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Die Zukunft gespei­chert im Nano­kris­tall

Auf kleins­ter Ebene werden Struk­tu­ren ent­wi­ckelt, die unsere Zukunft maß­geb­lich ver­än­dern könnten. Nano­kris­tal­le, wie sie an der Mon­tan­uni­ver­si­tät Leoben erforscht werden, bilden die Grund­la­ge für Anwen­dun­gen von Spei­cher­me­di­en bis zu Lithium-Ionen-Akkus.

Man kennt sie heute meist nur noch als nost­al­gi­schen Gegen­stand, aber während der 80er-Jahre war die Dis­ket­te als bestes Spei­cher­me­di­um ihrer Zeit im Umlauf. Bald kamen CDs, Fest­plat­ten und USB­Sticks, doch auch sie könnten schon bald abge­löst werden. Manche For­scher ernen­nen sie bereits zur nächs­ten Gene­ra­ti­on der Spei­cher­me­di­en: Kris­tal­le, oder besser gesagt, Super­kris­tal­le. Kleiner als ein Zucker­wür­fel, kann Infor­ma­ti­on auf alle Seiten des Objekts auf­ge­tra­gen werden. Dabei und wie­der­um beim Ablesen der Daten hilft ein Laser.

An einer ähn­li­chen Anwen­dung wird auch an der Mon­tan­uni­ver­si­tät Leoben geforscht. Soge­nann­te kol­lo­ida­le Nano­kris­tal­le – das sind anor­ga­ni­sche Par­ti­kel mit einigen Hundert Atomen, die in einer feinen Ver­tei­lung eine geord­ne­te Struk­tur bilden – werden als künst­li­che Atome genützt, bilden also die kleins­te Einheit im Aufbau grö­ße­rer Fest­kör­per. Nützen kann man sie nicht nur für Daten­spei­che­rung, sondern auch für diverse andere Anwen­dun­gen, so Rainer Lechner, Leiter des For­schungs­teams am Insti­tut für Physik: „Mit richtig ange­ord­ne­ten, optisch-aktiven Nano­kris­tal­len lassen sich Laser, Licht­de­tek­to­ren oder fle­xi­ble LEDs rea­li­sie­ren.“ Metal­li­sche Super­kris­tal­le könnten zusätz­lich auch als Spei­cher für Lithium-Ionen dienen und die Kapa­zi­tät von Lithium-Ionen-Akkus ver­bes­sern. Diese werden für elek­tro­ni­sche Anwen­dun­gen von Mobil­te­le­fon bis Digi­tal­ka­me­ras ver­wen­det, nun aber auch ver­mehrt als Ener­gie­spei­cher in Elek­tro­au­tos und Hybrid­fahr­zeu­gen.

Git­ter­struk­tur im Kris­tall

Kris­tal­le, wie sie in der Natur vor­kom­men, sind der Inbe­griff einer solchen geord­ne­ten Struk­tur. Hier sitzen Atome in einer festen Struk­tur neben- und über­ein­an­der und bilden von selbst eine Art Gitter. Auch die Nano­teil­chen der Kris­tal­le aus dem Labor weisen diese Eigen­schaf­ten auf, mehrere Nano­kris­tal­le können in einer bestimm­ten Anord­nung kom­bi­niert werden. Das macht es ein­fa­cher, die Eigen­schaf­ten des Mate­ri­als zu beein­flus­sen. Ange­fan­gen bei der Wahl der Atom­sor­te, fügen die Wis­sen­schaft­ler sie anschlie­ßend zu einer bestimm­ten Struk­tur zusam­men und formen die kol­lo­ida­len Nano­kris­tal­le für die weitere Anwen­dung. Doch von beson­de­rer Bedeu­tung sind auch die Pro­zes­se, die von selbst pas­sie­ren: Die For­scher beob­ach­te­ten die Selbst­or­ga­ni­sa­ti­on also den Prozess, bei dem die ein­zel­nen Nano­teil­chen zusam­men­wach­sen und einen soge­nann­ten Super­kris­tall bilden. Diese Super­struk­tu­ren nennen die For­scher funk­tio­nel­le Fest­stof­fe, da sie die elek­tro­ni­schen Eigen­schaf­ten der ein­zel­nen Nano­kris­tal­le über­neh­men. Die Ergeb­nis­se dieser Beob­ach­tun­gen publi­zier­ten sie gemein­sam mit anderen For­scher der Tech­ni­schen Uni­ver­si­tät Graz und der Uni­ver­si­tät Wien im Journal „Advan­ced Mate­ri­als“.

Die Rele­vanz der Methode wird klar, wenn man sich die Dimen­sio­nen der Super­kris­tal­le ansieht: Während Dis­ket­ten noch eine Lebens­dau­er von etwa fünf bis 30 Jahren hatten, soll die neue Gene­ra­ti­on der Daten­spei­che­rung über 1000 Jahre bestehen bleiben, wie For­scher der Uni­ver­si­tät Münster erklä­ren. Tem­pe­ra­tur und Feuch­tig­keit machen den soge­nann­ten holo­gra­fi­schen Daten­kris­tal­len kaum etwas aus. Die flachen Dis­ket­ten der 80er hatten zudem eine maxi­ma­le  Spei­cher­ka­pa­zi­tät von 3250 Kilo­byte, die Kris­tal­le könnten 493 Giga­byte pro Kubik­zen­ti­me­ter spei­chern.

Im Bereich der Mate­ri­al­wis­sen­schaf­ten belegte die Mon­tan­uni­ver­si­tät Leoben den 7. Platz in einem welt­wei­ten Ranking der School of Engi­nee­ring der École poly­tech­ni­que fédé­ra­le in Lau­sanne (EPFL). Am Insti­tut für Physik der Mon­tan­uni­ver­si­ät Leoben wird an funk­tio­nel­len Mate­ria­li­en für Elek­tro­nik, Pho­to­nik und den Ener­gie­sek­tor geforscht. Mehr Infos unter: http://physik.unileoben.ac.at

Foto: Am Teil­chen­be­schleu­ni­ger der ETH Zürich werden Rönt­gen­strah­len erzeugt (a) und damit die mikro­me­ter­gro­ßen Super­kris­tal­le bestrahlt (b). Diese bestehen aus ein­zel­nen, regel­mä­ßig ange­ord­ne­ten Nano­kris­tal­len ©.

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