Sirius Alex­an­der Pansi|

Joy Rel­oa­ded

Wir leben in Zeiten, in denen man schon als verdächtig gilt, wenn man es wagt, gut gelaunt zu sein. Freude? „Was ist das denn für einer?“, denken die Leute.

Lächeln Sie einfach nur freund­lich, und schon fühlen sich andere an einen Kin­der­ge­burts­tag erin­nert – oder an die unver­schäm­te Mög­lich­keit, Sie könnten das Leben tat­säch­lich genie­ßen. Lebens­freu­de wird miss­trau­isch beäugt wie eine schlech­te Stil­ent­schei­dung oder, schlim­mer noch, als ein unver­zeih­li­ches Anzei­chen für Nai­vi­tät. Doch ahnen wir nicht alle ins­ge­heim, dass uns genau das fehlt? Freude ist wie der Akku des Smart­phones – chro­nisch leer, aber dennoch unver­zicht­bar. Höchste Zeit also für ein Joy Rel­oa­ded! Und Hand aufs Herz: Gibt es etwas Schö­ne­res, als die eigene Freude wieder auf­zu­la­den – zur Not auch auf Kosten anderer?

Die Tugend des Ego­is­mus: Warum Schen­ken die cle­vers­te Selbst­lie­be ist

„Geben ist seliger denn Nehmen.“ Schön gesagt, nicht? Aber unter uns Klos­ter­schwes­tern: Haben Sie nach einer groß­zü­gi­gen Geste jemals gedacht: „Wer pro­fi­tiert hier wirk­lich?“ Natür­lich, ich! Dieses warme Gefühl, das in einem auf­steigt, wenn der Beschenk­te leicht ver­stört „Danke“ murmelt, während er sich ins­ge­heim fragt, wie er diese erdrü­cken­de Schuld jemals beglei­chen soll – einfach unbe­zahl­bar! Und zur Krönung beweist die Wis­sen­schaft auch noch: Schen­ken macht uns glück­li­cher und das sogar länger, als wenn wir das Geld für uns selbst aus­ge­ben würden (Dunn, Aknin & Norton, 2008).
Hier steckt die wahre Genia­li­tät: Geben ist der ele­gan­tes­te Weg, sich selbst zu ver­wöh­nen. Man gibt den Wohl­tä­ter, sonnt sich im Licht der eigenen Groß­zü­gig­keit, und während der andere noch schlaf­los grübelt, wie er dieses „große Geschenk“ jemals aus­glei­chen kann, fühlt man sich längst wie der König der Tugend­haf­tig­keit. Altru­is­mus? Natür­lich! Aber die fein­sin­nigs­te Form von Ego­is­mus. Und wer könnte da schon wider­spre­chen?

Freund­lich­keit und Höf­lich­keit: ein kaum zu unter­schei­den­des Zwil­lings­paar

Ach, wer kennt sie nicht, die Mini­ma­lis­ten der Höf­lich­keit? Ein mecha­ni­sches „Bitte“ hier, ein kno­chen­tro­cke­nes „Danke“ dort – Haupt­sa­che, man erfüllt die sozia­len Erwar­tun­gen und tut, was unbe­dingt nötig ist. Freund­lich­keit hin­ge­gen, das ist eine andere Kate­go­rie. Warm, echt, ein wenig über­schwäng­lich – und ehrlich gesagt oft völlig über­flüs­sig, wenn man sich das Ergeb­nis anschaut. Denn seien wir ehrlich: Beide Vari­an­ten bringen den­sel­ben Cap­puc­ci­no, nur der eine mit künst­li­chem Lächeln, der andere mit auf­rich­ti­gem Strah­len.

Wozu also die Mühe? Warum emo­tio­nal inves­tie­ren, wenn es auch auf Spar­flam­me geht? Die Höf­lich­keit tut’s doch auch. Man spart Energie und bleibt dabei unsicht­bar in der Menge. Wer braucht schon echtes Enga­ge­ment, wenn am Ende doch nur der Kof­fe­in­spie­gel zählt? Selbst die „Joy Reloaded“-Bewegung lässt sich in diesem mini­ma­lis­ti­schen Modus betrei­ben. Freude light, sozu­sa­gen.

Anstand und Respekt: alt­mo­di­sche Relikte oder doch geheime Super­kräf­te?

Denken Sie mal an Anstand und Respekt. Sofort drängen sich die unver­meid­li­chen Bilder auf: Groß­mutter, die auf ihre Anstands­re­geln pocht, die end­lo­sen Lek­tio­nen über das rich­ti­ge Beneh­men. Man könnte meinen, man hätte eine Zeit­rei­se in die bie­ders­ten Epochen gemacht. „Bitte“, „Danke“, „Ent­schul­di­gung“ – diese ewigen Mantras, die so anti­quiert erschei­nen, dass man unwill­kür­lich das Handy zücken möchte, um etwas Span­nen­de­res zu tun. Aber Moment mal, bevor Sie sich ablen­ken: Was wäre, wenn genau diese fast schon aus­ge­stor­be­nen Tugen­den unser ram­po­nier­tes sozia­les Gefüge wieder zusam­men­hal­ten könnten?

