Mit jenen Tech­no­lo­gien, die unser aller Leben in den nächsten fünf bis zehn Jahren drastisch verändern werden, befasst sich tra­di­tio­nel­ler­wei­se der „Gartner Report“. Die neueste Ausgabe nennt unter anderem Human Aug­men­ta­ti­on, also die Erwei­te­rung des Menschen. Ver­bes­ser­te Sinne oder über­mensch­li­che Kräfte sind nur ein kleiner Teil der Mög­lich­kei­ten, die diese Tech­no­lo­gie bringen wird.

Vieles, was der Report aufführt, war bisher vor allem in – besseren – Science-Fiction-Romanen zu lesen. Mul­ti­er­fah­rung findet dort ihren Höhepunkt im Holodeck der Enter­pri­se oder Neuraler Nano­tech­nik. Und die Erwei­te­rung der Sinne, aber auch der Spei­cher­fä­hig­keit des mensch­li­chen Gehirns ist wohl eine Vision, die seit Jahr­zehn­ten durch die Köpfe mancher SF-Autoren geistert. Was man mit einem Exo­ske­lett alles anfangen kann, konnte man bereits in den Alien-Filmen sehen. Manche dieser Vor­stel­lun­gen sollen, wenn es nach dem Gartner Report geht, in den nächsten fünf bis zehn Jahren Wirk­lich­keit werden.

Zehn Tech­no­lo­gien führt der Gartner Report 2020 auf, die die mittlere Zukunft prägen werden. Dabei soll keine gesondert betrach­tet werden, vielmehr wird eine Kom­bi­na­ti­on dieser Tech­no­lo­gien unser Leben verändern.

Hyper­au­to­ma­ti­sie­rung

Künst­li­che Intel­li­genz und selbst­ler­nen­de Algo­rith­men werden uns die Hyper­au­to­ma­ti­sie­rung bringen. Darunter versteht Gartner, dass auto­ma­ti­siert wird, was immer auto­ma­ti­siert werden kann. Während ein einzelnes Werkzeug den Menschen nicht ersetzen kann, kann die Kom­bi­na­ti­on vieler Werkzeuge in der Hyper­au­to­ma­ti­sie­rung das sehr wohl.

Mul­ti­er­fah­rung

Mul­ti­er­fah­rung wird Menschen, die sich mit Tech­no­lo­gie auskennen, durch Tech­no­lo­gie, die sich mit Menschen auskennt, ersetzen. Mul­ti­sen­so­ri­sche Schnitt­stel­len, Virtual Reality und fort­ge­schrit­te­ne Sensoren werden völlig neue Erfah­run­gen möglich machen, die vom Computer generiert werden.

Demo­kra­ti­sie­rung

Die Technik wird demo­kra­ti­siert werden, glaubt der Report. Tech­ni­sche oder geschäft­li­che Expertise wird einfach zugäng­lich und das, ohne hohe Kosten zu ver­ur­sa­chen. Generell ist ein „Bür­ger­zu­gang“ gemeint. Zum Beispiel können Ent­wick­ler Daten­mo­del­le erstellen, ohne das Wissen eines Daten­ex­per­ten zu haben. Möglich macht das künst­li­che Intel­li­genz, die Programme schreibt und auto­ma­tisch testet.

Mensch­li­che Erwei­te­rung

Seit Jahr­hun­der­ten ver­bes­sert der Mensch seine Sin­nes­wahr­neh­mun­gen durch tech­ni­sche Hilfs­mit­tel. Brillen oder Hörgeräte sind ein Beispiel. Gartner geht davon aus, dass hier neue, radikale Wege beschrit­ten werden: Vom Exo­ske­lett, das Super­kräf­te verleiht über Daten­bril­len bis hin zu implan­tier­ten Chips, die das Gedächt­nis erweitern, reicht das Spektrum der Mög­lich­kei­ten.

Trans­pa­renz

Die rasche Wei­ter­ent­wick­lung der Technik hat zu einer Ver­trau­ens­kri­se geführt. Nicht nur die Daten­sam­mel­wut macht viele Menschen miss­trau­isch, auch der Umstand, dass immer öfter künst­li­che Intel­li­genz oder selbst­ler­nen­de Programme Ent­schei­dun­gen treffen, die bisher dem Menschen vor­be­hal­ten waren, ver­un­si­chert. Um dem ent­ge­gen­zu­wir­ken, gibt es sechs Schlüs­sel­ele­men­te, die Vertrauen schaffen könne: Ethik, Inte­gri­tät, Offenheit, Zuver­läs­sig­keit, Kompetenz und Bestän­dig­keit. Abhängen wird die Trans­pa­renz von der Gesetz­ge­bung, die Grund­re­geln festlegen muss.

