Wirtschaftsbarometer: Jetzt alle Konjunkturhebel in Bewegung setzen!

Die Coronakrise hat die steirischen Unternehmen hart getroffen. Ob Umsatz, Auftragslage, Preisniveau, Investitionen oder Beschäftigung: sämtliche Konjunkturdaten liegen im aktuellen Wirtschaftsbarometer der WKO Steiermark deutlich im Minus – vor allem was die Aussichten fürs zweite Halbjahr betrifft. Hier blicken, was das Wirtschaftsklima angeht, 73,5 Prozent der insgesamt 1.025 befragten Unternehmerinnen und Unternehmer pessimistisch in die Zukunft – optimistische Rückmeldungen kommen nur von 1,9 Prozent. Macht unterm Strich einen Negativsaldo von -71,6 Prozentpunkten. „Hierbei handelt es sich wie gesagt um Erwartungen. Darum müssen wir jetzt alle Hebel in Bewegung setzen, damit aus diesen Erwartungen keine wirtschaftliche Realität wird“, betonen WKO Steiermark Präsident Josef Herk und Direktor Karl-Heinz Dernoscheg, die dazu auch einen Maßnahmenkatalog vorlegen: „Wir müssen Liquidität aufbauen und Investitionen ankurbeln, etwa durch eine neue Ökoprämie für den Autokauf.“

Die Konjunktur in der Steiermark ist aktuell von Corona und den dadurch ausgelösten Maßnahmen geprägt – das zeigen die Zahlen des aktuellen Wirtschaftsbarometers der WKO Steiermark. Nach einem durchwegs positiven Start ins Jahr wurde die heimische Wirtschaft durch das Virus jäh gebremst. Liegen die Saldenwerte, was den bisherigen Geschäftsverlauf betrifft, noch deutlich im positiven Bereich – Gesamtumsatz (+34,4 Prozentpunkte), Auftragslage (+33,9), Preisniveau (+23,6), Investitionen (+20,3) und Beschäftigung (+24,9) – so fällt der Ausblick ins zweite Halbjahr äußerst negativ aus: Der Saldowert für die Umsatzerwartungen fällt auf -48,2 Prozentpunkte, für die Auftragslage auf -43,1, fürs Preisniveau auf -7,2, für Investitionen auf -50,0 und für Beschäftigung auf -40,7 Prozentpunkte. „Angesichts der massiven coronabedingten Einschränkungen überraschen diese Ergebnisse allerdings nur bedingt. Sie zeigen, dass es weitere konjunkturfördernde Maßnahmen braucht“, betont WKO Steiermark Präsident Josef Herk. Ziel müsse es sein, dass diese Erwartungen nicht zur wirtschaftlichen Realität werden. Hier würde das Wirtschaftsklima nämlich von soliden +11,9 Prozentpunkten (bisherige Entwicklung) auf -71,6 Prozentpunkte abrutschen.

„Die Regierung hat in der Krise entschieden gehandelt. Gemeinsam mit den Sozialpartnern wurden viele Maßnahmen gesetzt, die noch schlimmere wirtschaftliche Auswirkungen verhindert haben. Auf dieser Basis können wir jetzt mit den richtigen Maßnahmen den wirtschaftlichen Restart schaffen“, ist auch WKO Steiermark Direktor Karl-Heinz Dernoscheg überzeugt. Insgesamt 1.025 steirische Unternehmerinnen und Unternehmer haben an dieser ersten großen Konjunkturumfrage seit Corona teilgenommen. „Sie spiegelt sämtliche Branchen, Regionen und Betriebsgrößen wider und lässt darüber hinaus auch einen Vergleich mit bundesweiten Daten zu“, erklärt Dernoscheg.

