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Anlass zum Opti­mis­mus

Die steirische Infrastrukturlandesrätin Claudia Holzer im Gespräch mit den Wirtschaftskammerpräsidenten Josef Herk (Steiermark) und Jürgen Mandl (Kärnten) über die Bedeutung von Verkehrsinfrastrukturprojekten für den Wirtschaftsstandort, Herausforderungen für die heimische Wirtschaft und Möglichkeiten, diese nachhaltig zu stärken.
Josef Herk, Präsident Wirtschaftskammer Steiermark. Fotocredit: Oliver Wolf
Jürgen Mandl, Präsident Wirtschaftskammer Kärnten. Fotocredit: WKK/Zagorz
Claudia Holzer, Steirische Infrastrukturlandesrätin. Fotocredit: Büro Holzer

JUST / Welche Bedeu­tung hat das Infra­struk­tur­pro­jekt „Kor­alm­bahn“ für den Wirt­schafts­stand­ort Öster­reich?

Josef Herk / Mit der Inbe­trieb­nah­me der Kor­alm­bahn ent­steht mit der Area Süd im Süden Öster­reichs die zweit­größ­te Wirt­schafts­re­gi­on unseres Landes. Durch die gute Erreich­bar­keit und das größere Ein­zugs­ge­biet ergibt sich ein starker Impuls für die Zukunft und mehr Mit­ein­an­der für unsere Wirt­schaft. Für Unter­neh­me­rin­nen und Unter­neh­mer gehen mit diesem Infra­struk­tur­pro­jekt Wett­be­werbs­vor­tei­le und Chancen einher, die es nun wahr­zu­neh­men und zu nutzen gilt.

Jürgen Mandl / Der neue Wirt­schafts­raum im starken Süden mit der Kor­alm­bahn als Herz­stück ist eine euro­päi­sche Metro­pol­re­gi­on mit mehr als 1,8 Mil­lio­nen Men­schen, hun­dert­tau­send Unter­neh­men und unend­li­chen Chancen für mehr Wachs­tum, noch mehr Lebens­qua­li­tät und weniger Abwan­de­rung. Damit einher geht die bessere Sicht­bar­keit als Wirt­schafts­stand­ort und Logis­tik­dreh­schei­be. Aus Kärnt­ner Sicht eine Jahr­hun­dert­chan­ce – wenn man sie pro­fes­sio­nell vor­be­rei­tet und ent­schlos­sen nutzt.

Claudia Holzer / Ein großer Vorteil von Wirt­schafts­re­gio­nen wie der Area Süd liegt darin, dass sie den Betrie­ben Zugang zu grö­ße­ren und diver­si­fi­zier­ten Märkten bieten. Daraus ergeben sich viel­fäl­ti­ge Mög­lich­kei­ten durch neue Kun­den­seg­men­te und neu ent­ste­hen­de Absatz­fel­der. Wesent­lich ist jedoch auch, dass beim Bau der Kor­alm­bahn alle wich­ti­gen Fak­to­ren in Betracht gezogen und zu Ende gedacht werden, konkret etwa die ursprüng­lich vor­ge­se­he­ne Hal­te­stel­le am Flug­ha­fen Graz, die uner­läss­lich ist, um auch den Flug­ha­fen als Tor zur Welt zu stärken.

JUST / Mit dem Ausbau der Schiene allein ist das Problem, dass die stei­ri­sche Ver­kehrs­in­fra­struk­tur an ihre Kapa­zi­täts­gren­zen stößt, nicht gelöst. Welche Stra­ßen­bau­pro­jek­te müssen trotz Bud­get­kri­se drin­gend rea­li­siert werden, um auch Unter­neh­me­rin­nen, Unter­neh­mern und Arbeits­kräf­ten in länd­li­chen Gebie­ten eine Alter­na­ti­ve zu den Bal­lungs­räu­men zu bieten?

JH / Der drei­spu­ri­ge Ausbau der A9 ist für die Stei­er­mark unver­zicht­bar. Das Grazer Becken als zen­tra­ler Wirt­schafts­raum braucht eine leis­tungs­fä­hi­ge Infra­struk­tur. Eine gute Ver­kehrs­an­bin­dung ist die Grund­la­ge für wirt­schaft­li­chen Erfolg und Lebens­qua­li­tät, deshalb ist auch der Ausbau der S 36 essen­zi­ell für die Region Murtal. Nach jah­re­lan­gen Ver­zö­ge­run­gen ist es an der Zeit, dieses und andere offene Pro­jek­te endlich umzu­set­zen.

CH / An der Not­wen­dig­keit einer dritten Fahr­spur auf der A9 besteht kein Zweifel. Der Ausbau der S36 von Juden­burg nach St. Georgen und der Lücken­schluss nach Kärnten durch den Bau der S37 stellen eben­falls einen wesent­li­chen Stand­ort­fak­tor dar. Zudem sind die Rea­li­sie­rung der A2-Anschluss­stel­len bei Buch/St. Mag­da­le­na, Hart bei Graz und der Voll­an­schluss des Knotens Liezen an die A9 Pyhrn-Auto­bahn von enormer Bedeu­tung.

