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Digi­ta­li­sie­rung in der Arbeits­welt

Die Digi­ta­li­sie­rung schrei­tet in großen Schrit­ten voran und während zahl­rei­che Inno­va­tio­nen aus dem berühm­tes­ten Tal der ame­ri­ka­ni­schen Wüste bereits im Alltag der meisten Men­schen ange­kom­men sind, pas­sie­ren direkt vor unserer Haustür Ent­wick­lun­gen, welche ebenso bahn­bre­chend und zukunfts­wei­send sind. Die stei­ri­sche Rechts­an­walts­kam­mer-Prä­si­den­tin Gabrie­le Krenn zu recht­li­chen Fragen bei Home­of­fice & Co.

Welche Wech­sel­wir­kun­gen sehen Sie zwi­schen der fort­schrei­ten­den Digi­ta­li­sie­rung und dem Arbeits­le­ben?

Gabrie­le Krenn • Trotz der oft vor­han­de­nen digi­ta­len Mög­lich­kei­ten hat niemand ein Recht darauf, statt im Unter­neh­men des Dienst­ge­bers zu arbei­ten von zu Hause aus oder von einem sonst frei gewähl­ten Ort aus zu arbei­ten.

Trotz­dem wird das Home­of­fice mehr und mehr ver­brei­tet. Immer öfter wird in Dienst­ver­trä­gen ver­ein­bart, dass Arbeits­leis­tung von zu Hause aus erbracht werden kann. In vielen Berei­chen wird diese Ent­wick­lung nur durch die fort­schrei­ten­de Digi­ta­li­sie­rung möglich. Sie ermög­licht die „Anbin­dung“ des sonst orts­ab­we­sen­den Mit­ar­bei­ters an das Unter­neh­men.

Was sind die Motive für diese Ent­wick­lung?

Krenn • Ich glaube, es liegt auf der Hand, dass der Wunsch nach bes­se­rer Ver­ein­bar­keit von Beruf und Familie dabei eine wesent­li­che Rolle spielt. Der Wunsch nach einem Home­of­fice ist Aus­druck des Wun­sches nach einer bes­se­ren Work-Life-Balance.

Es ent­fal­len Weg­zei­ten, was vor allem für Dienst­neh­mer wesent­lich ist, die lange Anfahrts­zei­ten in Kauf nehmen mussten/müssten. Dazu kommt, dass die Arbeit im Home­of­fice nur sehr selten mit fixen Arbeits­zei­ten ver­bun­den ist.

Wäre es nicht nahe­lie­gend, dem Dienst­neh­mer, der im Home­of­fice arbei­tet, in der Wahl seiner Arbeits­zeit völlig freie Hand zu lassen?

Krenn • Jeden­falls abzu­leh­nen wäre die Ver­ein­ba­rung völlig freier Arbeits­zei­ten. Ein solches Modell wäre mit unserem Arbeits­zeit­recht nicht ver­ein­bar. Ein sinn­vol­ler Mit­tel­weg aber wäre eine Gleit­zeit­ver­ein­ba­rung.

Wie kann man den Wunsch des Dienst­ge­bers nach einem Min­dest­maß an gere­gel­ter Ver­füg­bar­keit und das Recht des Dienst­neh­mers auf freie Zeit­ein­tei­lung gut in Ein­klang bringen?

Krenn • Häufig bedeu­tet die Anbin­dung des Dienst­neh­mers über digi­ta­le Medien eine fak­tisch stän­di­ge Erreich­bar­keit. Das wie­der­um führt dazu, dass durch Tele­fo­na­te oder E‑Mails die Frei­zeit unter­bro­chen wird. Auch wenn es nur um wenige Minuten der Auf­merk­sam­keit geht, liegt eine Unter­bre­chung der Frei­zeit und der Ruhe­zeit vor. Das Lesen von dienst­li­chen E‑Mails oder gar das Beant­wor­ten ist – auch wenn es noch so wenig Zeit in Anspruch nimmt – Dienst­zeit. Das muss auch dem Dienst­ge­ber bewusst sein. Wahr­schein­lich sollte man die Ver­füg­bar­keit der digi­ta­len Medien zeit­lich sinn­voll beschrän­ken und sie an die ver­ein­bar­ten Dienst­zei­ten koppeln.

Worin besteht Ihrer Meinung nach das Risiko einer stän­di­gen Ver­füg­bar­keit in recht­li­cher Hin­sicht?

Krenn • Es wird in diesen Fällen die Ruhe­zeit, die gesetz­lich vor­ge­ge­ben ist, unter­bro­chen. Wenn diese Arbeits­zeit nicht erfasst wird oder man sich darüber nicht im Klaren ist, dass es sich dabei um Unter­bre­chun­gen der Ruhe­zeit handelt, drohen spä­tes­tens im Kon­flikt­fall mit dem Dienst­neh­mer Ver­wal­tungs­stra­fen, weil spä­tes­tens dann die Sank­tio­nie­rung des Arbeit­ge­bers wegen eines Ver­sto­ßes gegen das Arbeits­zeit- oder das Arbeits­ru­he­ge­setz droht.

