Die Sonne im Herzen

Ariane Schrauf ist krank. Schwer krank. Und dennoch verliert sie nicht den Mut und ihre positive Lebenseinstellung. Im Gegenteil: Sie schwingt sich aufs Rad, fährt rund um Österreich, sammelt Spenden für die Forschung, gründet einen Verein. Mit enormer Willenskraft, der Sonne im Herzen und mithilfe neuer Therapien wächst sie über sich hinaus. Und ist für viele ein Vorbild.

Dass sie das schafft, grenzt an ein Wunder, sagt die Ärztin. Hunderte Kilometer auf dem Rad, als Training zwischendurch oder im Rahmen des Ultra­radrennens „Race around Austria“. Aber auch Job, Familie, ein selbstständiges Leben. Denn was für viele selbstverständlich ist, wird für Ariane Schrauf sehr schnell zur Herausforderung: das simple Aufschrauben eines Marmeladeglases, Rollos hochziehen, eine Faust machen und manchmal gar aus dem Bett steigen. Doch die 45-jährige Mutter eines heute 20-jährigen Sohnes denkt nicht ans Aufgeben. Ihr Wille ist enorm, ihre Lebensfreude beispielgebend und trotz des harten Schicksals ungebrochen. Wenn auch oft getrübt, denn Schmerzen, physische und psychische Grenzgänge sowie vielfältige körperliche Einschränkungen gehören zu ihrem Alltag. Ariane leidet an einer seltenen, unheilbaren Krankheit.

Gefangen in der Enge

„Sklerodermie ist eine seltene Autoimmunerkrankung, bei der es aus bisher ungeklärter Ursache zu einer Vermehrung bzw. Verhärtung des Bindegewebes kommt“, erklärt Univ.-Ass. Doz. Dr. Florentine Moazedi-Fürst, Fachärztin für Innere Medizin und Rheumatologie, die im LKH Graz die Sklerodermie-Abteilung leitet und neben anderen Patienten auch Ariane Schrauf behandelt. „Meist erkranken Frauen, aber auch Männer können betroffen sein. Die systemische Sklerodermie kann in allen Altersgruppen vorkommen, betrifft aber meist 30- bis 50-Jährige, ein zweiter Altersgipfel findet sich um das 60. bis 70. Lebensjahr“, schildert die Ärztin. Sind die Symptome auf die Haut begrenzt, spricht man von einer zirkumskripten Sklerodermie, bei der systemischen Sklerodermie sind auch innere Organe wie Lunge, Darm, Herz oder Nieren betroffen. „Die Ursache für einen Ausbruch kennen wir noch nicht. In der Regel beginnt es als ,Entzündung‘ der Haut, zunächst meist an den Händen“, so Dr. Moazedi-Fürst. „Diese verhärtet sich zunehmend. Die Patienten beschreiben es als ein Gefühl, in einem zu engen Handschuh bzw. in zu enger Kleidung zu stecken.“ Das Bindegewebe kann so verhärten, dass selbst eine Blutabnahme durch die Haut unmöglich wird.

Hinzu können schmerzhafte Verfärbungen der Finger bei Kälte oder in Stresssituationen kommen, ebenso offene Stellen und Verkalkungen der Haut. „Gefährlich ist der Befall innerer Organe – vor allem die Lungenbeteiligung (bei ca. 80 Prozent der Fälle), aber auch Herz, Muskeln und der Magen-Darm-Trakt werden nicht selten lebensbedrohlich in Mitleidenschaft gezogen.“ Ariane lebt seit drei Jahren mit dieser Diagnose, auch ihre Organe sind bereits betroffen. Mit ihrer positiven Lebenseinstellung und der Zuversicht, mit der sie an die Herausforderungen des Alltags herangeht, aber auch mit ihrem abenteuerlichen Projekt „foahrmaarunde“ gehört die Osliperin gewiss zu den mutigsten Frauen Österreichs. So hat sie im Vorjahr via Rad sogar den Großglockner bezwungen. „Wenn ich aufs Rad steige, gönne ich meiner Krankheit eine Erholungspause“, sagt sie. „Beim Radfahren habe ich keine Spannungsgefühle in den Beinen. Das liegt vermutlich an den Glückshormonen, die mein Körper dabei ausschüttet.“

Aufklären & Forschen

Aufgrund der Vielfalt an Erscheinungsmöglichkeiten und Verlaufsformen dauert es oft lange, bis die systemische Sklerose diagnostiziert wird. Dabei sei es enorm wichtig, keine Zeit zu verlieren, so die Medizinerin, die das Bewusstsein für diese seltene, jedoch für viele tödliche Erkrankung erhöhen will. Denn mittlerweile können medikamentöse, ergotherapeutische und psychologische Maßnahmen sehr hilfreich sein. „An der klinischen Abteilung für Rheumatologie und Immunologie der Med Uni Graz haben wir ein eigenes Therapieschema (Grazer Protokoll) entwickelt. Seither haben wir keinen einzigen unserer Patienten mehr an die Erkrankung verloren“, sagt die Ärztin stolz, stellt jedoch mit Bedauern fest: „Weitere viel versprechende Projekte konnten bisher aber noch nicht realisiert werden, da es sehr schwierig ist, Forschungsunterstützung zu bekommen.“

Mit ein Grund, warum Ariane Schrauf mit ihrem Verein zur Förderung des Sports als Medizin und ihrer im August neuerlichen Teilnahme an der Race Around Austria-Challenge die Öffentlichkeit auf diese Erkrankung aufmerksam machen und dabei Spenden für die Forschung sammeln will. Diesmal will sie in einem Viererteam ganze 2.200 Kilometer und 30.000 Höhenmeter nonstop überwinden. „Mir wird es nicht mehr helfen, aber ich hoffe, dass die Krankheit eines Tages heilbar sein wird“, sagt Ariane und lächelt. Sie ist eine wahre Pionierin und als Role-Model bestes Beispiel dafür, wie man mit schlimmen Diagnosen, Schicksalsschlägen und nicht zuletzt Lebenskrisen bestmöglich und positiv umgehen kann.

Mehr Informationen:
www.foahrmaarunde.at
www.moazedi.at
Spendenkonto:
AT77 1200 0100 3240 3916

Fotocredit: Privat

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