Besser lernen durch Digitalisierung

An der Praxis-NMS der Pädagogischen Hochschule Steiermark in Graz gibt es seit dem Schuljahr 2017/2018 sogenannte „Flexi-Klassen“, in denen Schülerinnen und Schüler in einem flexiblen Modulsystem für die ersten zwei Schulstufen ein bis drei Jahre Zeit haben. Zusätzlich läuft dank der Industriellenvereinigung Steiermark nahezu alles digitalisiert ab.

Wer kennt folgendes Bild nicht: Montagmorgen, 7.45. Die Klasse ist voll, tatsächlich fehlt heute kein Kind. Dafür fehlt etwas anderes: die Motivation der Schülerinnen und Schüler. Dass Frontalunterricht vor einer Klasse mit durchschnittlich 20 bis 25 Schülerinnen und Schülern nicht die bestmögliche Variante ist, um Kindern etwas beizubringen, zeigt sich immer wieder an denjenigen, die zum Schluss des Schuljahres nicht in die nächste Klasse aufsteigen dürfen. Zu viel Druck, zu große Gruppen und zu wenig Unterstützung resultieren in negativen Tests und Schularbeiten, die zu einem Wiederholen des Schuljahres führen.

Flexi-Klassen statt Nicht-Genügend

Dass dieses Szenario jedoch vermeidbar ist, zeigt die Praxis-NMS der Pädagogischen Hochschule in Graz. Seit dem Schuljahr 2017/2018 gibt es an dieser Schule mit Unterstützung der Industriellenvereinigung Steiermark die Möglichkeit die „Flexi-Klasse“, die „Flexible Eingangsstufe“ zu besuchen. 2018/2019 wird es bereits zwei mehrstufige „Flexi-Klassen“ geben. Der Grundgedanke dieser Klassen ist es, dass jedes Kind erfolgreich sein soll, indem es statt einer starren Schulpflicht eher eine Bildungspflicht gibt. Konkret bedeutet das, dass die Schülerinnen und Schüler ein bis drei Jahre für die ersten zwei Schuljahre Zeit haben. Die fünfte und sechste Schulstufe durchlaufen sie in Kursen. Mathematik, Deutsch und Englisch werden in Modulen in flexibel wechselnden Gruppen unterrichtet, in den anderen Fächern gibt es auch Kleingruppen, in denen gemeinsam gelernt werden kann. Je nach Fach sind 8 bis 16 Module für die beiden Jahre vorgesehen. Nachdem alle bestanden wurden, ist der Aufstieg in die 7. Schulstufe möglich. Diese Module können entweder im Schnelldurchgang innerhalb eines Jahres erledigt werden, in der vorhergesehenen Zeit von zwei Jahren, oder aber man nimmt sich ein bisschen zusätzliche Zeit und teilt die zwölf Kurse auf drei Jahre auf – je nachdem wie lang die Schülerin oder der Schüler braucht.

Größere Lernerfolge durch kleinere Gruppen

Durch dieses Modell wird den Schülerinnen und Schülern der Druck genommen, man kann sich die Zeit nehmen, die benötigt wird, um den Unterrichtsstoff zu erlernen. Dadurch, und vor allem auch dank der geringen Anzahl an Schülerinnen und Schülern pro Kurs. Für jedes Modul gibt es wöchentlich geplante Inputphasen, welche in Kleingruppen von vier bis zwölf Kindern erfolgen. Die anderen Schüler arbeiten in der Zeit frei, die restliche Zeit verbringen sie im Klassenverband, wodurch alle voneinander lernen können. Ist ein Kurs bestanden, steigt man chronologisch in den darauffolgenden auf, der Wechsel erfolgt flexibel, dann, wenn das Kind den Stoff wirklich verstanden hat. Zugleich mit dem Aufsteigen findet auch ein Lehrerwechsel für die Inputphasen statt.

Digitalisierung als Lernhilfe

Mit Unterstützung der IV Steiermark wurde es möglich, dass in diesen Klassen die optimalen technischen Voraussetzungen gegeben sind. Die Schülerinnen und Schüler erledigen sämtliche Arbeiten auf Tablets, ihre Lernfortschritte und -erfolge werden in einem Netzwerk auf Moodle festgehalten. Darauf zugreifen können nicht nur die Eltern und Schülerinnen und Schüler selbst, sondern auch die betreffenden Lehrpersonen, um anhand der aufbereiteten Daten gezielt auf jedes Kind eingehen zu können. „Digitalisierung heißt Individualisierung. Gerade für Kinder und Jugendliche, die sich täglich Wissen aneignen und dabei ganz unterschiedliche Bedürfnisse haben, birgt dieser Schritt enormes Potenzial. Die Praxis-NMS geht neue Wege und wir freuen uns, unterstützen zu können“, sagt IV-Steiermark-Geschäftsführer Gernot Pagger.

Ein Beispiel: Statt Gedichte vor der Klasse vorzutragen, sprechen sie Schülerinnen und Schüler einfach in die Sprachrekorder-App ihres Tablets und schicken die Datei dann der Lehrerin. Doch nicht nur die Schülerinnen und Schüler, auch die Studierenden der Pädagogischen Hochschule Steiermark profitieren von dieser neuen Art des Unterrichts. Denn Medienpädagogik und digitale Kompetenz sind einer der zentralen Schwerpunkte, die die Studierenden beherrschen müssen. Durch dieses einzigartige Projekt hofft man außerdem, Lehrerinnen und Lehrern die Vorteile der Digitalisierung bei der Durchführung eines differenzierten Unterrichts nahezubringen.

Ziele und Pläne

Das Hauptziel der Flexi-Klassen ist selbstverständlich die Verbesserung des Lernerfolges durch das Lernen im eigenen Tempo, des Weiteren soll sich dadurch der Umgang mit digitalen Medien bei allen Beteiligten verbessern. Im Idealfall soll das Prinzip der Flexi-Klassen auch auf andere Schulen übertragen werden, sodass noch mehr Schülerinnen und Schüler von dieser neuartigen Unterrichtsform profitieren können.

steiermark.iv.net

Foto: IV-Steiermark-Geschäftsführer Gernot Pagger

Fotocredit: IV-Steiermark / Marija Kanizaj 

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