Viele Arbeit­ge­ber sind sich dieses Risikos nicht bewusst. Es ist daher anzu­ra­ten, die auch nur zeit­wei­se Unter­bre­chung der Frei­zeit durch den Dienst­neh­mer genau im Auge zu haben, sich dieses Pro­blems bewusst zu sein und allen­falls strikte Vor­ga­ben über die Ein­hal­tung der Ruhe­zeit an die Mit­ar­bei­ter aus­zu­ge­ben.

Wie kann man hier vor­beu­gen?

Krenn • Einer­seits natür­lich durch klare geset­zes­kon­for­me Rege­lun­gen mit dem Dienst­neh­mer. So muss z.B. auch in Gleit­zeit­ver­ein­ba­run­gen darauf geach­tet werden, dass die vor­ge­schrie­be­nen Ruhe­zei­ten und Höchst­ar­beits­zei­ten ein­ge­hal­ten werden.

Ande­rer­seits aber natür­lich durch kor­rek­te Auf­zeich­nung der zu Hause geleis­te­ten Arbeit. Es sollte auch aus­drück­lich klar­ge­stellt werden, dass jede private Unter­bre­chung der Arbeits­zeit Eingang in die Auf­zeich­nun­gen findet und es sollte aus­drück­lich ver­ein­bart werden, dass diese Auf­zeich­nun­gen dem Dienst­ge­ber zeitnah über­ge­ben werden müssen. Wenn eine Erreich­bar­keit über die ver­ein­bar­te Arbeits­zeit hinaus gewünscht ist, muss das auch ver­ein­bart und vor allem bezahlt werden. Ruf­be­reit­schaft ist zu ent­loh­nen. Das wird oft ver­ges­sen.

Gibt es abge­se­hen von Fragen um die Arbeits­zeit noch inter­es­san­te Themen?

Krenn • Ja, absolut. Es gibt eine Reihe von Fragen, die in Ver­ein­ba­run­gen mit dem Dienst­neh­mer ange­spro­chen werden sollten, z. B. die Frage nach den Arbeits­mit­teln, wer instal­liert sie, wie dürfen sie ver­wen­det werden, wie sind Geheim­hal­tungs­in­ter­es­sen zu schüt­zen?

Wie hat der Dienst­neh­mer die Fragen des Daten­schut­zes zu behan­deln?

Krenn • Erfah­rungs­ge­mäß haben bei einer Tätig­keit im Home­of­fice Ange­hö­ri­ge leich­ter Zugang zu Infor­ma­tio­nen und Daten unter­schied­lichs­ter Art als in einem Büro, das vom Wohnort getrennt ist.

Gibt es außer Rege­lun­gen zur Arbeits­zeit weitere Schutz­be­stim­mun­gen, die für den Arbeit­neh­mer an Tele-Bild­schirm­ar­beits­plät­zen im Home­of­fice zur Anwen­dung kommen?

Krenn • Ja, es sind die Arbeit­ge­ber z.B. ver­pflich­tet, Tele-Bild­schirm­ar­beits­plät­ze ergo­no­misch zu gestal­ten. Es sind die dem Stand der Technik und den ergo­no­mi­schen Anfor­de­run­gen ent­spre­chen­den Bild­schirm­ge­rä­te-Moni­to­re, Tas­ta­tu­ren etc. zur Ver­fü­gung zu stellen.

Die Arbeit­ge­ber müssen aller­dings keine Arbeits­ti­sche und sons­ti­ge Möbel zur Ver­fü­gung stellen. Wenn sie es aber tun, müssen sie den erfor­der­li­chen ergo­no­mi­schen Anfor­de­run­gen ent­spre­chen.

Es gab aber doch auch schon ver­si­che­rungs­recht­li­che Fragen.

Krenn • Ja, das stimmt. Da war z.B. vor nicht allzu langer Zeit die Frage nach dem Schutz bei einem Unfall auf dem Weg vom eigent­li­chen Arbeits­platz im Home­of­fice zur Toi­let­te.

Viele der­ar­ti­ge Fragen sind noch offen. Auch die mit dem 3. COVID-19-Gesetz ange­streb­ten Klar­stel­lun­gen für die Ver­rich­tung lebens­not­wen­di­ger Bedürf­nis­se am Auf­ent­halts­ort und in dessen Nähe sind mit Jah­res­en­de befris­tet, sodass spä­tes­tens ab dann die alten Unklar­hei­ten wieder in vollem Umfang bestehen werden.

www.rakstmk.at

 

Foto: Gabrie­le Krenn, Prä­si­den­tin der Stei­er­mär­ki­schen Rechts­an­walts­kam­mer

Foto­credit: Furgler

 

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