Andreas Herz: Unter­neh­mer­tum in Kri­sen­zei­ten

Andreas Herz, Unternehmer und Vizepräsident der Wirtschaftskammer Steiermark, über die Grundfesten des Unternehmertums in Zeiten der Krise und die Zukunft.
Andreas Herz ist Unternehmer und Vizepräsident der Wirtschaftskammer Steiermark.
Andreas Herz ist Unternehmer und Vizepräsident der Wirtschaftskammer Steiermark. Fotocredit: Kanizaj Marija.

In einem Interview spricht Andreas Herz, Unter­neh­mer und Vize­prä­si­dent der Wirt­schafts­kam­mer Stei­er­mark, über seine per­sön­li­che Erfahrung mit einer schweren Krankheit und wie er diese Zeit über­stan­den hat. Dabei geht er auch auf die Grund­la­gen erfolg­rei­chen Unter­neh­mer­tums ein und erklärt, warum die Resilienz in Kri­sen­zei­ten so wichtig ist. Herz betont, dass es in schwie­ri­gen Zeiten nicht um simples positives Denken geht, sondern um die Bereit­schaft, sich Her­aus­for­de­run­gen zu stellen und mit Rück­schlä­gen umzugehen.

Was macht in Ihren Augen geglück­tes Unter­neh­mer­tum aus?

Herz: Es gibt so viele ver­schie­de­ne Arten, Grö­ßen­ord­nun­gen und Motive von Unter­neh­mer­tum – es fällt schwer, dafür ein all­ge­mei­nes Rezept abzu­lei­ten, so nach der Devise: „Das ist es.“ Oder: „So funk­tio­niert es.“

Ein paar Begriffe viel­leicht, die sich am ehesten ver­all­ge­mei­nern lassen.

Herz: Unter­neh­mer­tum braucht sicher den Willen, sich Ziele zu setzen und diese kon­se­quent und beharr­lich, aber auch mit ent­spre­chen­der Anpas­sungs­fä­hig­keit zu verfolgen. Grund­vor­aus­set­zung für gelin­gen­des Unter­neh­mer­tum ist die Lei­den­schaft, Ideen zu ent­wi­ckeln und nach Mög­lich­kei­ten zu suchen, diese umzu­set­zen und dafür Märkte zu finden. Unter­neh­mer­tum erfordert Mut – braucht Menschen, die auf Ent­schei­dun­gen zugehen und bereit sind, Ver­ant­wor­tung für sich, ihr Unter­neh­men und alle, die davon ihren Unterhalt bestrei­ten, zu über­neh­men. Und schließ­lich bedarf es wohl auch einer gewissen Frus­tra­ti­ons­to­le­ranz; einer Fähigkeit mit Rück­schlä­gen umzugehen und daraus im Opti­mal­fall viel­leicht sogar noch zusätz­li­che Energie zu gewinnen.

Was waren Ihre Motive, sich für eine unter­neh­me­ri­sche Laufbahn zu ent­schei­den?

Herz: Ich habe schon während meiner Lehrzeit als Kfz-Mecha­ni­ker in der West­stei­er­mark bemerkt, dass ich ein starkes Bedürfnis danach hatte, mir meine Zeit selbst ein­zu­tei­len, mir meine eigenen Her­aus­for­de­run­gen zu suchen und mich auch immer wieder auf Neues, Unbe­kann­tes ein­zu­las­sen. Ich wollte gestalten. Und mir wurde bald klar, dass mich diese Freude am eigen­ver­ant­wort­li­chen Gestalten ins Unter­neh­mer­tum mit seiner viel zitierten unter­neh­me­ri­schen Freiheit führen würde. Und so ent­schloss ich mich, mein eigenes Unter­neh­men in der Gesund­heits­bran­che zu gründen.

Mit Erfolg, bis Ihnen eine dra­ma­ti­sche Diagnose gestellt wurde.

