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Vana­di­um­asier­te Kata­ly­sa­to­ren

Jessica Michalke, Postdoc am Lehrstuhl für Physikalische Chemie an der Montanuniversität Leoben, betreibt ein unkonventionelles ­Forschungsprojekt zur Herstellung von vanadiumbasierten Katalysatoren. 2024 erhielt sie dafür die „Disruptive Innovation“-Förderung.

JUST / Frau Mich­al­ke, was ist der Kern Ihres For­schungs­pro­jek­tes?

Jessica Mich­al­ke / Das Projekt beschäf­tigt sich mit der Nutz­bar­ma­chung von Vana­di­um in Flie­gen­pil­zen. Im Rahmen des For­schungs­pro­zes­ses wird eine Pyro­ly­se – die Ver­bren­nung ohne Sau­er­stoff – der Flie­gen­pil­ze durch­ge­führt, um einen vana­di­um­ba­sier­ten Kata­ly­sa­tor her­zu­stel­len. Ziel ist es, neue und inno­va­ti­ve Metho­den der Kata­ly­se für orga­ni­sche Syn­the­sen zu eta­blie­ren, die nicht auf Edel­me­tal­len basie­ren oder inner­halb der Her­stel­lung deren Ver­wen­dung invol­vie­ren. Der neue Kata­ly­sa­tor kann zur Gewin­nung von Essig­säu­re ver­wen­det werden, einer Basis­chemi­ka­lie, von der jähr­lich über sieben Mil­lio­nen Tonnen her­ge­stellt werden und die unter anderem in der Lebens­mit­tel­in­dus­trie, in Phar­ma­zeu­ti­ka, Farb­stof­fen und Kos­me­tik gebraucht wird.

JUST / Worin besteht die Pro­ble­ma­tik bei Kata­ly­sa­to­ren auf Edel­me­tall­ba­sis?

JM / Bis­he­ri­ge Ansätze greifen auf die Ver­wen­dung von Pla­tin­grup­pen­me­tal­len (PGMs) wie Iridium oder Rhodium zurück. PGMs sind seltene und sehr teure Metalle, deren Gewin­nung und Ver­ar­bei­tung mit großem Res­sour­cen­ver­brauch und erheb­li­chen Umwelt­be­las­tun­gen ein­her­ge­hen. Ein wei­te­rer Aspekt ist die Aus­beu­tung der Men­schen, ins­be­son­de­re in ärmeren Ländern. Das all­ge­mei­ne Bestre­ben, PGMs mög­lichst billig zu erhal­ten, geht oft auf Kosten der­je­ni­gen Länder, die schwä­che­re Umwelt- und Arbeits­schutz­ge­set­ze haben. Dies führt zu ver­mehr­ter Umwelt­zer­stö­rung, Land­raub, Zwangs­ver­trei­bun­gen oder Arbeits­be­din­gun­gen, die weit unter inter­na­tio­na­len Stan­dards liegen.

JUST / Offen­sicht­lich ist es in der heu­ti­gen Zeit dennoch nicht rea­li­sier­bar, völlig auf PGMs zu ver­zich­ten?

JM / Da PGMs zu sehr in der Gesell­schaft ver­an­kert sind und unsere Tech­no­lo­gien darauf auf­bau­en, ist ein völ­li­ger Ver­zicht nicht möglich. Was aller­dings sehr wohl möglich ist, ist, Ansätze zu finden, die bereits in der Kata­ly­sa­tor­her­stel­lung völlig edel­me­tall­frei sind und auf nach­wach­sen­den Res­sour­cen beruhen.

JUST / Einen eben­sol­chen Ansatz stellt der vana­di­um­ba­sier­te Kata­ly­sa­tor dar. Auf welchen Prin­zi­pi­en beruht er?

JM / Flie­gen­pil­ze nehmen eine signi­fi­kan­te Menge an Vana­di­um auf. Wir wissen bereits seit Jahr­zehn­ten um diese Ansamm­lung von Vana­di­um in Flie­gen­pil­zen, konnten diese aller­dings bisher nicht effi­zi­ent nutzen, da das orga­ni­sche Umfeld uns daran hindert und keine Anwen­dung dafür ange­dacht wurde. Besag­tes Umfeld lässt sich leicht umgehen, wenn die getrock­ne­ten Pilze anschlie­ßend pyro­li­siert werden. Dadurch wird sämt­li­cher orga­ni­scher Hin­ter­grund nicht einfach nur ver­brannt, sondern hat ganz im Gegen­teil eine wich­ti­ge Bedeu­tung. Das ent­hal­te­ne Vana­di­um wird dabei in die ent­ste­hen­de Koh­len­stoff­ma­trix imprä­gniert und bildet ein­zig­ar­ti­ge Ober­flä­chen­struk­tu­ren aus.

JUST / Welche Vor­tei­le bietet Ihr Kata­ly­sa­tor?

JM / Nach­hal­tig­keit und Res­sour­cen­scho­nung. Pilze ver­fü­gen über ein umfang­rei­ches Wur­zel­sys­tem. Wenn also nur der Frucht­kör­per ver­wen­det wird, dann ist es in etwa so, als ob man einen Apfel vom Baum pflückt – der Baum trägt keinen Schaden davon und die Frucht wächst ohne Pro­ble­me nach. Auch durch die Ent­sor­gung der Kata­ly­sa­to­ren nach dem Ende ihrer Funk­ti­ons­fä­hig­keit soll das lokale Öko­sys­tem nicht geschä­digt werden.

www.unileoben.ac.at

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