Wirt­schaft Stei­er­mark: Auf­schwung oder Krise?

Steirische Wirtschaft kämpft sich durch die Krise: Interview mit WKO-Steiermark-Direktor Karl-Heinz Dernoscheg über die Chancen und Herausforderungen.
Karl-Heinz Dernoscheg ist Direktor der steirischen Wirtschaftskammer und damit Experte für die Wirtschaft in der Steiermark.
Karl-Heinz Dernoscheg ist Direktor der steirischen Wirtschaftskammer und damit Experte für die Wirtschaft in der Steiermark. Fotocredit: beigestellt.

Die stei­ri­schen Unter­neh­men haben während der Krise einige Her­aus­for­de­run­gen gemeis­tert und sich trotz allem her­vor­ra­gend behaupten können, sagt Karl-Heinz Der­noscheg, Direktor der Wirt­schafts­kam­mer Stei­er­mark. Jedoch wurden viele Branchen und Unter­neh­men hart getroffen. Der­noscheg betont, dass die Unter­neh­men Aufträge benötigen und die Mög­lich­keit haben sollten, ihre Produkte und Dienst­leis­tun­gen auf den Markt zu bringen, um wieder ins Geschäft zu kommen. Trotz der Krise sind Themen wie Inter­na­tio­na­li­sie­rung, Digi­ta­li­sie­rung und Fach­kräf­te weiterhin von höchster Relevanz. Hier sieht Der­noscheg große Chancen, wie er im exklu­si­ven JUST-Interview mit Wolfgang Wildner verrät!

Wie geht es der Wirt­schaft in der Stei­er­mark im Schatten der Krise?

Der­noscheg: Manche Branchen und Unter­neh­men ver­zeich­ne­ten in der Pan­de­mie­zeit sogar Stei­ge­run­gen, doch viele andere sind hart, teilweise kata­stro­phal getroffen worden. Als Wirt­schafts­kam­mer haben wir alles unter­nom­men, um die Unter­neh­men dabei zu unter­stüt­zen, diese Krise durch­zu­ste­hen und Arbeits­plät­ze und Know-how zu sichern. Es kann kein Zweifel bestehen, dass die Pandemie unsere Unter­neh­men vor riesige Her­aus­for­de­run­gen gestellt und manche auch die wirt­schaft­li­che Existenz gekostet hat. Für die Zukunft lassen sich derzeit nur vor­sich­ti­ge Prognosen auf­stel­len. Wir hoffen jedoch – und viele Parameter deuten darauf hin –, dass sich die stei­ri­sche Wirt­schaft relativ schnell wieder erholen kann und dass die von manchen pro­phe­zei­te Insol­venz­wel­le aus­blei­ben wird. Vor­aus­set­zung dafür wird aller­dings sein, dass den Unter­neh­men aus­rei­chend Zeit gegeben wird, ihre Belas­tun­gen abzu­ar­bei­ten. Das können selbst gesunde Unter­neh­men sonst nicht stemmen.

Wie können die Unter­neh­men rasch wieder ins Geschäft kommen?

Wir müssen alle gemeinsam Vollgas geben. Es war wichtig, dass während der Pandemie Inves­ti­tio­nen von privater wie von öffent­li­cher Hand nicht zurück­ge­hal­ten wurden. Es muss nun auch weiterhin alles dafür getan werden, dass die Nachfrage auf einem hohen Level bleibt. Das ist das, was die Wirt­schaft braucht: Sie braucht keine Hilfe, sondern Aufträge. Da geht es um die private Nachfrage, wo sich Kon­su­men­ten ganz bewusst für heimische Qualität aus regio­na­ler Wert­schöp­fung ent­schei­den können. Aber die Nachfrage muss auch weiterhin durch öffent­li­che Aufträge sti­mu­liert werden.

Themen wie Inter­na­tio­na­li­sie­rung, Digi­ta­li­sie­rung und Fach­kräf­ten sind durch die Pandemie ja nicht außer Kraft gesetzt worden.

