Einchecken in den eigenen vier Wänden

Willkommen daheim – auch im Urlaub: Ferienimmobilien sind stark nachgefragt. Aber hat man es noch mit einem Boom oder schon mit einer Blase zu tun? Johannes Tratz, Experte für Immobilienfinanzierung, über einen anspruchsvollen Markt.

Ein Haus am Strand, eine Hütte in den Bergen, ein Appartement in der Metropole: Ein Eigenheim dort, wo andere und man selbst gerne Urlaub machen, steht bei vielen auf die Wunschliste. Tatsächlich erspart man sich damit nicht nur die Hotelsuche, eine Investition in eine Ferienimmobilie kann auch als Kapitalanlage einen finanziellen Mehrwert bringen. Die Nachfrage steigt jedenfalls und hat mehrere Schübe hinter sich: Zunächst war es die Finanzkrise, zuletzt befeuerten die Reisebeschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie die Sehnsucht nach eigenen Ferienimmobilien in Österreich. Und jetzt verstärken auch noch die Turbulenzen durch den Krieg in der Ukraine den Trend: Zerrissene Lieferketten, explodierende Rohstoffpreise und eine angeheizte Inflation haben Investitionen in Immobilien noch attraktiver gemacht. Sie gelten gemeinhin als krisenfest, meist als wertbeständig und im besten Fall als lukrative Veranlagung beziehungsweise potenzielle Einnahmequelle in zunehmend wackeligen Zeiten.

„Die Menschen sehnen sich nach Sicherheit“, sagt Johannes Tratz. Der Steirer ist Veranlagungsexperte am Grazer Standort des österreichweit agierenden Beratungsunternehmens FiNUM und hat sich unter anderem auf die Finanzierung von Immobilien spezialisiert. Auch er ortet eine wachsende Nachfrage nach Wohnungen und Häusern – als eigenen Wohnraum, aber auch fixes Urlaubsdomizil. Einfacher ist es für Investoren in diesem Bereich aber nicht geworden. Das Netz an Vorschriften wird stetig dichter.

Vor dem Erwerb einer Ferienimmobilie sollten daher finanzierungstechnische, gesetzliche und steuerliche Fragen geklärt werden, unterstreicht Johannes Tratz die generellen Grundvoraussetzungen. Was es abseits von gesetzlichen Normen auch individuell zu klären gelte, seien Art und Möglichkeit der Bewirtschaftung: Will man die Immobilie nur selbst nutzen oder auch vermieten? Mit welchen Renditen darf man rechnen? Und mit welchen Zusatzkosten ist das verbunden beziehungsweise ist es überhaupt erlaubt? Gerade bei Ferienimmobilien spielen Zweitwohnsitzgesetze und lokale bis regionale Nutzungsreglements eine besondere Rolle. So hat die Steiermark gerade erst eine Zweitwohnsitzabgabe von bis zu zehn Euro pro Quadratmeter eingeführt.

Damit will man Spekulanten bremsen. Der Trend hin zu den „eigenen vier Wänden“ an einer Urlaubsdestination im Grünen oder am Wasser hält aber weiter an. Die „Fluchtmöglichkeit“ aus der Stadt aufs Land und in höhere Lagen wird in Zeiten steigender Temperaturen – Stichwort Klimawandel – attraktiver. Dazu wächst der Wunsch nach einem hohen Eigenversorgungsgrad bei Energie und Lebensmitteln beispielsweise durch einen kleinen Garten, ortet Tratz eine „neue Sehnsucht nach dem alten Biedermeier“.

Ob Vermietbarkeit oder eigene Zufriedenheit: Will man beides optimieren, ist vor allem der Standort entscheidend. Das Motto „Lage, Lage, Lage“ gilt weiterhin und insbesondere für Ferienimmobilien. Was nutzt die modernste Ausstattung, wenn der Standort nicht stimmt? Was hat man von einem Haus „am Meer“ oder „am See“ oder Skilift, wenn sich hinter dem „am“ erst wieder eine kürzere Autofahrt oder ein längerer Fußmarsch verbirgt? Dazu, so Tratz, werde die Homeofficetauglichkeit einer Ferienimmobilie – also eine leistungsstarke und stabile Internetversorgung plus im besten Fall getrennten „Büro“-Räumlichkeiten – ein immer wichtigerer Aspekt.

Der Kriterienkatalog wächst im Fall einer geplanten Vermietung. Idyllische Rückzugsorte sind nicht erst seit Corona hoch im Kurs, aber zu weit weg „vom Schuss“ lässt auch die Nachfrage von Mietern schrumpfen. Und wie ist es um die Infrastruktur in der Umgebung bestellt? Gibt es Restaurants, Einkaufsmöglichkeiten und Möglichkeiten für Schlechtwetteraktivitäten? Wie sieht die Konkurrenz vor Ort aus? Das alles wirkt sich auf die Vermietbarkeit und schließlich auch auf die Rendite aus. Eine Restunsicherheit bleibt wie beispielsweise die gerade in den letzten Wochen und Monaten stark steigenden Energiekosten oder die Frage, wie sich die sprunghaft angestiegene Inflation und damit die Zinsentwicklung am Kapitalmarkt weiterentwickeln.

Diese Unruhe spürt auch der Ferienimmobilienmarkt, der noch dazu mit den Verwerfungen am Beschaffungsmarkt zu kämpfen hat. Gerade bei Neubauten. Bauträger können nur noch auf Tagespreisbasis kalkulieren. Es gibt keine Garantie mehr, wann man was zu welchen Kosten erhält. Durch diese Komplikationen und daraus folgenden Verzögerungen und Unabwägbarkeiten steigt daher auch bei Ferienimmobilien die Nachfrage nach bestehendem Altbestand. „Da weiß man, was man wann bekommt“, streicht Tratz die Vorzüge heraus. Am Zweitmarkt habe man eine zumindest absehbare Berechnungsgrundlage, während bei Neubauprojekten die Kosten derzeit nicht kalkulierbar sind.

Mögliche Fallstricke gibt es aber auch bei Gebrauchtimmobilien. Zum einen die Frage der Finanzierung. Denn auch der Zweitmarkt spürt die steigende Nachfrage nach Immobilien enorm. Die Preise gehen teilweise durch die Decke. Zum anderen gilt es einen möglicherweise notwendigen Sanierungsbedarf, gerade was die Energieversorgung angeht, zu beachten. Da treten Nachrüstvorhaben bei Ferienimmobilien wiederum in direkte Konkurrenz mit Bestandsimmobilien wie Reihen- oder Einfamilienhäusern, wo die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen aktuell ebenfalls enorm hoch, der entsprechende Markt beinahe „ausverkauft“ und Fördertöpfe schnelle ausgeleert sind.

Ferienimmobilien als Investition und Anlageform bleiben lukrativ, es brauche aber eine genaue Marktanalyse und fundierte und krisenfeste Finanzierungskonzepte, fasst Tratz die aktuelle Situation zusammen.

Fotocredit: Robert Frankl

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