Experten-Talk: Familienvermögen verwalten

Wohlhabende Familien setzen immer öfter auf ein Family-Office, denn die Materie hat sukzessive an Komplexität gewonnen. Experte Georg Zenker erklärt, worauf man achten sollte.
Experte in Bezug auf Familienvermögen und deren fachgerechte Verwaltung: Georg Zenker, Geschäftsführer von Bogen & Partner.
Experte in Bezug auf Familienvermögen und deren fachgerechte Verwaltung: Georg Zenker, Geschäftsführer von Bogen & Partner. Fotocredit: Foto Fischer.

In turbulenten Zeiten ist ein Team an Spezialisten und
permanentes Monitoring gefragt. Der Risikoappetit bleibt freilich individuell. Georg Zenker, Geschäftsführer von Bogen & Partner, über Strategien und Stolpersteine für den Ausbau von Familienvermögen. Er ist Experte für die optimale Verwaltung und Vermehrung von Familienvermögen und steht im JUST-Talk Rede und Antwort über Investmentmöglichkeiten.

Wenn man ein Family-Office gründen will, worin liegen die Herausforderungen?

Georg Zenker: Die Verwaltung des Großvermögens einer Familie ist facettenreich, die Aufgaben reichen von Sekretariatsarbeiten und Buchhaltung über das Festlegen und Umsetzen der Strategie in der Vermögensberatung bis hin zu rechtlichen Belangen. Die Komplexität des Marktumfeldes hat in den letzten zehn Jahren stark zugenommen. Was früher ein Bankberater bewältigen konnte, das braucht heute ein Team an Spezialisten – für die Veranlagung, die Steuer- und Rechtsberatung.

Nach welchen Prinzipien wird eine Strukturierung des Vermögens vorgenommen?

Neben der Immobilienveranlagung, die wir immer empfehlen, und der anspruchsvoller gewordenen Nutzung von Aktien-, Anleihen- und Rohstoffmärkten liegt ein drittes Feld in der Beteiligung an Unternehmen. Alle Bereiche sollte ein Family-Office abdecken können. Mit einem Direktinvestment allein ist es nicht getan, gefragt sind ein laufendes Monitoring mit einer Überwachung der Kennzahlen und der regelmäßige Austausch mit der Geschäftsführung. Das ist zeitintensiv. In der Vermögensberatung können wir diese Ansprüche und Notwendigkeiten für wohlhabende Familien qualitätsvoll und maßgeschneidert erfüllen. Familien schließen sich auch immer wieder für Investmententscheidungen zusammen, Co-Investments werden so ermöglicht.

Welcher Zeithorizont ist für ein Family-Office zielführend?

Dem Family-Office liegt die Idee zugrunde, Vermögen langfristig zu sichern und auszubauen. Die nächsten Generationen werden mitgedacht. Aufgrund der erhöhten Risikoklasse bei Direktinvestments ist eine breite Streuung wichtig, falls ein Unternehmen, an dem man beteiligt ist, in Schieflage gerät. Bei der Gesamtvermögensbetrachtung sollte der Anteil an Direktinvestments keine zu große Abhängigkeit erzeugen. Wie hoch er ausfällt, hängt von der Risikoaffinität der Familie ab. Üblicherweise beträgt er zwischen 25 und 35 Prozent. In einer Zeit, in der Zinsen keine ernsthafte Rolle mehr spielen und Aktienmärkte relativ teuer sind, kann dieser Bereich der lukrativste sein.

Welche Strategien in der Veranlagung sind darüber hinaus ratsam?

Der Immobilienbereich erweist sich im gegenwärtigen Marktumfeld als nicht besonders turbulent, im Wohnbau sehe ich derzeit keine besorgniserregenden Tendenzen. Auf den Gewerbebereich hat die Pandemie sehr wohl Auswirkungen, hier muss man genau hinsehen. Früher hat eine Beobachtung diverser Indizes in einem breit gestreuten Portfolio gereicht, das genügt nicht mehr. Es gibt extrem große branchenspezifische Unterschiede, Krisengewinner und Krisenverlierer. Wir können den Vorteil der exakten Prüfung in der Vermögensberatung gut ausspielen.

Welche Rolle spielt das Thema Nachhaltigkeit wirklich?

Der Trend geht durchaus weg von einer reinen Renditebetrachtung und bloßen Gewinnmaximierungsmodellen hin zur nachhaltigeren Ausrichtung. Es ist gut, dass es die ESG-Kriterien gibt, aber sie sind zu oberflächlich. Die Haltung muss gerade bei Direktinvestments im Unternehmenskern und im Management verankert sein. Da man bei einem Family Office nicht quartalsgetrieben agiert, sondern Zeiträume über 10 bis 15 Jahre von Interesse sind, kann in erneuerbare Energien oder in neue Technologien in der Landwirtschaft investiert werden, die man erst einmal ein bis zwei Jahre beobachtet.

Hinter einem Familienvermögen stehen mehrere Menschen und damit Emotionen und Erwartungen – wie bringt man diese unter einen Hut?

Innerhalb einer Familie gibt es freilich unterschiedliche Charaktere, Risikoaffinitäten und Kompetenzen. Diese zu vereinen ist zentral für das Management eines Family-Offices, da geht es um Vertrauen und die Fähigkeit, allen ein gutes Gefühl zu geben. Manchmal ist es sinnvoller, Dienste eines anderen Family-Offices zuzukaufen. Der Betrieb verlangt nach einem laufenden Management. Wir greifen auf einen Pool aus Kompetenzträgern vom Steuerberater über den Rechtsanwalt bis zum Interimsmanager zurück, der bei Firmenbeteiligungen temporär Lücken in schwierigeren Unternehmenszeiten schließt.

Wohin geht die Reise auf den Finanz­märkten?

Da stellen sich mehrere Fragen: Was passiert, wenn Zentralbanken ihre Unterstützungen reduzieren? Sind Aktien zu teuer und folgt daraus ein Rücksetzer? Wir sind optimistisch, dass sich die Realwirtschaft erholt und die Potenziale von vor Covid-19 erreicht. Wir glauben an die Fähigkeiten der Zentralbanken, dass sie dosiert genug handeln. Was sich nicht vollständig absehen lässt, sind politisch motivierte Eingriffe, die zu einem temporären Schock führen können. Hat man diversifiziert investiert, ist man aber nicht von einem Sektor abhängig.

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