Trotz der enormen Her­aus­for­de­run­gen haben sich unsere Firmen während der Pandemie inter­na­tio­nal her­vor­ra­gend behaupten können. Doch müssen wir die Fühler bereits wieder nach neuen Märkten aus­stre­cken und unsere Unter­neh­men bei der Explo­ra­ti­on dieser Märkte auch tat­kräf­tig unter­stüt­zen. Mit dem ICS, unserer Außen­wirt­schafts­or­ga­ni­sa­ti­on, den über 100 Zentren weltweit und unseren Han­dels­de­le­gier­ten leisten wir als WKO dabei einen wichtigen Beitrag. Jedes stei­ri­sche Unter­neh­men kann über dieses Netz wichtige Infor­ma­tio­nen bekommen, sich an Messen betei­li­gen und Koope­ra­ti­ons- oder Ver­triebs­part­ner finden.

Ist jetzt eine gute Zeit, sich noch stärker inter­na­tio­nal zu ori­en­tie­ren?

Es ist immer eine gute Zeit dafür. Gerade jetzt befinden sich die Märkte in einem rasanten Wandel. Da gilt es ständig am Drücker zu bleiben, um Chancen zu erkennen und wahr­zu­neh­men. Unsere Unter­neh­men sind unglaub­lich flexibel. Sie sind in den ver­schie­dens­ten Bereichen Welt­spit­ze. Wir stellen da unser Licht viel zu oft unter den Scheffel, wir haben alle Vor­aus­set­zun­gen um erfolg­reich zu sein. Es gibt kaum einen anderen Standort mit einer solchen Dichte an Know-how – auch was Aus­bil­dungs­stät­ten, For­schungs­ein­rich­tun­gen und Inno­va­ti­ons­netz­wer­ke betrifft. Nun geht es z. B. darum, die Mög­lich­kei­ten von For­schungs­ko­ope­ra­tio­nen noch stärker zu nutzen.

Die Digi­ta­li­sie­rung hat einen zusätz­li­chen Schub bekommen.

Wir wären nicht dort, wo wir sind, wenn die stei­ri­schen Unter­neh­men bei dieser Ent­wick­lung nicht von Anfang an feder­füh­rend mit­ge­zo­gen hätten. Was wir dringend brauchen, sind jedoch die ent­spre­chen­den Highspeed-Daten­über­tra­gungs­ka­pa­zi­tä­ten.

Fach­kräf­te sind ein limi­tie­ren­der Faktor, selbst in der Pandemie.

Das ist eine der zentralen Her­aus­for­de­run­gen. Wir sind erfreu­li­cher­wei­se bei unserem Talent Center schon wieder aus­ge­bucht. Mit unseren Euro Skills, die nun im September endlich über die Bühne gehen können, setzen wir ein starkes Zeichen Richtung Qua­li­fi­ka­ti­on und Enga­ge­ment. Wir hatten gerade im Corona-Jahr 2020 die bislang größte Nachfrage nach Meis­ter­kur­sen. Aber neben den – auch pan­de­mie­be­ding­ten – Engpässen bei Roh­stof­fen und Kom­po­nen­ten ist der Fach­kräf­te­man­gel sicher eine Achil­les­fer­se.

Ist Unter­neh­mer­tum nach dieser pan­de­mi­schen Zäsur weiterhin attraktiv?

Davon bin ich überzeugt. Dafür spricht auch die unge­bro­che­ne Grün­dungs­kon­junk­tur. Der Schlüssel zur Bewäl­ti­gung dieser Krise ist der Unter­neh­mer­geist – der Mut, Neues zu tun, Inno­va­tio­nen her­vor­zu­brin­gen und sich damit auf den inter­na­tio­na­len Märkten zu bewähren.

Stichwort Green Deal.

Wenn wir die Zukunft nicht über Regle­men­tie­run­gen und Verbote gestalten wollen, sondern den Weg über den Wett­be­werb der Inno­va­tio­nen und Tech­no­lo­gien wählen, also einen welt­wei­ten „Blue-Planet-Deal“ anstreben, dann kann die Stei­er­mark mit ihrem führenden Know-how davon enorm pro­fi­tie­ren.

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