Chris­ti­na Dow|

Weine an der Spitze

Große Weine auf kleinem Raum – so könnte man die steirischen Weine beschreiben. Vor allem die Qualitätsspitze – die Riedenweine – zeigt dabei, was die Steiermark kann: lebendige, vielschichtige und langlebige Weine hervorbringen, die international für Aufsehen sorgen.

Von der West­stei­er­mark über die Süd­stei­er­mark bis ins Vul­kan­land findet man Geschmä­cker im Glas, die einen berüh­ren und begeis­tern. Haben Sie sich schon ihr Ver­kos­tungs­pa­ket für zu Hause gesi­chert?

Oft im Leben ist es ja so, dass Masse nicht gleich Klasse ist. Sieht man sich hierbei den stei­ri­schen Wein an, trifft dies wohl zu 100 Prozent zu. Inter­na­tio­nal gesehen ist die Stei­er­mark mit ihren rund 5.000 Hektar Reb­flä­che ein eher über­schau­ba­res Anbau­ge­biet. Sieht (oder kostet) man jedoch etwas genauer hin, merkt man sofort, welch große Weine hier auf kleinem Raum ent­ste­hen.

Wahr­schein­lich war schon fast jeder von Ihnen einmal in einer der drei stei­ri­schen Wein­bau­re­gio­nen West­stei­er­mark, Süd­stei­er­mark oder Vul­kan­land unter­wegs und ist bei einem Winzer auf ein, zwei Gläser ein­ge­kehrt. Viel­leicht ver­bun­den mit einer boden­stän­di­gen Jause in einer der berühm­ten Buschen­schän­ken. Und während Sie den Sau­vi­gnon Blanc in ihrem Glas geschwenkt haben und in ein Kern­öl­top­fen­brot gebis­sen haben, ist ihr Blick über die idyl­li­sche Hügel­land­schaft geschweift. Können Sie sich noch an dieses Glücks­ge­fühl erin­nern?

Genau das macht den stei­ri­schen Wein aus. Er steht für Emotion, für Boden­stän­dig­keit, für Gast­freund­schaft. Und das tut er, weil er aus echter Hand­ar­beit ent­stan­den ist.

Durch die Hügel und Steil­la­gen der Regio­nen waren die stei­ri­schen Winzer*innen seit jeher zur Hand­ar­beit und Hand­le­se ver­don­nert. Meter für Meter werden auch heute noch die Wein­stö­cke manuell bear­bei­tet – vom Schnei­den und Binden in den kalten Win­ter­mo­na­ten über die Pflan­zen­schutz­maß­nah­men im Sommer bis hin zur Lese im Herbst. Bis eine Traube zu Wein wird, sind Dut­zen­de Hand­grif­fe und unzäh­li­ge Stunden harter Arbeit not­wen­dig. In Steil­la­gen wird oft bei fast schon bedroh­li­chen Bedin­gun­gen mit Sicher­heits­sei­len gear­bei­tet, manche Wein­gär­ten sind nur bei bestimm­ten Wet­ter­ver­hält­nis­sen mit dem Traktor befahr­bar.

Doch diese strikte Hand­ar­beit zahlt sich aus. Man schmeckt die Qua­li­tät bei jedem Schluck. Stei­ri­scher Wein ist saftig, frisch, leben­dig, ani­mie­rend und macht Lust auf mehr. Und dennoch könnten die Weine aus den ein­zel­nen Regio­nen und in den drei Qua­li­täts­stu­fen nicht unter­schied­li­cher sein.

Post­kar­ten­pan­ora­ma im Süden

Die Süd­stei­er­mark ist mit ihren 2.785 Hektar das größte DAC-Wein­bau­ge­biet der Stei­er­mark. Diese Region packt sowohl Besu­cher als auch Bewoh­ner mit ihrer Schön­heit und der ein­zig­ar­ti­gen Stim­mung, die vor allem im Herbst ein span­nen­des Spiel aus bunt gefärb­ten, steilen Wein­ber­gen und dichten Nebel­fle­cken dar­stellt. Man kann ­sagen: Das pit­to­res­ke süd­stei­ri­sche Wein­land ist mit seiner wild­ro­man­ti­schen, hüge­li­gen Kul­tur­land­schaft eine der schöns­ten und ein­la­dends­ten Wein­re­gio­nen Europas – ein Labsal für Auge und Seele.

Doch genau aus diesem Grund ist hier der Weinbau regel­recht Schwerst­ar­beit, weil die meisten Reben auf extre­men Steil­hän­gen stehen. Oft ist in maschi­nel­le Hilfe kaum möglich, die gute alte Hand­ar­beit wird zum täg­li­chen Job, der viel Schweiß und Geduld fordert.

In der Süd­stei­er­mark ist die Haupt­hei­mat der fri­sches­ten und gehalt­volls­ten Sau­vi­gnons Mit­tel­eu­ro­pas. Der Sau­vi­gnon Blanc ist jene Wein­sor­te, mit der die Stei­er­mark inter­na­tio­nal berühmt wurde. Er hat hier eine lange Tra­di­ti­on und über­zeugt mit Aroma, Frische und Dichte.

Kraft der Erup­ti­on

Dass auf einem ehe­ma­li­gen Vulkan etwas Beein­dru­cken­des ent­ste­hen muss, kann man sich fast denken. Dass daraus eine ganze Wein­re­gi­on wird, ist wohl Gottes Geschenk. Die Anbau­re­gi­on Vul­kan­land Stei­er­mark DAC ist kein zusam­men­hän­gen­des Wein­bau­ge­biet, in welchem die Wein­gär­ten der ver­schie­de­nen Hügel und Täler ver­bun­den sind (wie es etwa in der Süd­stei­er­mark der Fall ist), sondern es ist ein Wein­bau­ge­biet, das sich aus einigen kleinen und mit­tel­gro­ßen Wein­bau­in­seln zusam­men­setzt. Auf den 1.644 Hektar wächst eine große Sor­ten­viel­falt – der Tra­mi­ner spielt hier eine ebenso große Rolle wie auch der Grau­bur­gun­der oder der Welsch­ries­ling. Aber auch groß­ar­ti­ge Rot­wei­ne findet man im stei­ri­schen Vul­kan­land.