Ein kleiner Schuss Anstand hier, ein Hauch von Respekt dort – und schon läuft das gesell­schaft­li­che Uhrwerk wieder wie geschmiert. Nein, niemand erwar­tet von Ihnen, dass Sie sich in einen steifen Dan­dy­an­zug werfen und jedes Gespräch mit einem Bück­ling beenden. Aber viel­leicht reicht es schon, den anderen einfach als Men­schen zu sehen – mit all seinen Unvoll­kom­men­hei­ten und schrä­gen Eigen­hei­ten. Viel­leicht könnten wir dann den „sozia­len Über­le­bens­kampf“ etwas ele­gan­ter und freund­li­cher bestrei­ten. Respekt als heim­li­che Waffe im all­täg­li­chen Kon­kur­renz­kampf um den letzten Platz im Bus? Warum nicht!

Wis­sen­schaft und Freude: eine absurde Liaison?

Und jetzt zum wirk­lich Amü­san­ten: Freude und Wis­sen­schaft – zwei Welten, die auf den ersten Blick nichts mit­ein­an­der zu tun haben. Freude, diese chao­ti­sche, kaum greif­ba­re Emp­fin­dung, und Wis­sen­schaft, streng und emo­ti­ons­los. Und doch: Die Wis­sen­schaft beweist, dass Freude nicht nur unsere Laune hebt, sondern uns auch krea­ti­ver, offener und sogar erfolg­rei­cher macht (Fred­rick­son, 2001). Ja, richtig gehört!

Während die Opti­mie­rungs­hys­te­ri­ker noch ihre Zeit in Arbeits­grup­pen ver­brin­gen und sich in Erfolgs­stra­te­gien ver­lie­ren, könnten Sie sich ganz ent­spannt zurück­leh­nen, einen Witz machen und heim­lich die Kar­rie­re­lei­ter erklim­men. Freude ist ein echter Turbo für den Kopf, und das Beste daran: Keiner will es zugeben. Aber wieso den Spaß nicht zur ernst­haf­ten Lebens­stra­te­gie erheben? Nur für den Fall, dass die anderen es doch noch bemer­ken.

Dank­bar­keit: die heim­li­che Super­kraft, die sich nicht kaufen lässt

Ah, Dank­bar­keit. Das klingt doch nach Yoga-Retreat und sanftem Gong­schlag, ver­sun­ken in Räu­cher­stäb­chen­schwa­den, oder? Aber bevor Sie abwin­ken: Dank­bar­keit ist ein Muskel – je öfter man ihn trai­niert, desto stärker wird er. Im Gegen­satz zu den meisten Fit­ness­pro­gram­men lässt dieser Muskel Sie nie im Stich. Men­schen, die regel­mä­ßig Dank­bar­keit üben, leben nicht nur glück­li­cher, sie sind gesün­der und länger auf dieser Welt (Emmons & McCull­ough, 2003). Ein echtes Wun­der­mit­tel, und das Beste daran: Sie müssen sich dafür nicht einmal ins Fit­ness­stu­dio schlep­pen.
Das Sub­ver­si­ve an der Dank­bar­keit? Sie zeigt uns, was wir bereits haben, in einer Welt, die uns ständig glauben macht, dass es nie genug ist. Während die anderen also wie beses­sen auf der Suche nach „mehr“ durchs Leben hetzen, lehnen Sie sich ent­spannt zurück, denken kurz an all das, was bereits da ist, und fühlen sich wie der Herr­scher eines Reichs, das niemand Ihnen weg­neh­men kann. Klingt gut? Ist es auch.

Freude als Lebens­kunst: der mini­ma­lis­ti­sche Ansatz

Und nun zum Höhe­punkt: Freude ist keine kom­pli­zier­te Phi­lo­so­phie. Es braucht keine tief­grün­di­gen Theo­rien, um sie zu ver­ste­hen. Oft reicht es, den ganzen unnö­ti­gen Ballast abzu­wer­fen und sich auf das Wesent­li­che zu kon­zen­trie­ren. Die alten Stoiker – unbe­strit­ten die Spiel­ver­der­ber ihrer Zeit – haben das längst erkannt: Es ist nicht wichtig, was uns wider­fährt, sondern wie wir darauf reagie­ren. Weniger Drama, mehr echte Momente. Der Duft eines frisch gebrüh­ten Kaffees am Morgen, ein Glas Wein mit Freun­den, das uner­war­te­te Lächeln eines Fremden – das sind die kleinen Kunst­grif­fe des Lebens. Und das Schöns­te daran? Dieser Luxus ist für jeden ver­füg­bar, ohne dass er Ihnen auch nur einen Cent kostet.

Fazit: Freude als ver­steck­te Über­le­bens­stra­te­gie

Wenn es etwas gibt, das wirk­lich revo­lu­tio­när ist, dann ist es nicht der nächste große Erfolg, sondern die Wie­der­ent­de­ckung der Freude. Joy Rel­oa­ded bedeu­tet, die Fähig­keit zur Lebens­freu­de zurück­zu­er­obern – nicht als hoch­tra­ben­des Ideal, sondern als prag­ma­ti­sche Not­wen­dig­keit. Es braucht keine großen Pläne, keine dra­ma­ti­schen Wen­dun­gen. Oft reicht ein ein­fa­ches Lächeln, eine kleine freund­li­che Geste und der bewuss­te Einsatz Ihres „Dank­bar­keits­mus­kels“.
Denn am Ende des Tages ist es die Freude, die das Leben nicht nur erträg­lich, sondern wirk­lich schön macht – und wer würde sich schon damit zufrie­den­ge­ben, nur zu über­le­ben, wenn man auch ein biss­chen dabei lachen k ann?

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