Nano­sen­so­ren für Gebäu­de­ma­nage­ment

Mit Nanosensoren für das Gebäudemanagement und Umweltmonitoring befasst sich das Materials Center Leoben MCL. Ziel ist eine effizientere Steuerung der Sensoren.
Nanosenroren unter die Lupe genommen.
Nanosenroren unter die Lupe genommen. Fotocredit: MCL.

Wir messen mit unseren Sensoren ver­schie­de­ne Parameter in der Raumluft“, schildert Anton Köck, am MCL Grup­pen­lei­ter für Sensor Solutions. Das können Lösungs­mit­tel sein, die aus Möbeln oder Wand­far­ben aus­damp­fen, ebenso gut aber auch CO2 in schlecht gelüf­te­ten Räumen oder das tödliche Koh­len­mon­oxid, das aus defekten Gas­ther­men austreten kann. Beim Umwelt­mo­ni­to­ring könnten die Nano­sen­so­ren entlang von Straßen ein­ge­setzt werden und Feinstaub, Ozon­be­las­tung oder Stick­oxid­wer­te erfassen. „So könnte man ein eng­ma­schi­ges, flä­chen­de­cken­des und in Echtzeit arbei­ten­des Mess­sys­tem eta­blie­ren“, sagt Köck.

Neues For­schungs­ziel

Bisher hat man sich am MCL vor allem mit der Ent­wick­lung der Sen­sor­tech­no­lo­gie selbst beschäf­tigt. Um die Leis­tungs­fä­hig­keit der Sensoren zu erhöhen, wird mit neuen Mate­ria­li­en gear­bei­tet. Nano­dräh­te, Nano­par­ti­kel und Graphen zählen dazu. Nun geht die Forschung in die Richtung der Ener­gie­ver­sor­gung der Nano­sen­so­ren. Marco Deluca, Key Scientist für Sensor Solutions, arbeitet an kera­mi­schen Super­kon­den­sa­to­ren. „Die haben den Vorteil, viel Energie rasch aufnehmen und auch abgeben zu können.“ Weil die Sensoren ja 24 Stunden am Tag arbeiten müssen, brauche man die Super­kon­den­sa­to­ren als Speicher für aus Son­nen­en­er­gie gewon­ne­nem Strom, mit dem die Sen­sor­sys­te­me versorgt werden sollen. „Niemand will bei solchen Sensoren andauernd Batterien wechseln“, ist Deluca überzeugt.

Her­aus­for­de­run­gen der wis­schen­schafl­ti­chen Arbeit

Die Knack­punk­te sind einer­seits die Daten­über­tra­gung, ander­seits die Akti­vie­rungs­en­er­gie, die die Nano­sen­so­ren benötigen, um bestimmte Umwelt­pa­ra­me­ter überhaupt messen zu können. „Derzeit ist dafür eine Tem­pe­ra­tur von 350 Grad Celsius notwendig“, schildert Deluca. Diese werde mit einer Mikro­heiz­plat­te erzeugt, die aber relativ viel Strom ver­brau­che. „Gemeinsam mit der Uni­ver­si­tät Barcelona erfor­schen wir Ansätze, die Initial­ener­gie für die Sensoren mittels einer LED bereit­zu­stel­len. Das hätte auch den Vorteil, dass man sich am heißen Sensor nicht die Finger ver­bren­nen kann“, schmun­zelt der Wis­sen­schaf­ter.

