forcieren wir die Digitalisierungsoffensive. Dabei stehen neben der Bewusstseinsbildung vor allem die Förderung von Investitionen, Qualifizierungsmaßnahmen und Forschungsprojekten im Bereich Digitalisierung im Mittelpunkt. Der digitalisierte Arbeitsalltag erfordert zum Teil gänzlich neue Kompetenzen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Dazu zählen Fertigkeiten im Umgang mit neuen Technologien ebenso wie persönliche Fähigkeiten – etwa in der Zusammenarbeit mit virtuellen Teams in einer globalen Welt. Mit dem Förderungsprogramm „Erfolgs!Kurs“ unterstützt die SFG steirische KMU, die ihre Mitarbeiter für die neuen Anforderungen weiterqualifizieren.

Wachsler-Markowitsch: Das Wichtigste ist, am Puls der Zeit zu bleiben. Jedes Unternehmen muss die Digitalisierung aktiv angehen, man darf das nicht einfach auf sich zukommen lassen und denken, Digitalisierung passiert ohnehin von selbst. Als ams AG gehen wir die Dinge proaktiv an, was bedeutet, dass wir sehr viel Geld investieren. Wir schauen uns zum Beispiel neue Methoden des Vertriebs an, versuchen aber auch, gemeinsam mit unseren Lieferanten Prozesse zu optimieren. Digitalisierung heißt nicht automatisch, dass man neue Geschäftsfelder erschließt, aber ich muss sie mir für die bestehenden zunutze machen. Man muss Abläufe digital beschleunigen und so seinem Betrieb Vorteile verschaffen.

Ist die steirische (Daten-)Infrastruktur für eine flächendeckende Digitalisierung bereit?

Wachsler-Markowitsch: Grundvoraussetzung zur Umsetzung von Digitalisierungsprozessen in heimischen Unternehmen ist die flächendeckende Versorgung mit Hochleistungsinternet. Der Breitbandausbau wird in Zukunft wesentlich durch die neue „Steirische Breitband- und Digitalinfrastrukturgesellschaft vorangetrieben. Zentrale Aufgabe der Gesellschaft, die zu 100 Prozent im Eigentum des Landes steht, ist die Errichtung von Breitbandinfrastruktur in jenen Regionen, in denen kein Ausbau durch private Anbieter stattfindet. „Wir müssen sicherstellen, dass auch der ländliche Raum mit schnellem Internet versorgt ist, damit sich unsere Regionen im Zeitalter der Digitalisierung positiv entwickeln können und Arbeitsplätze erhalten bleiben. Das funktioniert aber nur, wenn sich die öffentliche Hand stärker als bisher engagiert. Das tun wir mit der neuen Breitbandinfrastrukturgesellschaft.

Wachsler-Markowitsch: Ich würde sagen, ja, die Steiermark ist bereit. Bei vielen Voraussetzungen ist das ohnehin keine Sache, die ein österreichisches Bundesland stemmen kann. Das sind Dinge, die man europaweit angehen muss wie zum Beispiel den 5G-Standard bei der Mobiltelefonie. Ein Bundesland kann aber durchaus Druck ausüben, damit da etwas weitergeht. Die Politik muss vor allem ihre Möglichkeiten nutzen, auf die Provider einzuwirken, damit diese öffentliche Mittel für den Breitbandausbau auch abrufen.

Ist die Steiermark ein Mikroelektronik-Land und wie kann man diese Branche und die Digitalisierungsoffensive weiter stärken?

Eibinger-Miedl: Die Mikroelektronik ist die Schlüsseltechnologie der Digitalisierung und ein Stärkefeld der steirischen Wirtschaft mit innovativen Leitbetrieben wie ams AG, AT&S, Infineon oder NXP. Rund 80 Prozent der österreichweiten Wertschöpfung in diesem Bereich werden in der Steiermark und Kärnten erwirtschaftet.

Wachsler-Markowitsch: Die Verbindung Automobil und Elektronik ist eine der größten Chancen, die das Land und seine Unternehmen haben. Das Thema Auto ist im Umbruch, autonomes Fahren kommt zwar nicht morgen, aber übermorgen. Wir haben viele Firmen, die da aktiv sind. Unsere ams AG zum Beispiel arbeitet am sogenannten 3D-Lidar, einem Laserdetektor, der die Umgebung erkennt und so quasi als Auge des Fahrzeugs fungiert. Unser Kunde auf diesem Gebiet ist ein Tier-1-Zulieferer, der alle bekannten Automobilhersteller beliefert. Über die Lebenszeit gerechnet bringt uns dieses System vermutlich rund eine Milliarde Euro Umsatz.

Welche Chancen bringt Silicon Austria Labs für die Steiermark und die ams AG?

Eibinger-Miedl: In den kommenden Jahren wird mit Silicon Austria Labs ein eigenes Forschungszentrum für Mikroelektronik mit Standorten in Graz, Villach und Linz aufgebaut. Das Headquarter des Zentrums wird in Graz angesiedelt. Der Bund, die Länder Steiermark, Kärnten und Oberösterreich sowie die Industrie investieren in den kommenden fünf Jahren insgesamt 280 Millionen Euro in Silicon Austria. In der Steiermark werden dadurch rund 200 neue Forschungsarbeitsplätze entstehen. Es wird im Endausbau das drittgrößte Forschungszentrum Österreichs.

Wachsler-Markowitsch: Silicon Austria Labs ist eine große Chance für den Mikroelektronik-Cluster. Der war zwar schon da, aber jetzt gibt es eine neue und stärkere Identifikation der Firmen mit ihm. Was schon auf den Weg gebracht wurde, wird durch Silicon Austria Labs beschleunigt.

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