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Neues Erbrecht in Kraft

Am 1. Jänner 2017 trat das Erb­rechts­än­de­rungs­ge­setz in Kraft. Michael Kro­pi­unig, Vize­prä­si­dent der Stei­er­mär­ki­schen Rechts­an­walts­kam­mer, über die wich­tigs­ten Neue­run­gen.

Herr Kro­pi­unig, welche Rolle nehmen Rechts­an­wäl­tin­nen und Rechts­an­wäl­te bei Erb­an­ge­le­gen­hei­ten ein?

Kro­pi­unig: Abge­se­hen von Ver­tre­tun­gen in Ver­las­sen­schaf­ten über­neh­men sie die Errich­tung, Regis­trie­rung und Ver­wah­rung von Tes­ta­men­ten. Damit tragen sie wesent­lich zu Sicher­heit und Kon­ti­nui­tät bei, sind sie doch mit allen Even­tua­li­tä­ten und Fall­stri­cken ver­traut. Von allen Erben bevoll­mäch­tigt, können sie auch Ver­las­sen­schaf­ten abwi­ckeln.

Was ver­än­dert sich durch das neue Erbrecht?

Kro­pi­unig: Die wohl bedeu­tends­te Ver­än­de­rung betrifft das Pflicht­teils­recht. Neu ist, dass nunmehr auch Eltern wie allen anderen „weiter ent­fern­ten“ Vor­fah­ren kein Pflicht­teil mehr zusteht. Pflicht­teils­be­rech­tigt sind nur mehr Ehe­gat­tin­nen bzw. ‑gatten, ein­ge­tra­ge­ne Part­ne­rin­nen bzw. Partner und Nach­kom­men.

Was exakt ist ein Pflicht­teil?

Kro­pi­unig: Der Pflicht­teil ist der halbe gesetz­li­che Erbteil. Pflicht­teils­be­rech­tig­te können im Tes­ta­ment nicht über­gan­gen werden und erben jeden­falls den Pflicht­teil als antei­lig berech­ne­te Geld­leis­tung.

Muss dieser Pflicht­teil sofort aus­be­zahlt werden?

Kro­pi­unig: Nein. Auf­grund der neuen Rechts­la­ge können Pflicht­tei­le erst ein Jahr nach dem Tod des Erb­las­sers geltend gemacht werden. Das eröff­net den Erben die Mög­lich­keit, sich auf die For­de­rung vor­zu­be­rei­ten.

Gerade bei Unter­neh­men könnte die Fäl­lig­keit des Pflicht­tei­les zu heiklen Situa­tio­nen führen.

Kro­pi­unig: Ja, darum hat der Gesetz­ge­ber zusätz­lich eine Mög­lich­keit zur Stun­dung der Pflicht­teils­zah­lung vor­ge­se­hen. Diese kann vom Erb­las­ser selbst im Tes­ta­ment oder vom Gericht auf Ver­lan­gen der Erben für maximal fünf Jahre verfügt werden. In Ein­zel­fäl­len kann das Gericht die Frist auf zehn Jahre erstre­cken. Damit wird ver­hin­dert, dass Erben Ver­mö­gens­be­stand­tei­le auf­grund sofort zu beglei­chen­der Pflicht­teils­for­de­run­gen ver­äu­ßern müssen.

Auch hier besteht nun die Mög­lich­keit, Rück­la­gen zu bilden. Ver­än­de­run­gen bewirkt das neue Erbrecht auch bei den Tes­ta­men­ten.

Kro­pi­unig: Richtig. Tes­ta­men­te, mit denen der Ehe­gat­te, Lebens­ge­fähr­te oder ein­ge­tra­ge­ne Partner zu Erben ein­ge­setzt wurde, werden durch die Schei­dung der Ehe bzw. Auf­lö­sung der Lebens­ge­mein­schaft auto­ma­tisch auf­ge­ho­ben, unab­hän­gig vom Ver­schul­den am Schei­tern der Bezie­hung.
Will man das nicht, muss dies im Tes­ta­ment ange­führt werden. Tes­ta­men­te, die nicht hand­ge­schrie­ben sind und von keinem Notar stammen, müssen neben der Unter­schrift des Test­a­tors auch einen hand­schrift­li­chen Zusatz ent­hal­ten, dass dies der letzte Wille des Erb­las­sers ist. Zudem müssen nun alle drei Tes­ta­ments­zeu­gen gleich­zei­tig anwe­send sein. Besteht die Mög­lich­keit, dass der Erb­las­ser ins Ausland zieht, ist im Tes­ta­ment fest­zu­hal­ten, dass auf die Ver­las­sen­schaft öster­rei­chi­sches Erbrecht zur Anwen­dung kommt, da sonst – auch für öster­rei­chi­sches Ver­mö­gen! – das Recht des Auf­ent­halts­staa­tes anzu­wen­den ist und das dortige Gericht zustän­dig ist. Ich emp­feh­le, bestehen­de Tes­ta­men­te von einem Rechts­an­walt prüfen und neue Tes­ta­men­te gleich vom Rechts­an­walt erstel­len zu lassen.

Neu ist ein Erbrecht von Lebens­ge­fähr­ten.

Kro­pi­unig: Und zwar auch ohne Tes­ta­ment, aber nur dann, wenn keine gesetz­li­chen oder tes­ta­men­ta­ri­schen Erben und ein­ge­tra­ge­nen Partner vor­han­den sind und die Lebens­ge­fähr­ten in den letzten drei Jahren in einem gemein­sa­men Haus­halt lebten. Da diese Reglung somit nur für Erb­las­ser ohne nahe Ange­hö­ri­gen gilt, sollte auch in Zukunft ein Tes­ta­ment zuguns­ten der Lebens­ge­fähr­ten errich­tet werden.

Berück­sich­tigt werden auch Pfle­ge­leis­tun­gen naher Ange­hö­ri­ger.

Kro­pi­unig: Nahe Ange­hö­ri­ge, die den Ver­stor­be­nen in den letzten drei Jahren vor seinem Tod min­des­tens sechs Monate lang unent­gelt­lich und nicht bloß gering­fü­gig, in der Regel also mehr als 20 Stunden pro Monat, gepflegt haben, erhal­ten ihren Aufwand aus der Erb­schaft ersetzt, dies auch ohne Anord­nung des Erb­las­sers. Die Zukunft wird zeigen, wie prak­ti­ka­bel diese Lösung ist.

 

 

Michael Kropiunig Michael Kro­pi­unig, Vize­prä­si­dent der Stei­er­mär­ki­schen Rechts­an­walts­kam­mer

WEITERE INFOR­MA­TIO­NEN:
www.rakstmk.at

Foto: Wilke

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