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Aus­stel­lung Design Ever­y­day in Graz

Die Ausstellung „ZweckZwei – Shift Circular Design“ zeigt den Verwandlungsprozess „From Trash to Treasure“ von Schubladengriffen über Sonnenhüte bis hin zu Lampen.
Ausstellung Design Everyday in Graz. Credit: Woom

Vom Human Cen­te­red zum Society Cen­te­red Design, ein zweites Leben für indus­tri­el­le Rest­stof­fe und Erste Hilfe bei Design-Pro­ble­men in Form von the­ra­peu­ti­schen Inter­ven­tio­nen: Der Design-Monat gibt auch heuer wieder tiefe wie erhel­len­de Ein­bli­cke in die Krea­tiv­wirt­schaft.

100 Pro­gramm­punk­te in 37 Tagen: Im Mai dreht sich in Graz wieder alles um Design. Beson­ders im Fokus steht dabei das Thema Green Tran­si­ti­on. In diesem Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess unter­stützt die Krea­tiv­wirt­schaft mit ihrem Inno­va­ti­ons­an­spruch die euro­päi­sche Wachs­tums- und Ent­wick­lungs­stra­te­gie „Green Deal“. Die inter­dis­zi­pli­nä­re Initia­ti­ve „Neues Euro­päi­sches Bauhaus“ sucht nach nach­hal­ti­gen Lösun­gen und beglei­ten­den Stra­te­gien für die Bewäl­ti­gung des Wandels. Dabei ver­än­dert sich auch die Rolle des Designs: Das Ich wird zuguns­ten des Wir in den Hin­ter­grund treten, „Society Cen­te­red Design“ wird das „Human Cen­te­red Design“ mehr und mehr ablösen.

Design Ever­y­day

Die vom Design­duo Van­da­sye – Georg Schnit­zer und Peter Umgeher – kura­tier­te Aus­stel­lung Design Every­day zeigt bis 12. Juni im Mino­ri­ten­zen­trum All­tags­ge­gen­stän­de öster­rei­chi­scher Design­stu­di­os, die einen Fokus auf Nach­hal­tig­keit und den ver­ant­wor­tungs­vol­len Umgang mit Res­sour­cen legen. Pro­dukt­de­sign ist weit mehr als reine Form­ge­bung. Es beein­flusst unser Ver­hält­nis zu unserer Umwelt und dadurch unsere Lebens­kul­tur. „Bei nach­hal­ti­ger Gestal­tung geht es nicht nur um das Mate­ri­al, man muss die gesamte Lebens­dau­er des Pro­dukts im Auge behal­ten“, betont Co-Kurator Georg Schnit­zer.

Ein Bei­spiel für funk­tio­nie­ren­de Kreis­lauf­wirt­schaft im Sinne der Green Tran­si­ti­on ist der inWAS­TEm­ent mirror von mischer’traxler. Er besteht aus recy­cel­tem Indus­trie­me­tall und kommt in der Her­stel­lung ohne Schmelz­pro­zess aus. Bei der Lampe Biblio­si­te, einem Hybrid aus Akku­leuch­te und Steh­lam­pe, fun­giert der schlan­ke Stand­fuß als Lade­sta­ti­on. Nimmt man den Leucht­kör­per ab, erhält man eine mobile, kabel­lo­se Lese­lam­pe, die sich mit­hil­fe einer Sili­kon­hal­te­rung frei im Raum plat­zie­ren lässt.

Gegen Bruch­ri­si­ko und Weg­werf­kul­tur tritt auch das Tel­ler­set von Tut Keramik an. Die mini­ma­lis­tisch gestal­te­ten Teile lassen sich stapeln und brechen nicht. Das VELLO Bike – ein elek­tri­sches Klapp­rad – ist eben­falls Teil der Aus­stel­lung. Dazu passend gibt es auch die Trink­fla­sche Glug, die spe­zi­ell für die Dimen­sio­nen eines Kin­der­rads ent­wi­ckelt wurde. Sie ist geschmacks­neu­tral, wird aus hoch­wer­ti­gem Edel­stahl gefer­tigt und ist trotz ihrer Leich­tig­keit beinahe unzer­stör­bar.

