Neues Grün­der­zen­trum „Unicorn“ in Graz

Mit „Unicorn“ gibt es an der Universität Graz einen neuen Hafen für universitäre Spin-offs. Das Gründerzentrum soll sich als Drehscheibe Richtung Wirtschaft etablieren.
Der Unicorn-Geschäftsführer Bernhard Weber im Portrait.
Der Unicorn-Geschäftsführer Bernhard Weber im Portrait. Fotocredit: Lukas Elsnegg.

Vor­sich­tig for­mu­liert: Ganz aus­ge­reizt ist das Potenzial noch nicht. Bun­des­weit gab es im Jahr 2019 insgesamt 19 Spin-offs von öster­rei­chi­schen Uni­ver­si­tä­ten. Zum Vergleich: Allein an der ETH Zürich waren es im selben Zeitraum 30. Den Sprung aus dem Hörsaal in die Selbst­stän­dig­keit will die Karl-Franzens-Uni­ver­si­tät Graz jetzt mit einer neuen Start­ram­pe für aka­de­mi­sche Gründer erleich­tern. „Unicorn“ nennt sich ein neues Zentrum für Start-ups, das als Brücke zwischen Wis­sen­schaft und Wirt­schaft funk­tio­nie­ren soll.

Nährboden für Start-ups

„Wir haben die perfekte Umgebung für die Rea­li­sie­rung unter­neh­me­ri­scher Visionen geschaf­fen“, freut sich Bernhard Weber, der zusammen mit Vize­rek­tor Peter Riedler das „Unicorn“-Zentrum als Geschäfts­füh­rer lenkt. Man stelle dort eine „fundierte Expertise und ein leben­di­ges Netzwerk von erst­klas­si­gen Partnern für Grün­dun­gen von For­schen­den zur Verfügung und will Dreh- und Angel­punkt der Inno­va­ti­ons­sze­ne“ (Weber) sein. In der Lehre sei Entre­pre­neur­ship ja ohnehin schon lange ein großes Thema. Mit dem „Unicorn“ soll auch die Über­set­zungs­ar­beit Richtung unter­neh­me­ri­scher Praxis besser gelingen. Riedler wünscht sich davon abge­lei­tet eine Zukunft als „eines der krea­tivs­ten und leben­digs­ten Zentren der Stadt“, in dem die Anwen­dungs­be­zo­gen­heit von For­schungs­er­geb­nis­sen noch stärker her­aus­ge­stri­chen wird.

Ort des Wissens

„Es wird ein zentraler Ort für kluge und kreative Menschen, an dem Lösungs­an­sät­ze für gesell­schaft­lich relevante Fragen ent­wi­ckelt werden“, unter­streicht Uni-Rektor Martin Polaschek die Erwar­tun­gen und Hoff­nun­gen in das Zentrum. Wobei die Abgren­zung zu „normalen“ Start-ups recht eindeutig ist. Die Uni ist an den Spin-offs direkt oder indirekt beteiligt bezie­hungs­wei­se ist für die Gründung des Spin-offs die Nutzung neuer For­schungs­er­geb­nis­se, neuer wis­sen­schaft­li­cher Verfahren oder Methoden aus der öffent­li­chen Forschung unver­zicht­bar.

Tat­säch­lich werden auf rund 2900 Qua­drat­me­tern neben den Co-Working-Plätzen und klas­si­schen Büro­flä­chen, die für Start-ups und Spin-offs reser­viert sind, auch ein­schlä­gi­ge Beratungs- und Betreu­ungs­in­sti­tu­tio­nen vertreten sein. Bereits ein­ge­zo­gen sind bei­spiels­wei­se Incu­ba­to­ren wie Techhouse, Grün­dungs­ga­ra­ge und Next Incubator, der Social Business Club oder erste Start-ups wie Innophore, i4SEE und digitAAL.

