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Neuer Stahl aus altem Schrott

Durch den erhöh­ten Einsatz von Stahl­schrott kann bei der Erzeu­gung von Stahl­pro­duk­ten CO2 ein­ge­spart werden. Um die Qua­li­tät des so her­ge­stell­ten Stahls zu garan­tie­ren oder sogar neue, bessere Eigen­schaf­ten zu erzie­len, muss man die Pro­duk­ti­ons­pa­ra­me­ter genau ver­ste­hen und kon­trol­lie­ren. An den Details forscht das Mate­ri­als Center Leoben For­schungs GmbH MCL.

Eine emis­si­ons­re­du­zier­te Stahl­er­zeu­gung führt über den Elek­tro­licht­bo­gen­ofen statt über den klas­si­schen Hoch­ofen. Ers­te­rer benö­tigt zwar relativ viel Energie für das Auf­schmel­zen des Schrotts, dafür ent­fällt der Einsatz von Koks, der im Hoch­ofen zum Einsatz kommt und der während des Pro­zes­ses große Mengen des Treib­haus­ga­ses CO2 frei­setzt.

„Im Gegen­satz zu metall­ur­gisch reinem Roh­ei­sen aus dem Hoch­ofen enthält Schrott ver­schie­de­ne Legie­rungs­ele­men­te, welche die Eigen­schaf­ten beein­flus­sen“, schil­dert Peter Ranin­ger, Group Leader Digital Manu­fac­tu­ring Pro­ces­ses vom Depart­ment Simu­la­ti­on am MCL. „Deshalb muss die Indus­trie tech­ni­sche Ant­wor­ten finden, um auf diese Ele­men­te zu reagie­ren.“ Zwar könnten einige der Stoffe aus dem Stahl ent­fernt werden, „aber einige bleiben drin“, erklärt der Wis­sen­schaft­ler.

Zum einen müsse daher fle­xi­bel zule­giert werden und zum anderen müssten die tech­ni­schen Stell­schrau­ben im Stahl- und Walz­werk gezielt auf den aktu­el­len Typ Schrott ange­passt werden. Dies garan­tie­re, dass sowohl die Qua­li­tät kon­stant gehal­ten als auch der CO2-Ausstoß redu­ziert wird. Das MCL baut gemein­sam mit der Indus­trie das not­wen­di­ge mate­ri­al­wis­sen­schaft­li­che Wissen auf und arbei­tet an dessen Über­set­zung in Stell­schrau­ben am Her­stel­lungs­pro­zess. „Dabei geht es beson­ders um die Pro­zess­schrit­te Warm­wal­zen, kon­ti­nu­ier­li­che Wär­me­be­hand­lung und Hau­ben­glü­hen von Stahl­bän­dern.“ Das MCL arbeite dafür eng mit der öster­rei­chi­schen Stahl­in­dus­trie zusam­men, die für ihre hohe Qua­li­tät welt­weit geschätzt werde. „Gemein­sam stellen wir eine hohe und kon­stan­te Pro­dukt­qua­li­tät sicher.“

An der Chemie des Stahls, so Gerald Ressel, Grup­pen­lei­ter Steel Engi­nee­ring vom Depart­ment Mate­ri­als am MCL, könne man nur begrenzt schrau­ben. „Wir haben im Prinzip zwei Mög­lich­kei­ten: Wir passen die che­mi­sche Zusam­men­set­zung an oder ent­wi­ckeln geziel­te Pro­zess­pa­ra­me­ter.“ Dabei geht es vor allem um Details beim Walzen des Stahls und bei der Wär­me­be­hand­lung. „Wir kennen die Route, die vom Hoch­ofen her­kommt und zum End­pro­dukt führt“, sagt Ressel. „Für das neue Mate­ri­al aus Schrott müssen wir viele Details erst her­aus­fin­den.“

Rund zehn Wis­sen­schaft­ler arbei­ten am MCL seit zwei Jahren an den Fragen der Stahl­her­stel­lung aus Schrott. Dazu kommen etliche Exper­ten aus der Stahl­in­dus­trie. „Wir befin­den uns unge­fähr auf einem Drittel des Weges zum Ziel“, ist Ranin­ger über­zeugt. Derzeit beschäf­ti­ge man sich vor allem damit, bereits bestehen­de Pro­zes­se effi­zi­en­ter zu machen.

Dafür müsse man alle Para­me­ter im Auge behal­ten, erläu­tert Ranin­ger. „Wir schauen uns jeden Schritt der Pro­zess­ket­te ganz genau an. Ener­gie­ein­spa­run­gen sind nicht nur dort möglich, man muss das End­pro­dukt gesamt­haft betrach­ten. Da spielt dann zum Bei­spiel auch eine höhere Lebens­dau­er eine Rolle, weil ja unterm Strich weniger erzeugt werden muss.“ Ein nicht unwe­sent­li­cher Faktor für die Indus­trie ist die Ener­gie­er­spar­nis. Durch kon­trol­lier­tes Abküh­len schon auf der Walze benö­ti­gen die Stähle später eine gerin­ge­re Wär­me­be­hand­lung. Das soge­nann­te Härten ent­fällt, nötig ist nur mehr ein „Anlas­sen“ genann­ter Schritt, um die nötige Fes­tig­keit zu erzie­len. Dadurch können rund zehn Prozent der Pro­zess­wär­me ein­ge­spart werden

Die Adap­ti­on des Stahl­her­stel­lungs­pro­zes­ses in Rich­tung nach­hal­ti­ger Schrott­nut­zung ist aber nur eine Seite der For­schungs­ar­beit, die am MCL durch­ge­führt wird. „Es geht auch um neu­ar­ti­ge Stähle für bestimm­te Anwen­dun­gen“, betont Ranin­ger.

Diese können zum Bei­spiel in Elek­tro­mo­to­ren für Fahr­zeu­ge ein­ge­setzt werden. Dabei geht es um die magne­ti­schen Eigen­schaf­ten von Rotor und Stator des Motors. „Im Motor gibt es immer Ener­gie­ver­lus­te, weil Strom auch in Wärme umge­setzt wird statt in Bewe­gung. Unser Ziel ist es, zehn Prozent dieser Ver­lust­leis­tung ein­zu­spa­ren. Das würde auto­ma­tisch die Reich­wei­te des Elek­tro­fahr­zeugs erhöhen.“ Die vor­han­de­nen Bleche, die in den Motoren verbaut würden, seien „an sich schon sehr gut, aber da kann noch opti­miert werden“.

Mehr Infor­ma­tio­nen:
www.mcl.at

För­der­ge­ber:
MCL als Träger des Kom­pe­tenz­zen­trums
IC-MPPE wird von den Bun­des­mi­nis­te­ri­en BMK und BMDW sowie von den Bun­des­län­dern Stei­er­mark, Ober­ös­ter­reich und Tirol – im Rahmen von COMET (Com­pe­tence Centers for Excel­lent Tech­no­lo­gies) – geför­dert. Die COMET-För­de­rung wird von der FFG abge­wi­ckelt.

Foto­credit: voest

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