Von Rest­stoff zu Roh­stoff

In der Pro­duk­ti­on von Kon­sum­gü­tern fallen laufend Rest­stof­fe an. Viele Betrie­be haben weder Ideen noch die Mittel, um diese Wert­stof­fe sinn­voll wei­ter­zu­ver­ar­bei­ten. Folg­lich werden tag­täg­lich Unmen­gen an Res­sour­cen ver­geu­det. Um dem ent­ge­gen­zu­wir­ken und Rest­stof­fe in Roh­stof­fe zu ver­wan­deln, wurde das Zweck­Zwei-Prinzip ins Leben gerufen. Zweck­Zwei ver­wan­delt immer wieder vor­kom­men­de Rest­stof­fe aus Gewerbe und Indus­trie in markt­fä­hi­ge Pro­duk­te. Gefer­tigt werden diese durch sozi­al­öko­no­mi­sche Betrie­be in der Region. „Für Indus­trie­be­trie­be sind anfal­len­de Rest- und Alt­stof­fe bloß Trash, für uns sind sie Tre­asu­re – und Aus­gangs­ma­te­ri­al für markt­fä­hi­ge Pro­duk­te mit mini­ma­lem Kli­maim­pact“, sagt Karl Stein­wen­der, Initia­tor von Zweck­Zwei.

Über 20 hei­mi­sche Indus­trie­be­trie­be liefern bereits ihre indus­tri­el­len Rest­stof­fe an Zweck­Zwei, unter anderem Nice­shops, A&R‑Karton, BT Watzke, Wollsdorf Leder, Ringana, Vossen, Zotter. Ziel ist es, Rest­stof­fe aus der Indus­trie noch vor der Ent­sor­gung oder einem auf­wen­di­gen Recy­cling­pro­zess abzu­fan­gen. Mar­ki­sen­res­te, Dreh­ver­schlüs­se, Schweiß­draht­spu­len, Alu­re­flek­to­ren und Kar­ton­hül­sen können so zu Aus­gangs­ma­te­ri­al für neue Pro­duk­te werden – mit mini­ma­lem Einsatz zusätz­li­cher Res­sour­cen.

Im Rahmen des Design-Camps Zweck­Zwei im Früh­jahr 2022 haben elf Desi­gne­rin­nen und Desi­gner – ein­schließ­lich der Kura­to­ren Io Tondolo und Itshe Petz von der Self­Sight­See­ing Company – daran gear­bei­tet, indus­tri­el­len Rest­stof­fen im Sinne des Cir­cu­lar Design ein zweites Leben zu geben. Die Aus­stel­lung „Zweck­Zwei – Shift Cir­cu­lar Design“ zeigt den Ver­wand­lungs­pro­zess „From Trash to Tre­asu­re“. Von Akus­tik­pa­nee­len über Schub­la­den­grif­fe und Design­ele­men­te bis zu Son­nen­hü­ten und Lampen. „Das Zweck­Zwei-Design­Camp war erst der Anfang. Damit können wir zeigen, was in diesem Bereich alles möglich ist. Allen voran die Ent­wick­lung hoch­wer­ti­ger Pro­duk­te aus Rest­stof­fen, die nicht in der klas­si­schen Öko-Nische ange­sie­delt sind.“, betonen Itshe Petz und Io Tondolo.

Erste Hilfe bei Design-Pro­ble­men

Auch Design ist frei­lich nicht vor Pro­ble­men gefeit. Ob waid­wun­des Logo, ver­un­fall­tes Mobi­li­ar, ver­un­glück­tes Raum­kon­zept oder Usa­bi­li­ty-Kollaps auf der Fir­men­web­site. Hier ver­sucht die Design-Clinic Abhilfe zu schaf­fen. Mit einer gewis­sen Ironie. Design­fach­kräf­te unter­su­chen und behan­deln nach Ter­min­ver­ein­ba­rung in der Girar­di­gas­se 1 noch bis zum 11. Juni sowohl ästhe­ti­sche als auch funk­tio­nel­le Pro­ble­me. „Mein Know-how liegt in der Gestal­tung von Räumen – ob Wohnung, Büro oder Garten. Wo immer jemand ein Unbe­ha­gen mit seinen Innen- oder Außen­räu­men emp­fin­det, freue ich mich, einen Beitrag zu leisten und mit guten, fri­schen Ideen the­ra­peu­tisch zu inter­ve­nie­ren.“, sagt Simone Kovac, Inte­ri­or Desi­gne­rin und Exper­tin der Design-Clinic über das nie­der­schwel­li­ge Ser­vice­an­ge­bot.

Initi­iert wurde das Projekt von Design und Culture Con­sul­tant Karl Stocker und Eber­hard Schr­empf, Geschäfts­füh­rer der Crea­ti­ve Indus­tries Styria. „Bei aller Ironie liegt dem Projekt auch der nötige Ernst zugrun­de.“, erläu­tert Eber­hard Schr­empf, „Es gibt einfach zu viel miss­glück­tes Design auf der Welt. Darauf auf­merk­sam zu machen und auch gleich pro­fes­sio­nel­le Lösun­gen anzu­bie­ten, ist das Ziel der Design-Clinic.“

Credit: Woom

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