JUST-Redaktion|

Die digi­ta­le Zukunft beginnt jetzt

In der neuen Arbeits­welt kommt es auf die Technik an. Aber noch mehr auf die Bereit­schaft, sich auf lebens­lan­ges Lernen ein­zu­las­sen.

Der schwe­di­sche Oxford-Ökonom Carl Bene­dikt Frey ist kein großer Freund der Digi­ta­li­sie­rung. Aber viel­leicht sollte man ihn gerade des­we­gen fragen, wenn es um die Arbeit in zwei oder drei Jahr­zehn­ten geht: „Mensch­li­che Krea­ti­vi­tät oder soziale Inter­ak­ti­on etwa sind schwer digi­ta­li­sier­bar“, sagte er nämlich kürz­lich in einem Inter­view mit der deut­schen Wirt­schafts­wo­che. Diese Aussage deckt sich gut mit den Erwar­tun­gen öster­rei­chi­scher Indus­trie­un­ter­neh­men. „Dass tech­no­lo­gi­sche Ent­wick­lun­gen zumeist mit Beschäf­ti­gungs­ver­lus­ten ein­her­ge­hen, ist keine neue Erkennt­nis. Zumeist kommt es aber zu neuen Beschäf­ti­gungs­op­tio­nen in anderen/angelagerten Bran­chen und somit per Saldo bzw. aus volks­wirt­schaft­li­cher Per­spek­ti­ve zu posi­ti­ven Beschäf­ti­gungs­ef­fek­ten“, ist eine Kern­aus­sa­ge der Studie „Skills for the Future“ des Insti­tuts für Bil­dungs­for­schung der Wirt­schaft.

Die digi­ta­le Zukunft – in vieler Hin­sicht bereits digi­ta­le Gegen­wart – stellt keine Option dar, sie ist Rea­li­tät. Wer sich ihr ent­ge­gen­stemmt, muss sie erlei­den. Wer sich ihr aber stellt, kann sie gestal­ten und nutzen. Das haben viele Unter­neh­men längst begrif­fen, bestä­tigt auch eine Unter­su­chung von Pri­ce­wa­ter­hous­e­Coo­pers (PwC) aus dem Jahr 2015:

„Die vierte indus­tri­el­le Revo­lu­ti­on bedeu­tet eine zuneh­men­de Digi­ta­li­sie­rung von Pro­duk­ten, Wert­schöp­fungs­ket­ten und Geschäfts­mo­del­len – diese Ent­wick­lun­gen sind in der öster­rei­chi­schen Indus­trie ein­deu­tig ange­kom­men“,

so der Befund.

Die Anzahl der hoch­di­gi­ta­li­sier­ten Unter­neh­men werde sich in den nächs­ten fünf Jahren mehr als ver­drei­fa­chen. Diese „Indus­trie 4.0“ berge „viel­fäl­ti­ge Her­aus­for­de­run­gen und Chancen für den Wirt­schafts­stand­ort Öster­reich“. Fol­ge­fra­ge: Was heißt das für Men­schen, die in diesen Unter­neh­men arbei­ten und vor allem in Zukunft arbei­ten wollen? Schnel­le Antwort: Technik. Die „Skills for the future“-Studie geht davon aus, dass in den nächs­ten fünf Jahren eine Beschäf­ti­gungs­aus­wei­tung im tech­ni­schen Bereich zu erwar­ten ist – und zwar auf allen Levels, vom tech­ni­schen Lehr­be­ruf bis zur tech­ni­schen Uni­ver­si­tät.

Die „Skills for the future“-Studie geht davon aus, dass in den nächs­ten fünf Jahren eine Beschäf­ti­gungs­aus­wei­tung im tech­ni­schen Bereich zu erwar­ten ist – und zwar auf allen Levels, vom tech­ni­schen Lehr­be­ruf bis zur tech­ni­schen Uni­ver­si­tät.

Stabil, so die Unter­su­chung weiter, bleibt die Beschäf­ti­gungs­ent­wick­lung für Men­schen mit wirt­schaft­li­chen bzw. admi­nis­tra­ti­ven Aus­bil­dungs­schwer­punk­ten zumin­dest auf Matu­ra­ni­veau. Was zum zen­tra­len Punkt führt: Es geht um Bildung. Zuerst einmal um Aus­bil­dung. Es genügt nicht, die Bil­dungs­zeit abzu­die­nen, es geht darum, ein Bil­dungs­ziel zu errei­chen – Wissen und Skills zu erwer­ben. „Wich­tigs­tes Anlie­gen ist das Her­an­bil­den und die Stär­kung wert­ori­en­tier­ter, ganz­heit­lich ‚gebil­de­ter‘ Per­sön­lich­kei­ten. Dazu gehört die Aneig­nung von Wissen, die Aus­bil­dung der eigenen Lern­fä­hig­keit (‚Lernen lernen‘) und der Erwerb einer umfas­sen­den All­ge­mein­bil­dung.“ So steht es in einem Posi­ti­ons­pa­pier der Indus­tri­el­len­ver­ei­ni­gung.

Lernen ist ein lebens­lan­ger Beglei­ter und damit auch eine lebens­lan­ge Chance, die man immer nutzen kann: Weiter- und Fort­bil­dung ist nicht den Berufs­an­fän­gern vor­be­hal­ten, ganz im Gegen­teil. Prak­tisch alle Unter­neh­men (96 Prozent) geben an, bereits bei der Auswahl neuer Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter darauf zu achten, dass diese die not­wen­di­gen Kom­pe­ten­zen mit­brin­gen, was ihnen niemand ver­den­ken wird. Aber mehr als 70 Prozent wollen in Zukunft auch ver­stärkt betriebs­in­ter­ne Wei­ter­bil­dungs­maß­nah­men für Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter anbie­ten, die bereits im Unter­neh­men tätig sind.