Ziel­set­zung ist Ener­gie­ef­fi­zi­enz

Ver­hält­nis­mä­ßig viel Energie ver­braucht auch die Daten­über­mitt­lung per Funk, Bluetooth oder WiFi. „Wenn wir gleich direkt im Sen­sor­sys­tem berechnen, welche Daten überhaupt wertvoll sind und dann nur die senden, können wir einen großen Teil der Energie sparen“, schildert Köck. Deshalb benötige man für eine intel­li­gen­te Daten­aus­wer­tung eine KI. „Sie wird unsere Sensoren effi­zi­en­ter machen.“ Und schließ­lich soll auch die Ener­gie­dich­te in den Super­kon­den­sa­to­ren erhöht werden. Dies kann durch eine opti­mier­te Mate­ri­al­che­mie ebenso erreicht werden wie durch die Mate­ri­al­struk­tur und durch Dünn­schicht­tech­no­lo­gie. Marco Deluca konnte das Projekt „CITRES“ des European Research Councils (ERC-Projekt 817190, www.erc-citres.eu), das noch bis 2024 läuft, an Land ziehen. Solche ERC-Projekte sind in der For­schungs­welt äußerst pres­ti­ge­träch­tig, wir freuen uns sehr darüber, dass wir diese Chance bekommen haben“, erzählt Köck.

Inno­va­ti­ve Partner

Beteiligt sind die Forscher am MCL auch am Projekt „FOXES“ (FET-PROACTIVE Projekt 951774, www.foxes-project.eu), in dem ein „Power Cube“ ent­wi­ckelt wird. „Dabei handelt es sich um eine Kom­bi­na­ti­on von Solar­zel­len der neuesten Gene­ra­ti­on mit einem Super­kon­den­sa­tor und der not­wen­di­gen Steue­rungs­tech­nik“, berichten die beiden Wis­sen­schaf­ter. Auch „FOXES“ läuft bis 2024 und soll dann in einem Pilot­ver­such den Einsatz autonomer Sen­sor­kno­ten im städ­ti­schen Umfeld von Barcelona ermög­li­chen.

Ein­satz­be­rei­che für Nano­sen­so­ren

Derzeit werden die Nano­sen­so­ren für Umwelt­mo­ni­to­ring in Öster­reich noch nicht ein­ge­setzt, im Gegensatz zum dänischen Kopen­ha­gen und dem bel­gi­schen Brüssel. „Wir setzen hier­zu­lan­de noch immer auf klobige Mess­sta­tio­nen und Messwägen, die aber immer nur eine Moment­auf­nah­me liefern können. Unsere Systeme sammeln hingegen rund um die Uhr Daten und können flä­chen­de­ckend instal­liert werden“, sagt Köck. Bis es auch in Öster­reich zu einer stärkeren Anwendung kommt, werden noch gut fünf Jahre vergehen, schätzt der Mikro­elek­tro­nik-Experte.

Eine Kos­ten­fra­ge

Die Kosten wären nämlich im Grunde über­schau­bar, meinen Deluca und Köck. Momentan sei noch schwer abschätz­bar, welche Her­stel­lungs­kos­ten genau entstehen, weil es noch keine indus­tri­el­le Pro­duk­ti­on der Sensoren gebe. „Wenn es so weit ist, gehe ich davon aus, dass sie ähnlich niedrig sein werden wie bei der Her­stel­lung anderer elek­tro­ni­scher Bauteile“, ver­si­chert Deluca. Ein Sen­sor­sys­tem für den privaten Haushalt werde es dann wahr­schein­lich – je nach Aus­füh­rung – schon um ein paar Euro geben. Dieses würde dann seine Daten aus den Wohn­räu­men einfach auf das Handy des Benutzers über­tra­gen. Das Messen von Gebäu­de­da­ten ist natürlich kein Selbst­zweck. Potenzial hat der Einsatz der Nano­sen­so­ren vor allem beim Ener­gie­ver­brauch. Köck: „Berech­nun­gen zeigen, dass durch intel­li­gen­te Sensoren, die die Steue­rungs­sys­te­me der Haus­tech­nik mit Daten versorgen, bis zu 25 Prozent des Ener­gie­be­dar­fes für Heizen und Kühlen ein­ge­spart werden können.“

För­der­ge­ber

MCL als Träger des Kom­pe­tenz­zen­trums IC-MPPE wird von den Bun­des­mi­nis­te­ri­en BMK und BMDW sowie von den Ländern Stei­er­mark, Ober­ös­ter­reich und Tirol – im COMET-Programm der FFG – gefördert. Die hier vor­lie­gen­den Ent­wick­lun­gen wurden zusätz­lich im Rahmen von EU-För­der­pro­gram­men erzielt.

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