JUST / Abge­se­hen davon, dass die Ver­kehrs­in­fra­struk­tur drin­gend Neue­run­gen und Opti­mie­run­gen benö­tigt, die sich wie­der­um positiv auf den Wirt­schafts­stand­ort aus­wir­ken – worin liegen gegen­wär­tig die größten Her­aus­for­de­run­gen für die hei­mi­sche Wirt­schaft?

JM / Die globale Rezes­si­on wirkt sich negativ auf die ­öster­rei­chi­sche Export­wirt­schaft aus, da die Nach­fra­ge nach öster­rei­chi­schen Pro­duk­ten sinkt. Auch die hohen Ener­gie­prei­se belas­ten Unter­neh­men und Haus­hal­te glei­cher­ma­ßen und beein­träch­ti­gen die Wett­be­werbs­fä­hig­keit der hei­mi­schen Wirt­schaft. Und dann kommt noch eine außer Rand und Band gera­te­ne Büro­kra­tie dazu, die uns mit ihren über­bor­den­den Berichts­pflich­ten und lang­wie­ri­gen Behör­den­ver­fah­ren die Lust aufs Unter­neh­men ver­gällt.

JH / Das Wirt­schafts­kli­ma wird natür­lich durch die inter­na­tio­na­len Krisen beein­flusst, aber bei Arbeits­kos­ten, Büro­kra­tie und Arbeits­kräf­te­man­gel handelt es sich auch um haus­ge­mach­te Pro­ble­me. Die Debatte zeigt, dass die Politik erkannt hat, dass Leis­tung sich wieder lohnen muss und dass die büro­kra­ti­schen Belas­tun­gen bei einem Punkt ange­kom­men sind, wo es einfach nicht mehr geht.

JUST / Welche Maß­nah­men zur Stär­kung des Stand­or­tes schla­gen Sie vor?

JM / Ener­gie­prei­se und Lohn­kos­ten müssen wir so schnell wie möglich in den Griff bekom­men, damit wir unsere Wett­be­werbs­fä­hig­keit wie­der­ge­win­nen. Wir haben uns inter­na­tio­nal ja tat­säch­lich aus den Märkten gepreist. Da hilft kein vor­sich­ti­ges Drehen an den kleinen Rädchen mehr, was wir brau­chen, ist ein Befrei­ungs­schlag. Und wir müssen wieder zu einer Leis­tungs­ge­sell­schaft zurück­fin­den, in der per­sön­li­cher Einsatz und Erfolg auch belohnt werden.

JH / In Bezug auf die hohen Lohn­ab­schlüs­se gibt es eigent­lich nur zwei Mög­lich­kei­ten, wir müssen die Lohn­ne­ben­kos­ten deut­lich senken und ich glaube, es ist an der Zeit, bis­he­ri­ge Metho­den und Ver­fah­ren als Infla­ti­ons­be­rech­nung zu hin­ter­fra­gen. In Bezug auf die Ener­gie­prei­se müssen die Unter­neh­men dau­er­haft ent­las­tet werden, indem Ener­gie­ab­ga­ben auf dem in der EU zuläs­si­gen Min­dest­ni­veau bei­be­hal­ten werden. Gerade für pro­du­zie­ren­de Betrie­be wäre eine Ver­län­ge­rung des Strom­preis­kos­ten­aus­gleich­ge­set­zes bis 2030 wichtig, um unseren Stand­ort vor Abwan­de­rung zu schüt­zen. Wir müssen Wege finden, den Strom­preis nicht durch die Erneu­er­ba­ren-För­de­rung zu ver­schär­fen. Ein Punkt auf unserer Agenda ist auch das Ein­frie­ren der CO2-Beprei­sung.

CH / Um die Wett­be­werbs­fä­hig­keit des Stand­orts Stei­er­mark zum Wohl der Wirt­schaft und des Arbeits­markts zu stärken, bekenne ich mich zum Mobi­li­täts­stand­ort Stei­er­mark und spreche mich gegen ideo­lo­gie­ge­trie­be­ne Vor­ga­ben aus, die den tech­ni­schen Fort­schritt und die wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung hemmen, Stich­wort „Tech­no­lo­gie­of­fen­heit“. Zudem gilt es, die Chancen durch den Ausbau der Süd­bahn­stre­cke als Teil der Bal­tisch-Adria­ti­schen Achse best­mög­lich zu nutzen und den Prozess zur inten­si­ve­ren Zusam­men­ar­beit der Bun­des­län­der Stei­er­mark und Kärnten mit den Themen „Wirt­schaft – Wis­sen­schaft – Inno­va­ti­on – Arbeits­markt“ weiter vor­an­zu­trei­ben.

 

 

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