So schätzen die Unternehmer die Geschäftsentwicklung ein

UMSATZ. Die bisherige Umsatzentwicklung erwies sich als überwiegend zufriedenstellend (Umsatz bisher gestiegen: 52,5 %; gesunken: 18,1 %; Saldo: +34,4 Prozentpunkte). Die Umsatzerwartungen entsprechen jedoch dem aktuellen Konjunkturbild: 59,2 % rechnen mit einem Umsatzrückgang und nur 11,0 % mit einer Umsatzsteigerung im kommenden Jahr, wodurch der Erwartungssaldo fürs zweite Halbjahr buchstäblich einbricht. Mit -48,2 Prozentpunkten markiert dieser ebenfalls den niedrigsten Wert seit Beginn der Zeitreihe.

AUFTRAGSLAGE. Auch der Saldo zur erwarteten Auftragslage markiert in der aktuellen Wirtschaftsbarometer-Umfrage ein „All-Time-Low“. Nach einer robusten Entwicklung in den Monaten vor der Corona-Pandemie (Saldo bisher: +33,9 Prozentpunkte), kommt diese gegen Ende des ersten Quartals 2020 abrupt zum Erliegen. Der Erwartungssaldo für die kommenden Monate rasselt damit auf -43,1 Prozentpunkte und befindet sich erstmals seit dem Jahr 2015 wieder deutlich unter der Nulllinie.

PREISE. Die Konjunkturprognose weist in diesem Bereich ebenfalls ein Minus aus, wobei dieses mit -7,2 Prozentpunkten (Erwartungssaldo) im Vergleich zum restlichen Konjunkturbild noch moderat ausfällt. Konkret rechnen 15,5 % der befragten Unternehmerinnen und Unternehmer mit steigenden Preisen, 22,7 % gehen jedoch von einem sinkenden Niveau aus. In etwa jeder zweite möchte versuchen sein bisheriges Preisniveau auch künftig zu halten. Beim bisherigen Preisniveau betrug der Saldowert noch +23,6 Prozentpunkte.

INVESTITIONEN. Der allgemeinen Entwicklung entsprechend dürfte auch die Investitionsbereitschaft der Unternehmen in den kommenden zwölf Monaten deutlich nachlassen (Investitionsvolumen wird steigen: 5,1 %, sinken: 55,1 %). Der Erwartungssaldo fällt auf unerfreuliche -50,0 Prozentpunkte, der aktuelle Wert (Investitionen bisher) beträgt zum Vergleich noch +20,3 Prozentpunkte. Die befragten Unternehmen werden künftig eher aufgrund von Ersatzbedarf investieren (44,7 % der Unternehmen, die derzeit Investitionen planen), Neuinvestitionen spielen aktuell eine untergeordnete Rolle.

BESCHÄFTIGUNG. Bereits in den vergangenen Monaten hat sich die Unsicherheit in Bezug auf den weiteren Wirtschaftsverlauf erstmals wieder auf die Erwartungen hinsichtlich der Beschäftigungsentwicklung niedergeschlagen. Dennoch haben mehr steirische Unternehmen Personal aufgestockt (36,7 %) als abgebaut (11,8 %), was der positive Saldo von 24,9 Prozentpunkten widerspiegelt. Der „Lockdown“ aufgrund der Corona-Pandemie hat den heimischen Arbeitsmarkt nun unerwartet erschüttert. Trotz Gegenmaßnahmen wie Kurzarbeit dürfte den Erwartungen der steirischen Unternehmen nach zu urteilen, die Situation in den kommenden Monaten angespannt bleiben. Die Hälfte (46,2 %) geht von einer sinkenden Beschäftigungszahl im kommenden Jahr aus, wohingegen nur 5,5 % mit einer Personalaufstockung rechnen. Der Erwartungssaldo von -40,7 Prozentpunkten liegt damit auf dem Niveau zu Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise (Frühjahr 2009: -40,4 Prozentpunkte).

