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Bad im Wald

Die Heil­kraft der Natur wirkt auf Körper und Geist: Was die Boten­stof­fe der Bäume bewir­ken können und worin der Benefit im Ver­las­sen der Kom­fort­zo­ne liegt.

Ein­at­men. Aus­at­men. Den Boden bewusst unter den Füßen spüren, die Wald­luft inha­lie­ren, den Natur­ge­räu­schen lau­schen, alle Sinne akti­vie­ren, die Seele baumeln lassen. Kurzum: wald­ba­den. Was in Japan seinen Ausgang genom­men hat und als „Shirin Yoku“ sogar schul­me­di­zi­nisch aner­kann­te Kuren ermög­licht, dem wird auch bei uns ver­stärkt Auf­merk­sam­keit geschenkt: der heil­sa­men Wirkung des Waldes. Das kommt nicht von unge­fähr.

„Vor über sieben Mil­lio­nen Jahren haben unsere Vor­fah­ren begon­nen, sich zu den moder­nen Men­schen zu ent­wi­ckeln, die wir heute sind. Das heißt, die Mensch­heit hat 99,99 Prozent des gesam­ten Evo­lu­ti­ons­pro­zes­ses in natür­li­cher, meist wald­rei­cher Umge­bung ver­bracht“, sagt die Wald­ba­den- und Burn-out-Pro­phy­la­xe-Trai­ne­rin Ulli Felber. Evo­lu­ti­ons­ge­schicht­lich ist uns also ein natür­li­cher Lebens­raum deut­lich „näher“ als ein urbaner, „diese Ver­bin­dung spüren die meisten von uns sehr deut­lich, wenn sie in die Natur bezie­hungs­wei­se in den Wald gehen“.

Ver­ant­wort­lich für den posi­ti­ven Effekt des Wald­ba­dens sind in erster Linie die soge­nann­ten „Terpene“ – Mole­kü­le, die von Bäumen abge­son­dert werden. Man geht davon aus, dass der Körper die Boten­stof­fe ent­schlüs­selt und positiv für sich nutzt. Unser Immun­sys­tem reagiert mit einer deut­li­chen Stei­ge­rung der Abwehr­kräf­te. „Bereits ein ein­zi­ger Tag in einem Wald­ge­biet stei­gert die Zahl unserer natür­li­chen Kil­ler­zel­len im Blut um fast 40 Prozent“, schreibt der stei­ri­sche Biologe und Autor Clemens Arvay in seinem Buch „Der Bio­phi­lia-Effekt. Heilung aus dem Wald“.

Eine große Anzahl inter­na­tio­na­ler Studien zeigt einen deut­li­chen Zusam­men­hang zwi­schen der Gegen­wart von Bäumen und der Gesund­heit. Wald­auf­ent­hal­te können das Immun­sys­tem stärken, den Stress­ab­bau fördern und der Burn-out-Prä­ven­ti­on dienen, bei Atem­wegs­er­kran­kun­gen wohl­tu­end wirken und sich positiv auf den Blut­druck aus­wir­ken.

„Laut japa­ni­schen Ärzten soll man beim Wald­ba­den nicht mehr als einen guten Kilo­me­ter pro Stunde zurück­le­gen“, bringt es Felber in ihrem Übungs­hand­buch zum Thema Wald­ba­den auf den Punkt. Der Weg ist das Ziel. Nicht nur der Cock­tail aus Ter­penen wirkt, Natur­ge­räu­sche akti­vie­ren und ent­span­nen gleich­zei­tig, Düfte sind eng mit Kind­heits­er­in­ne­run­gen ver­knüpft. Das heil­sa­me Grün ver­stärkt laut Farb­psy­cho­lo­gie Kon­zen­tra­ti­on und Krea­ti­vi­tät, ver­mit­telt aber auch Ruhe und Har­mo­nie. „Im Wald ticken nicht nur die Uhren anders, sondern wir sind auch allen sozia­len und gesell­schaft­li­chen Bewer­tun­gen und Maß­stä­ben tem­po­rär ent­ho­ben. Es spielt keine Rolle, wer wir sind, wie wir aus­se­hen, woran wir glauben. All das, worüber wir uns in einer Gesell­schaft defi­nie­ren, hat im Wald keine Bedeu­tung – und das kann auf men­ta­ler Ebene eine große Erleich­te­rung sein“, sagt Felber.

Sich den Kreis­lauf der Natur zu ver­ge­gen­wär­ti­gen ist auch für gesun­des Altern hilf­reich. „Jede Jah­res­zeit, jedes Alter hat ein­zig­ar­ti­ge und schöne Seiten. Ich denke, man sollte sich ganz bewusst genuss­vol­len Dingen widmen und ruhig einen Schritt aus der Kom­fort­zo­ne machen. Viel­leicht gibt es Träume, die man schon in der Jugend hatte und sich nie die Gele­gen­heit geboten hat, diese zu ver­wirk­li­chen. Mög­li­cher­wei­se ist jetzt die Zeit dafür – ob in der Wildnis campen oder einen Roman schrei­ben.“

Kontakt

www.waldwelt.at

 

Foto­credit: Stei­er­mark Tou­ris­mus / ikarus.cc

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