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Che­fin­nen auf der Über­hol­spur

Die Rich­tung stimmt, aber es braucht noch mehr Ermu­ti­gung, Sicht­bar­keit und bessere Rah­men­be­din­gun­gen für Unter­neh­me­rin­nen: Gabi Lechner, Vize­prä­si­den­tin der WKO Stei­er­mark und Lan­des­vor­sit­zen­de von „Frau in der Wirt­schaft“, über bis­he­ri­ge Erfolge und die Not­wen­dig­keit gesell­schafts­po­li­ti­schen Umden­kens.

Mehr als jedes dritte Unter­neh­men in Öster­reich wurde 2020 von einer Frau gelei­tet. Vor allem im Dienst­leis­tungs­sek­tor liegen Frauen deut­lich vorne. Bei Fir­men­grün­dun­gen bewegen sie sich über­haupt auf Rekord­kurs – im Ver­gleich zu 2004 ist der Pro­zent­satz von 35,2 Prozent auf 45,2 Prozent im Jahr 2020 gestie­gen. Gemein­sam leisten Unter­neh­me­rin­nen 293 Mil­lio­nen Arbeits­stun­den, etwa die Hälfte hat Kinder. In der Stei­er­mark geben die von Frauen geführ­ten Ein­zel­un­ter­neh­men rund 11.400 Per­so­nen einen Arbeits­platz. Die Fach­grup­pen mit dem höchs­ten Anteil an Che­fin­nen sind Fuß­pfle­ger, Kos­me­ti­ker und Mas­seu­re, gefolgt von Fri­seu­ren sowie Mode- und Beklei­dungs­tech­nik. In tech­ni­schen Lehr­be­rufs­grup­pen kann der Bereich Chemie und Kunst­stoff mit mehr als 35 Prozent den höchs­ten Frau­en­an­teil und den höchs­ten Zuwachs seit 2005 ver­zeich­nen. Um noch mehr Mädchen für die Technik zu begeis­tern, braucht es aber eine nach­hal­ti­ge Ver­än­de­rung von Rol­len­bil­dern.

Von der Kleinst­un­ter­neh­me­rin bis zur Top­ma­na­ge­rin ver­tritt das Netz­werk „Frau in der Wirt­schaft“ (FiW) der Wirt­schafts­kam­mer Öster­reich die Inter­es­sen selbst­stän­di­ger Frauen und unter­stützt mit Ser­vices unter­neh­me­ri­schen Erfolg. Es ist bereits viel gelun­gen, aber es gibt noch deut­li­chen Hand­lungs­be­darf, betont die stei­ri­sche FiW-Lan­des­vor­sit­zen­de Gabi Lechner.

Viele Frauen sind als Unter­neh­me­rin­nen tätig, stehen aber in der öffent­li­chen Wahr­neh­mung dennoch häufig im Hin­ter­grund – warum?

Gabi Lechner: In den letzten Jahren war die Hälfte der Neu­grün­der bereits weib­lich, aktuell sind rund ein Drittel der Unter­neh­men in weib­li­cher Hand. Es ver­än­dert sich langsam, aber stetig etwas. Es braucht aber Mut und Selbst­ver­trau­en, in der Öffent­lich­keit auf­zu­tre­ten. Es braucht mehr Seil­schaf­ten und mehr Sicht­bar­keit. Gerade in vielen tech­ni­schen Berufen gibt es einen Fach­kräf­te­man­gel – es sind Berufe, in denen Frauen oftmals unter­re­prä­sen­tiert sind. Viel­fach fehlt nur eine hel­fen­de Hand, die ermu­tigt, schon in der Aus­bil­dung neue Wege zu gehen. Ergän­zend zu unserem Talent­cen­ter wün­schen wir uns deshalb ein spe­zi­el­les Coa­chin­g­an­ge­bot für junge Frauen an Schulen.

An welchen Hebeln setzt das Netz­werk „Frau in der Wirt­schaft“ noch an?

Wir setzen uns für bessere Rah­men­be­din­gun­gen ein, etwa fle­xi­ble­re Mög­lich­kei­ten der Kin­der­be­treu­ung. Rea­li­tät und Bedarf klaffen hier deut­lich aus­ein­an­der – vor allem außer­halb des urbanen Bereichs und bei den unter 3‑Jährigen. Wir fordern einen Rechts­an­spruch auf flä­chen­de­cken­de, qua­li­täts­vol­le und fle­xi­ble Kin­der­be­treu­ung ab dem 1. Geburts­tag. Fle­xi­bi­li­tät in Bezug auf Rand­zei­ten ist für Unter­neh­me­rin­nen unab­ding­bar. Ihr Fehlen ist mit ein Grund, dass das Netz­wer­ken weit schwie­ri­ger wird. Wichtig ist zudem ein ver­pflich­ten­des Pen­si­ons­split­ting mit der Mög­lich­keit zum Opt-out. Es braucht auch drin­gend ein gesell­schaft­li­ches Umden­ken, in der öffent­li­chen Wahr­neh­mung exis­tiert noch immer das Bild der Raben­mut­ter. Eine Frau soll selbst ent­schei­den können, was sie möchte. Sie muss aber auch die Mög­lich­kei­ten dazu haben.

Wie kann man schon jungen Frauen Mut machen?

Es ändert sich bereits viel zum Posi­ti­ven. Man muss Arbeits­wel­ten neu denken. Die Grenzen zwi­schen Pri­va­tem und Beruf­li­chem ver­schwim­men, als Unter­neh­me­rin kann man sich das Wann und Wo aber in weiten Berei­chen selbst ein­tei­len. Auch wenn die Bedin­gun­gen gerade her­aus­for­dernd sind, macht uns die Ent­wick­lung opti­mis­tisch. Das hat auch die Kür der „Unter­neh­me­rin­nen des Jahres“ durch die WKO Stei­er­mark gerade gezeigt. Wir haben heuer erst­mals mit Michae­la Hösele und Ulrike Walther die „Besten Neu­grün­de­rin­nen“ in der Krise, mit Tanja Pschait die „Beste Durch­hal­te­rin“ und mit Jen­ni­fer Kri­ber­negg die „Beste Inno­va­to­rin“ für eine zusätz­li­che Geschäfts­idee, um über die Pan­de­mie zu kommen, aus­ge­zeich­net. Nicole Moser hat sich den Publi­kums­preis gesi­chert. All diese Frauen sind Vor­bil­der und machen anderen Mut. Sie sehen: Es geht auch in schwie­ri­gen Zeiten.

Mehr Infor­ma­tio­nen:
www.unternehmerin.at/stmk

Foto: Kanizaj

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