EXPORT. Corona hat den internationalen Handel schwer getroffen, das spiegelt sich auch in der aktuellen Umfrage wieder: Der Erwartungssaldo steirischer Exportunternehmen fällt hier von +24,1 Prozentpunkten im Herbst 2019 auf -22,5 Prozentpunkte. Im Detail: 42,3 % der Exportbetriebe erwarten überwiegend sinkende Exportumsätze, 10,6 % können die weitere Entwicklung derzeit nicht abschätzen und immerhin 19,9 % zeigen sich optimistisch. Die Rückmeldungen zum Exportumsatz sind damit zwar ebenfalls überwiegend negativ, fallen aber besser aus als jene zum Inlandsumsatz.

Steiermark im Österreichvergleich

Die Konjunktureinschätzung der steirischen Unternehmer decken sich in vielen Bereichen mit jenen im Rest Österreichs. Erwies sich die bisherige Entwicklung noch überwiegend als zufriedenstellend (Österreich bisher Gesamtumsatz: +8,6; Auftragslage: +8,2 Prozentpunkte), so liegen die Erwartungssalden nun weit unter der Nulllinie. Besonders die Investitionsbereitschaft der österreichischen Unternehmen hat durch die Covid-19-Pandemie einen massiven Dämpfer erhalten. 55,1 % der Befragungsteilnehmer gehen von einem Rückgang ihres Investitionsvolumens in den kommenden zwölf Monaten aus, nur 4,2 % planen eine Ausweitung. Der Erwartungssaldo rasselt damit in den Keller auf -50,9 Prozentpunkte. Die Ungewissheit in Bezug auf den weiteren Wirtschaftsverlauf spiegelt sich auch in den Einschätzungen zur erwarteten Beschäftigungsentwicklung wider. Künftig rechnen nun deutlich mehr Unternehmen mit einem Personalabbau (Österreich: 41,7 %; Steiermark: 46,2 %) als mit einer Personalaufstockung (Österreich: 5,8 %; Steiermark: 5,5 %). Die daraus resultierenden Erwartungssalden erreichen Werte von -35,9 (Österreich) und -40,7 (Steiermark).

Wirtschaftsklima in den Regionen

Das allgemeine Wirtschaftsklima der letzten Monate wurde von den steirischen Unternehmen überwiegend als positiv empfunden, wenngleich sich die Konjunkturabkühlung nach der Hochphase 2017/2018 klar bemerkbar machte. Durch die „Corona-Krise“ sind die Erwartungen nun durchwegs eingebrochen: In allen steirischen NUTS-3-Regionen überwiegen die Pessimisten deutlich. Die niedrigsten Erwartungssalden weisen dabei die Regionen Liezen (-79,0 Prozentpunkte), Oststeiermark (-77,1) und Großraum Graz (-74,3) auf. Am besten ist das Ergebnis in der Hochsteiermark, wenngleich der negative Saldo von -55,9 Prozentpunkten ebenfalls ein regionales Rekordtief vermuten lässt.

Geschäftslage nach Betriebsgröße

KLEINUNTERNEHMEN. Die bisherige Geschäftslage erwies sich trotz Abwärtstrend als gut: 45,9 % der befragten Kleinunternehmen konnten ihren Umsatz im vergangenen Jahr steigern, wohingegen 18,6 % Umsatzeinbußen hinnehmen mussten (Saldo: 27,4 Prozentpunkte). Durch den „Corona-Lockdown“ wurden die Betriebe vor bisher unbekannte Herausforderungen gestellt: Rund zwei Drittel der befragten Kleinunternehmen rechnen mit einem Rückgang des Gesamtumsatzes im kommenden Jahr, nur 8,2 % zeigen sich im Frühjahr 2020 optimistisch (Erwartungssaldo:  -55,2 Prozentpunkte). 17,6 % können aktuell nicht sagen, wie sich ihre Umsatzsituation im nächsten Jahr entwickeln wird.