Es geht nicht nur um Technik, Physik, Mathe­ma­tik, die Kennt­nis­se der deut­schen und der eng­li­schen Sprache. Es geht um das, was etwas sperrig per­sön­li­che und soziale Kom­pe­tenz genannt wird. Was das ist, zeigt bereits eine Befra­gung stei­ri­scher Betrie­be der Volks­wirt­schaft­li­chen Gesell­schaft aus dem Jahr 2009 zu den Auf­nah­me­kri­te­ri­en für Lehr­lin­ge. Da tauchen Begrif­fe auf wie Genau­ig­keit und Sorg­falt, Aus­dau­er und Belast­bar­keit, Leis­tungs- und Ver­ant­wor­tungs­be­reit­schaft, selbst­stän­di­ges Arbei­ten oder Zuver­läs­sig­keit, aber auch Team- und Kon­flikt­fä­hig­keit. Oder Kri­tik­fä­hig­keit. Dazu gehört es auch, bezüg­lich aller dieser erwünsch­ten bzw. gefor­der­ten Eigen­schaf­ten das Loch zwi­schen Eigen­wahr­neh­mung („ich bin groß­ar­tig“) und dem Ein­druck auf andere zu schlie­ßen. Was nur geht, wenn man kri­ti­sche Rück­mel­dun­gen anneh­men kann und sich wei­ter­ent­wi­ckeln will.

Das ist das Um und Auf: Die Wei­ter­bil­dungs- und Lern­be­reit­schaft müsse zuneh­men, um den aktu­el­len und künf­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen gerecht zu werden, sind Unter­neh­men in großer Zahl über­zeugt (Skills for the future). Dazu passend: ein Gefühl für das Ent­wi­ckeln neuer Ideen und die Bereit­schaft zur Über­nah­me neuer Auf­ga­ben. Nicht zu ver­ges­sen: Eng­lisch wäre gut.

Spie­lend Wirt­schaft & Technik lernen

Wenn Schüler stun­den­lang ganz auf ihr Handy ver­ges­sen, muss sie schon etwas ganz beson­ders fas­zi­nie­ren. Es könnte sich um Busi­ness Master handeln, eines von meh­re­ren Brett­spie­len der stei­ri­schen Firma Frey­spiel, die vielen inter­es­sier­ten Lehrern an öster­rei­chi­schen Schulen die Spiele kos­ten­los zur Ver­fü­gung stellt.

„Unsere Spiele haben das Ziel, Schüler besser auf die Anfor­de­run­gen des Berufs­le­bens vor­zu­be­rei­ten, um damit ihre Job­chan­cen zu ver­bes­sern“, schil­dert Jakob Frey die Inten­ti­on. „Wir erzäh­len Geschich­ten, welche die Schüler inter­es­sie­ren und bieten den Lehrern moder­nes und fächer­über­grei­fen­des, pro­jekt­ori­en­tier­tes Mate­ri­al. Das didak­ti­sche Prinzip der Busi­ness School­ga­mes beruht darauf, Wirt­schaft und Berufe am Bei­spiel von echten Unter­neh­men zu ver­an­schau­li­chen, zu denen die Schüler ent­we­der schon einen Bezug haben oder sich dieser leicht her­stel­len lässt. Pro­dukt­wer­bung oder Ver­kaufs­för­de­rung sind aber aus­drück­lich ver­bo­ten.“

Das Spiel­prin­zip ent­spricht einer Kom­bi­na­ti­on aus Mono­po­ly und Trivial Pursuit. Statt Straßen kaufen heißt es Unter­neh­men gründen, statt ein Haus zu bauen, inves­tiert der Spieler in sein Unter­neh­men und statt ein Hotel zu bauen, wandelt er sein Unter­neh­men in eine Akti­en­ge­sell­schaft um und geht danach an die Börse. Das Spiel wurde spe­zi­ell für den Wirt­schafts­un­ter­richt ent­wi­ckelt und beinhal­tet Fra­ge­kar­ten, die dem Lehr­ziel­ka­ta­log des Euro­päi­schen Wirt­schafts­füh­rer­scheins ange­passt sind.

Öster­reich­weit findet jedes Jahr ein Turnier statt, heuer ist das Finale für Ende Mai in den Stahl­wel­ten der Voest in Linz ange­setzt. Finan­ziert wird das alles durch die im Spiel vor­kom­men­den Firmen, die vor allem poten­zi­el­le künf­ti­ge Mit­ar­bei­ter auf sich auf­merk­sam machen wollen. Seit dem Vorjahr gibt es übri­gens auch ein Spiel namens MINT-Master. Es befasst sich gezielt mit Fragen aus den Berei­chen Chemie, Physik, Infor­ma­tik, Mathe­ma­tik und Bio­lo­gie, funk­tio­niert sonst aber wie Busi­ness Master.

Quelle: ibw-IV-Qua­li­fi­ka­ti­ons­be­darfs­er­he­bung 2016/Schriftliche Befra­gung 85 Unter­neh­men mit 92.992 Beschäf­tig­te

 

Foto: Mathias Kniepeiss

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