Kreative Atmo­sphä­re

Die Kulisse spiegelt den Aufbruchs­charakter wider, der innerhalb der Mauern befeuert wird. Denn den Archi­tek­ten ist ein gelun­ge­ner Mix aus Alt­be­stand und Neubau geglückt. Inves­ti­ti­ons­vo­lu­men: zwölf Millionen Euro, wobei rund eine Million aus Mitteln des Landes Stei­er­mark sowie vier Millionen vom Euro­päi­schen Fonds für Regio­nal­ent­wick­lung (EFRE) stammen. Den Rest will man durch Miet­ein­nah­men finan­zie­ren.

Im Zentrum des drei­tei­li­gen Komplexes steht jene Grün­der­zeit­vil­la, die jahr­zehn­te­lang Heimat der Öster­rei­chi­schen Hoch­schü­ler­schaft (ÖH) an der Uni Graz war. Über dem Emp­fangs­be­reich und einem Café im Erd­ge­schoß ent­stan­den die Co-Working-Spaces und im Dach­aus­bau ein Kon­fe­renz­be­reich mit Terrasse. Der angren­zen­de fünf­stö­cki­ger Neubau ist als ver­miet­ba­rer Raum für die Spin-offs, Start-ups und bestehen­de Unter­neh­men aus dem Umfeld der Uni­ver­si­tät vor­ge­se­hen. In Nach­bar­schaft zum „Unicorn“ wird – ebenfalls in einem Neubau – im Sommer die ÖH ihre neuen, 1100 Qua­drat­me­ter großen Räum­lich­kei­ten beziehen.

Unicorn Graz: hohe Erwar­tun­gen

Der Bau zitiert mit diesem ver­bin­den­den Charakter seinen Vorplatz, der nach Jahr­zehn­ten als Kreis­ver­kehr mitt­ler­wei­le als weit­ge­hend sich selbst regu­lie­ren­de Begeg­nungs­zo­ne zwischen allen Ver­kehrs­teil­neh­mern funk­tio­niert. Die kon­takt­för­der­li­che Umgebung vor und im Gebäude nährt die Hoffnung auf erfolgs­ver­spre­chen­de Koope­ra­tio­nen und Inno­va­tio­nen, die auch im Namen des Zentrums als Unter­ti­tel mit­schwin­gen. Denn „Unicorn“ zielt übersetzt nicht nur auf die mythische Ein­zig­ar­tig­keit von Ein­hör­nern ab, vor allem verweist „Unicorn“ auf die Grün­der­sze­ne-Bezeich­nung für geschäft­lich abhebende Start-ups, die mit mehr als einer Milliarde Euro bewertet sind. Wobei diese Zwei­deu­tig­keit des Namens erst seit Kurzem funk­tio­niert. Denn noch in der Planungs- und Bauphase firmierte das Projekt unter der ver­gleichs­wei­se sperrien wie anonymen Bezeich­nung „Zentrum für Wissens- und Inno­va­ti­ons­trans­fer“, kurz ZWI. Daraus wurde im letzten Augen­blick „Unicorn“.

Der Standort des Zentrums direkt an der Uni­ver­si­tät Graz sorge jeden­falls für ideale Vor­aus­set­zun­gen, um Jung­un­ter­neh­mer mit Stu­die­ren­den und der For­schungs-Community zu vernetzen, ist die neben der Wirt­schaft auch für die Wis­sen­schaft res­sort­zu­stän­di­ge Lan­des­rä­tin Barbara Eibinger-Miedl überzeugt. Rektor Martin Polaschek ist sich ebenfalls sicher, dass das Zentrum „ein wichtiger Mei­len­stein für die Karrieren von vielen, die hier an unserer Uni studieren, werden wird“.

Der Artikel erschien zuerst in „JUST-Science“. Das Magazin wird mit finan­zi­el­ler Unter­stüt­zung in völliger Unab­hän­gig­keit von der JUST-Redaktion gestaltet.

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