Empowered Edge

Edge Computing bezeich­net den Umstand, die Ver­ar­bei­tung von Daten und das Sammeln und Aus­lie­fern von Inhalten möglichst nahe an die Quelle der Infor­ma­tio­nen zu verlagern. Die Idee dahinter ist es, den Daten­ver­kehr und damit die Latenz möglichst gering zu halten. Das gilt vor allem für das Internet of Things. Das Empowered Edge versucht nach­zu­voll­zie­hen, wo die inter­net­ge­steu­er­ten Geräte vorhanden sind und wo daher ent­spre­chen­de lokale Services angeboten werden müssen.

Die verteilte Cloud

Die verteilte Cloud bezieht sich darauf, Services außerhalb der Daten­cen­ter der Provider abzu­wi­ckeln. Dieser behält aller­dings die Kontrolle darüber. Dadurch können überall auf der Welt Daten­cen­ter entstehen. Private, lokale Clouds sind die Folge.

Autonome Dinge

Drohnen, Roboter, Schiffe, Autos – alles soll autonom werden. Auch außerhalb kon­trol­lier­ter Umge­bun­gen wie zum Beispiel einem Lagerhaus. Den mensch­li­chen Verstand wird ihre Steue­rungs­soft­ware aller­dings nicht ersetzen können, sie werden nur eng begrenzte Aufgaben effektiv ausführen können, quasi Fach­idio­ten sein.

Prak­ti­sche Block­chain

Block­chains, derzeit vor allem für Kryp­to­wäh­run­gen genutzt, werden viele Aufgaben über­neh­men. Das hat das Potenzial, die ganze Wirt­schaft zu verändern, ins­be­son­de­re wenn Block­chains mit künst­li­cher Intel­li­genz und dem Internet der Dinge vernetzt werden. Ein Beispiel ist ein Auto, das selbst­stän­dig Ver­si­che­rungs­an­ge­bo­te ver­gleicht und die güns­tigs­ten Varianten abschließt – nur für kurze Zeiträume und an die jeweilige Situation angepasst.

Sichere KI

Tech­no­lo­gien wie Hyper­au­to­ma­ti­on und autonome Dinge ermög­li­chen eine Ver­än­de­rung der Wirt­schafts­welt. Gleich­zei­tig erzeugen sie neue Sicher­heits­pro­ble­me. Künst­li­che Intel­li­gen­zen und selbst­ler­nen­de Maschinen werden auf neue Art gegen Miss­brauch abge­si­chert werden müssen.

Was bedeuten diese Prognosen für die heimische Wirt­schaft, was für die Gesell­schaft? Für die Industrie besonders inter­es­sant wird neben der Hyper­au­to­ma­ti­sie­rung die mensch­li­che Erwei­te­rung zahl­rei­che Ein­satz­mög­lich­kei­ten bieten. Exo­ske­let­te, die die Kraft ver­stär­ken und gleich­zei­tig Schutz vor extremen Bedin­gun­gen bieten, könnten in der Stahl­industrie Anwendung finden. Daten­bril­len, die mit Augmented Reality arbeiten, kommen jetzt schon teilweise zum Einsatz, etwa beim Zusam­men­bau komplexer Werk­stü­cke, wo sie die Mit­ar­bei­ter durch den Assembling­pro­zess führen.

Autonome Dinge können neue Geschäfts­fel­der erschlie­ßen. Nicht umsonst ist die Stei­er­mark ein Zentrum für das autonome Fahrzeug geworden, erhofft man sich doch dadurch, den Fuß weit in der Tür dieser Zukunfts­tech­no­lo­gie zu haben.

Große Chancen für kleine Start-ups wird die Demo­kra­ti­sie­rung der Technik bringen. Expertise muss dann nicht mehr teuer bei wenigen Spe­zia­lis­ten ein­ge­kauft werden, sondern wird relativ leicht und günstig im Internet erhält­lich sein.

Die pro­gnos­ti­zier­ten Tech­no­lo­gien werden aber auch das private Leben stark beein­flus­sen. Ist das Internet of Things derzeit noch mehr Spielerei für einige Early Adopters, wird das Smart Home, in dem alle Geräte über das Net gesteuert werden, schon bald für sehr viele zum Alltag gehören. Die damit ein­her­ge­hen­den Sicher­heits­pro­ble­me ermög­li­chen wiederum kleinen, cleveren Firmen, ent­spre­chen­de Sicher­heits­tools zu ent­wi­ckeln und zu ver­mark­ten. Inno­va­ti­ve Unter­neh­men – nicht nur in der Stei­er­mark – sehen jeden­falls glän­zen­den Zeiten entgegen.

Illus­tra­ti­on: Reinhard Gussmagg

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