Moderne Materialentwicklung mit künstlicher Intelligenz

Werkstoffbasierte Produktinnovationen entstehen heute – insbesondere in Zeiten der digitalen Transformation – in einem komplexen Zusammenspiel unterschiedlicher Disziplinen. Zusätzlich zu den klassischen Charakterisierungs- und Analysemethoden sind digitale Technologien, komplexe Algorithmen, Computermodelle, Machine Learning und Datensammlungen ganz entscheidend, um die Entwicklung von materialbasierten Innovationen umfassend und schnell voranzutreiben.

Die „Materials Center Leoben Forschung GmbH“ (MCL) betreibt das COMET-Kompetenzzentrum „IC-MPPE – Integrated Computational, Material, Process and Product Engineering“ und verfolgt somit den Ansatz des computergestützten Designs und der Entwicklung von Materialien, Herstellverfahren und Produkten. In diesem Zusammenhang entwickelt das MCL neuartige, auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Methoden, um neue Materialien schneller, effektiver und kostengünstiger als herkömmliche Verfahren auszulegen.

Der neue Ansatz integriert Machine Learning, physikalische Modellierung und experimentelle Validierung in einem iterativen Workflow. Dabei werden genau definierte Zielgrößen wie beispielsweise Materialfestigkeit, Ressourcenschonung, Kosten oder Umweltfragen in mathematische Funktionen formuliert. Die Stellschrauben in der Materialproduktion reichen von der chemischen Zusammensetzung des Materials bis hin zur Prozesstechnik und den Betriebsbedingungen, die durch den Workflow optimal eingestellt werden.

Der Ansatz nutzt als Ausgangsbasis alle potenziellen Datenquellen. Diese umfassen sowohl eine intelligente Literaturrecherche als auch Daten, die durch Multiskalensimulationen (d.h. atomistische Modellierung, Molekulardynamik etc.) und Experimente gewonnen wurden. Materialien und Prozesse, die das Ziel in einem Entwicklungszyklus nicht erreichen, werden zur Verbesserung der Algorithmen verwendet, indem sie zu einer Erweiterung der Datenbank beitragen und so die Vorhersage für den nächsten Zyklus des Workflows verbessern. Lorenz Romaner, Key Scientist am MCL, betont: „Dank KI und ständig wachsenden Datenbanken können nun ­­viel mehr Kombinationen virtuell und somit kostengünstiger getestet werden.“ Des Weiteren wird die Validierung der vorhergesagten Materialien sowohl mit Simulationsmethoden als auch mit Experimenten durchgeführt. Lorenz Romaner ergänzt: „Materialdaten werden maschinell gelernt, während man sie erzeugt, um treffsicherer zu neuen Materialkandidaten in komplexen Designräumen zu kommen.“

Diese einzigartige Methodik ermöglicht einen beschleunigten Optimierungsprozess der Materialeigenschaften, was zu einer deutlich reduzierten Anzahl von teuren und zeitaufwendigen Materialherstellungsschritten führt. Sie eignet sich sowohl für strukturelle als auch für funktionelle Materialien und erfährt somit bereits eine positive Resonanz in der Industrie.

Die Welten verbinden – Steuerungen intelligent machen

Eine Vielzahl elektronischer Systeme macht unser Leben komfortabler und sicherer. Das ABS im Auto ist ein Computersystem, welches aus den Signalen eines Drehgebers an jedem Rad deren Blockieren erkennt und entsprechend reagiert. Im industriellen Umfeld treten die elektronischen Helfer oft in der Form von Steuerungen auf – kleine Rechner, die Sensoren auslesen, Daten kombinieren, den aktuellen Zustand berichten und eventuell korrigierend eingreifen. Mit der ständig steigenden Menge an verfügbaren Daten und den Fortschritten im Bereich des maschinellen Lernens steigen auch die Anforderungen an Steuerungen und die darauf ausgeführten Algorithmen.

Am Materials Center Leoben (MCL) beschäftigen sich Experten mit der automatischen Erzeugung von Programmen für Steuerungen, die im Vergleich zu klassischen PCs oft viel weniger Speicher und Rechenleistung bieten. Ausgangspunkt sind klassische Werkzeuge für den Entwurf und das Trainieren von maschinellen Lernverfahren wie z.B. Google-Tensorflow. Das erzeugte Programm kann direkt auf der Steuerung ausgeführt und bewertet werden. Christoph Gratl, Key Scientist am MCL, dazu: „Entwicklungsumgebungen wie Tensorflow beachten erst seit Kurzem Zielsysteme mit eingeschränkten Ressourcen wie Steuerungen. Umgekehrt bieten Entwicklungssysteme für Steuerungen nur wenig Möglichkeiten Verfahren des maschinellen Lernens abzubilden. Wir versuchen mit unserer Arbeit diese Welten zu verbinden.“

Verfahren des maschinellen Lernens erlauben oft Aufgaben auf verschiedenste Arten zu lösen. Eine Menge an Varianten, die bezüglich des Resultats annähernd gleichwertig sind, kann jedoch stark in ihrem Rechenzeitbedarf schwanken. Mit der am MCL entwickelten Methodik können viele Varianten schnell getestet werden.

Das MCL mit seiner Materialexpertise und den erforderlichen Kenntnissen der Computertechnik arbeitet besonders an Algorithmen zur Früherkennung von Materialversagen von mechanisch und thermoelektrisch beanspruchten Bauteilen von der Bahntechnik bis hin zur Mikroelektronik.

Kontakt:

www.mcl.at

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