MITTELUNTERNEHMEN. Auch das Konjunkturprofil der Mittelbetriebe ist im Frühjahr 2020 von negativen Trendpfeilen gekennzeichnet. Einzige Ausnahme ist der Saldo zum bisherigen Gesamtumsatz, dieser steigt gegenüber Herbst 2019 auf 47,4 Prozentpunkte an. Die Verunsicherung in Bezug auf die weitere Entwicklung ist auch unter den Mittelunternehmen groß: 67,0 % erwarten in den kommenden 12 Monaten einen Umsatzrückgang, nur 11,4 % gehen derzeit von einer Umsatzsteigerung aus. Der Erwartungssaldo rutscht damit weit unter die Nulllinie auf -55,6 Prozentpunkte).

GROSSUNTERNEHMEN. Das Konjunkturprofil der steirischen Großunternehmen steht wenig überraschend ebenfalls im Zeichen der Covid-19-Pandemie. Die Abwärtsbewegung, die sich bereits im Laufe des Jahres 2019 abgezeichnet hat, wurde durch die Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus um ein Vielfaches beschleunigt. Während bisher noch 42,9 % der Großunternehmen steigende Umsätze verbuchen konnten, erwarten im Frühjahr 2020 nur noch 16,6 % eine positive Entwicklung. Jeder Dritte rechnet mit einem Umsatzrückgang in den kommenden 12 Monaten. Der Erwartungssaldo verringert sich damit auf -17,3 Prozentpunkte – dennoch das beste Ergebnis im Größenklassenvergleich.

„Ökoprämie für Autokauf wäre doppelter Gewinn“

Damit diese negativen Aussichten zu keiner langfristigen wirtschaftlichen Realität werden, brauche es weitere konjunkturbelebende Maßnahmen, sind Herk und Dernoscheg überzeugt: „Wir müssen die Abwärtsspirale durchbrechen und die Konjunkturlok wieder in Fahrt bringen. Dafür braucht es zum einen wieder Vertrauen und Planbarkeit, zum anderen investitionsfördernde Impulse. Die Politik hat in der Krise schnell und entschieden reagiert, selbiges erwarten wir uns jetzt auch für den wirtschaftlichen Restart“, betonen Herk und Dernoscheg unisono. Die Experten der WKO Steiermark haben dafür ein entsprechendes Maßnahmenpaket geschnürt, das nicht zuletzt auch die Bedeutung des Mobilitätssektors für die steirische Wirtschaft berücksichtigt. „Die Steiermark ist ein Automobilland. Durch die Einführung einer Ökoprämie für den Kauf eines schadstoffarmen Neuwagens könnte man sowohl für die Umwelt als auch für die Wirtschaft einen wertvollen Impuls setzen“, schlagen Herk und Dernoscheg vor. Hier die Kernpunkte des Programms im Überblick:

Vertrauen aufbauen: Vom „Lockdown“ zum „Restart“

  • Rasche und zugleich vollständige Öffnung aller Wirtschaftsbereiche auf Basis klarer und nachvollziehbarer Regelungen
  • Digitalisierungsschub der Krise nutzen (Breitbandausbau etc)
  • Kritische Infrastruktur sichern und strategisch wichtige Produktionseinheiten
    zurück nach Europa holen

Liquidität aufbauen und Investitionen ankurbeln

  • Haftungs- und Hilfsprogramm weiterführen
  • Steuerreform mit Fokus auf Entlastung und Investitionen
  • Schwellenwerte für öffentliche Vergaben anheben

Beschäftigung sichern und Konsum stärken

  • Corona-Kurzarbeit bis Ende des Jahres 2020 verlängern
  • Weitere Vereinfachung der Kurzarbeit und Schaffung von Bildungsanreizen
  • Behaltefristen im Zusammenhang mit Kurzarbeit und Frühwarnsystem lockern
  • Einführung Ökoprämie beim Kauf schadstoffarmer neuer PKW

 

Foto: WKO Steiermark Präsident Josef Herk (r.) und WKO Steiermark Direktor Karl-Heinz Dernoscheg: „Wir müssen jetzt alle Konjunkturhebel in Bewegung setzen, damit aus den negativen Erwartungen keine wirtschaftliche Realität wird.“

Fotocredit: Fischer

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