Montanuni sucht nach Begleit­me­tal­len

Mit der Rück­ge­win­nung soge­nann­ter Begleit­me­tal­le aus indus­tri­el­len Stoff­strö­men befasst sich das neue Christian Doppler Labor an der Mon­tan­uni­ver­si­tät Leoben. Spe­zi­al­me­tal­le wie Indium, Vanadium, Molybdän, aber auch Silber können nicht nur aus aus­ran­gier­ter Elek­tro­nik recycelt werden, sondern auch aus Zwischen- und Neben­pro­duk­ten der Industrie. Genau hier setzt man in Leoben an.

Wir reden von Begleit­me­tal­len, die nicht die Masse der Stoff­strö­me ausmachen, sondern nur in geringer Menge darin vorkommen“, erläutert der Leiter des Christian Doppler Labors, Stefan Stein­lech­ner. „Wir wollen sie abtrennen, weil sie entweder wertvoll sind oder weil sie bei der Depo­nie­rung oder der Wie­der­ver­wer­tung stören.“

Als Beispiel nennt Stein­lech­ner das Element Indium: „Indium ist zu fast 100 Prozent ein Neben­pro­dukt der Zink­ge­win­nung. Es kommt in geringen Mengen im Zinkerz vor. Nur wegen des Indiums wird aber nicht mehr Zink erzeugt, die Menge an neu gewon­ne­nem Indium ist also begrenzt.“

Dabei wird das Element dringend gebraucht. Touch­screens werden nämlich meist mit Indi­um­ver­bin­dun­gen beschich­tet. An der Montanuni forscht man aller­dings nicht am Recycling des Metalls aus alten Bild­schir­men, sondern setzt an der Quelle an. „Wir versuchen, Indium aus Rest­stof­fen der Zink­ge­win­nung zu extra­hie­ren“, sagt Stein­lech­ner.

Die Anfor­de­run­gen an die Rück­ge­win­nungs­tech­nik seien, so der Wis­sen­schaft­ler, bei jedem Stoff­strom anders. Einmal lägen die Stoffe, die man abtrennen möchte, in Form einer Metall­le­gie­rung vor, ein anderes Mal seien sie in Schlacken als Oxide zu finden oder befänden sich in einer Lösung. „Das beein­flusst natürlich das Verhalten, wenn ich sie extra­hie­ren möchte.“ Ziel sei immer, so Stein­lech­ner, „ein Produkt zu gewinnen, das irgend­je­mand anderer braucht“. Das müsse nicht unbedingt ein reines Metall sein.

Konkrete For­schungs­pro­jek­te gibt es derzeit mit der voest­al­pi­ne Stahl GmbH, der Andritz AG und der Leobener Firma ARP Auf­be­rei­tungs, Recycling und Prüf­tech­nik GmbH. Gemeinsam mit der voest­al­pi­ne unter­sucht das Christian Doppler Labor Begleit­me­tal­le in den Schlacken, die bei der Stahl­er­zeu­gung anfallen. Ent­wi­ckelt werden sollen Verfahren für die Nutzung dieser Metalle, die wertvolle Rohstoffe für andere Indus­trien dar­stel­len können.

Bei der Andritz AG beschäf­tigt sich das Team des Christian Doppler Labors mit der Metho­den­ent­wick­lung, um Stör­stof­fe aus einem metall­ur­gi­schen Prozess zu entfernen. Und bei ARP sollen Spuren bestimm­ter Wert­me­tal­le aus einem Rückstand der Edel­me­tall­in­dus­trie gewonnen werden, weil sie bei der Depo­nie­rung zu hohen Auflagen und Kosten führen. Die so gewon­ne­nen Elemente könnten dann neu verwendet werden.

„Die Pro­zess­tech­no­lo­gie ist bei jedem Stoff­strom anders“, schildert Stefan Stein­lech­ner. „Unsere Aufgabe ist es, das Verhalten der Begleit­me­tal­le im jewei­li­gen Strom zu beschrei­ben, zum Beispiel in welchen Phasen die Metalle vorliegen und wie sie sich im konkreten Prozess verhalten.“

Die indus­tri­el­len Partner, so der Laborchef, verfügen über die not­wen­di­gen Pilot­an­la­gen. „Aber es fehlt ihnen der erste Schritt, eben die Vor­aus­sa­ge, wie die Elemente im Stoff­strom reagieren und wie das Verhalten beein­flusst werden kann, um die Rück­ge­win­nung zu ermög­li­chen.“ Den liefere das Christian Doppler Labor. „Wir suchen im Labor­maß­stab nach neuen Erkennt­nis­sen, die werden dann in den Pilot­an­la­gen umgesetzt. Das ist eine her­vor­ra­gen­de Synergie.“

Letzteres gelte auch für die Ein­bet­tung des Labors mit seinen momentan acht Mit­ar­bei­tern in den Lehrstuhl für Nicht­ei­sen­me­tall­ur­gie an der Mon­tan­uni­ver­si­tät. „Es ist der größte Lehrstuhl hier in Leoben, er hat rund 70 Mit­ar­bei­ter und die bestehen­de Infra­struk­tur ist perfekt“, freut sich Stein­lech­ner.

Mehr Infor­ma­tio­nen:
www.cdl-special-metals.at

Foto: EGAL, OB TABLET ODER HANDY: Touch­screens werden meist mit dem seltenen Metall Indium her­ge­stellt.

Foto­credit: Frei­sin­ger

 

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