Schil­cher als Star

Wussten Sie, dass sich das bedeu­tends­te Rosé­wein­bau­ge­biet Mit­tel­eu­ro­pas in der Stei­er­mark befin­det? Und zwar in der West­stei­er­mark! Es ist mit ledig­lich 667 Hektar Anbau­flä­che das kleins­te Wein­bau­ge­biet der Stei­er­mark, hat aber mit dem dort groß­flä­chig kul­ti­vier­ten Schil­cher einen echten Star und eine auto­chtho­ne Reb­sor­te zu bieten. Der quietsch­ro­sa bis lachs­far­be­ne Tropfen begeis­tert nicht nur die Ein­hei­mi­schen und Gäste, sondern sorgt auch seit vielen Jahren inter­na­tio­nal im Export für Furore. Säure und Frucht gehen beim Schil­cher eine geniale Sym­bio­se ein – je nach Aus­bau­stu­fe zeigt sich der Wein in seiner vollen Kom­ple­xi­tät. Als Reb­sor­te dient aus­schließ­lich die Sorte Blauer Wild­ba­cher.

Drei Stufen zum Glück

Die Ernte des Jahr­gangs 2024 ist nun überall in den Kellern. Die tage­lan­ge, oft wochen­lan­ge Hand­le­se hat sich bezahlt gemacht. Die frühe Reife und die warmen Son­nen­stun­den bis Anfang Sep­tem­ber haben zu einer sen­sa­tio­nel­len Qua­li­tät in allen stei­ri­schen Regio­nen geführt. Alko­hol­ge­halt und Säure sind im Ein­klang, ein groß­ar­ti­ger Jahr­gang ent­steht. Manche spre­chen bereits von einem Jahr­tau­send­wein.

Doch davon sollten Sie sich am besten selbst über­zeu­gen. Längst haben Sie bestimmt schon ihren Lieb­lings­win­zer, ihre Reb­sor­te oder ihre favo­ri­sier­te Aus­bau­wei­se gefun­den. Viel­leicht denken Sie das aber auch nur.

Denn Hand aufs Herz: Haben Sie sich tat­säch­lich schon einmal die Zeit genom­men, Weine – viel­leicht in gesel­li­ger Runde – in Ruhe zu ver­kos­ten und sie bewusst mit­ein­an­der zu ver­glei­chen? Viel­leicht drei Moril­lons von drei ver­schie­de­nen Winzern? Oder einen Weiß­bur­gun­der in den drei Aus­bau­stu­fen Gebiets­wein, Orts­wein, Rie­den­wein? Oder drei ver­schie­de­ne Weine von ein und der­sel­ben Riede?

An dieser Stelle sei Ihnen noch einmal die DAC-Her­kunfts­py­ra­mi­de ans Herz gelegt. Die erste Stufe steht für die gebiets­ty­pi­schen, klas­sisch aus­ge­bau­ten Weine in den drei zuvor beschrie­be­nen Regio­nen (Süd­stei­er­mark, Vul­kan­land, West­stei­er­mark). Das heißt, die Trauben des Weins können ver­teilt aus jeweils einer dieser Regio­nen stammen.

Eine Stufe darüber befin­den sich die Orts­wei­ne, das heißt, die Trauben dürfen nur aus einer der fest­ge­leg­ten Orts­re­gio­nen (wie zum Bei­spiel Gamlitz) stammen. Und die höchste Stufe der Pyra­mi­de steht für die höchste Spitze der Qua­li­tät – die Rie­den­wei­ne. Damit ver­pflich­tet sich der Winzer nicht nur, dass die Trauben aus einer kleinen, ein­ge­tra­ge­nen, kli­ma­tisch bevor­zug­ten Par­zel­le seines Wein­gar­tens stammen, sondern auch, dass sie länger ruhen und reifen dürfen.

Kost­ba­re Rieden

Keine Riede ist wie die andere. Ihr eigener Cha­rak­ter, der sich aus der Aus­rich­tung der Riede, der Son­nen­ein­strah­lung, dem Boden und der Arbeit des Winzers zusam­men­setzt, gibt jedem Rie­den­wein seinen indi­vi­du­el­len Cha­rak­ter. Hand­le­se ist zwar in allen drei DAC-Qua­li­täts­stu­fen vor­ge­schrie­be­nes Gesetz, doch gerade bei den Rie­den­wei­nen ist dies eine regel­rech­te Kür. Nicht selten kommt es vor, dass Winzer*innen ihre gelieb­ten Rieden in meh­re­ren Durch­gän­gen lesen – um damit jede ein­zel­ne Traube wirk­lich erst dann vom Stock zu holen, wenn sie die per­fek­te Reife und die per­fek­te Zucker-Säure-Balance hat.

Egal, ob sie sich selbst durch die Spitze des stei­ri­schen Weins kosten möchten oder ob sie jeman­den eine Freude machen wollen: Nutzen Sie die Chance der Rie­den­wein-Ver­kos­tungs­pa­ke­te der Winzer*innen! So erleben Sie nicht nur die gesamte Band­brei­te der stei­ri­schen Wein­power, sondern wür­di­gen damit auch ein Stück hei­mi­sches Kul­tur­gut – die Hand­ar­beit. Zum Wohl!

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