Herz: Darmkrebs – ich war noch keine 40. Von einem Tag auf den anderen ver­än­der­te sich alles. Es war, als wäre die Zeit stehen geblieben. Da tauchen viele Fragen auf: Wie geht es weiter? Werde ich das überhaupt überleben? Werde ich mein Unter­neh­men wei­ter­füh­ren können?

Es war ein Kampf auf Leben und Tod über mehrere Jahre. Sie hatten mehrere schwere Ope­ra­tio­nen, erhielten dann eine weitere Krebs­dia­gno­se.

Herz: Am Anfang sieht man nur, was nicht mehr geht, was man nicht mehr hat und nicht mehr kann; was alles den Bach hin­un­ter­geht. Doch irgend­wann gelingt es einem, sich wieder aus diesem finsteren Loch zu befreien, und man beginnt sich zu fragen: Was ist noch da, woran kann ich anknüpfen, womit wei­ter­ma­chen?

Das, was man land­läu­fig als positives Denken bezeich­net?

Herz: Nein, genau das meine ich nicht. Hätte damals in der Klinik jemand zu mir gesagt: „Das wird schon wieder, du musst einfach nur positiv denken“ – ich hätte ihn aus dem Zimmer geworfen. Nichts für ungut, aber ich hatte Darmkrebs im fort­ge­schrit­te­nen Stadium und mit positivem Denken lässt sich diese Krankheit nicht besiegen.

Kann man da eine Parallele zur aktuellen Situation ziehen?

Herz: Ja. Sätze wie „Das wird schon wieder“ braucht jetzt niemand. Es geht darum, möglichst vielen Unter­neh­men einen Weg durch die Krise zu ermög­li­chen und dafür setzen wir uns als WKO Stei­er­mark mit voller Kraft ein.

Sie haben sich in der Folge der Krankheit intensiv mit dem Konzept der Resilienz beschäf­tigt und sich zu einem Experten auf diesem Gebiet ent­wi­ckelt. Im Zuge der Corona-Krise scheint die Re­silienz nun in aller Munde zu sein. Ist Resilienz als Instru­ment der Kri­sen­be­wäl­ti­gung geeignet?

Herz: Dass die Resilienz derzeit in der öffent­li­chen Dis­kus­si­on so prominent vertreten ist, ent­spricht ihrer Bedeutung. Sich für die Bewäl­ti­gung von Krisen zu wappnen ist für Indi­vi­du­en wie auch Orga­ni­sa­tio­nen wie etwa Unter­neh­men oder Staaten absolut sinnvoll. Doch irgend­wann ist ange­sichts einer Krise wie dieser oder einer Krankheit auch das Ende der Fah­nen­stan­ge erreicht. Dann hat auch ein resi­li­en­ter Mensch, ein resi­li­en­tes Unter­neh­men der Krise nichts mehr ent­ge­gen­zu­set­zen. Dann müssen andere Mecha­nis­men der Kri­sen­be­wäl­ti­gung einsetzen.

Denken Sie, dass der Geist des Unter­neh­mer­tums aus dieser Krise unge­bro­chen her­vor­ge­hen wird?

Herz: Es ist eine dra­ma­ti­sche und komplexe Situation. Für viele geht es ums unter­neh­me­ri­sche Überleben. Ver­ant­wort­li­che tun ihr Mög­lichs­tes und geben ihr Bestes. Davon bin ich überzeugt. Ich sehe mich hier nicht zur Bewertung berufen. Und ich kann auch nichts ver­spre­chen. Aber die Frage ist – und das ent­spricht auch meiner Art zu denken: Wie kann man sich jetzt so auf­stel­len, dass man den frischen Wind und den Auf­schwung wieder spürt? Und genau das macht den Geist des Unter­neh­mer­tums aus. Die Grün­dungs­zah­len etwa gehen auch in der Krise nicht zurück. Dieser unter­neh­me­ri­sche Wille, etwas anzu­pa­cken und vor­an­zu­trei­ben, besteht unge­bro­chen weiter. Wir werden diesen Willen auch brauchen. Und deshalb benötigen wir auch eine Kultur des Ermög­li­chens. Denn es wird wieder bergauf gehen. Das ist für mich gar keine Frage.

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