Es glitzert am Investmentmarkt

Edelsteine gehören zu den ältesten Investitionsgütern der Menschheit, benötigen wenig Platz, sind leicht zu lagern und zu transportieren. Das begrenzte Angebot macht sie als Geldanlage attraktiv. Nicht nur Schmuckliebhaber wissen das zu schätzen.
Fotocredit: The Natural Gem

Die anhaltend hohe Inflation führt dazu, dass immer mehr Menschen alternative Anlageformen suchen. Das Geschäft mit den Edelsteinen boomt. Kein anderes Edelmetall weist eine vergleichbare Wertkonzentration in so geringer Masse auf. So kann ein fingernagelgroßer Rubin einen Gegenwert von zwei bis drei Kilogramm Gold einnehmen.

Thomas Schröck ist Experte auf diesem Gebiet. „Edelsteine sind eine Krisenwährung. Je volatiler die Märkte werden, desto größer ist die Nachfrage nach alternativen Investments“, erklärt der Gemmologe. „Die Covid-Krise hat die Nachfrage zusätzlich angeheizt. Ende 2019 begannen chinesische Anleger auf internationalen Märkten, vor allem in Asien, in hohem Maße zu investieren.“ Neben China und Indien boomt der Markt auch in Indonesien. „Die Nachfrage kommt von dort“, sagt Schröck. „Während der großen Finanzkrisen sind die Preise jedes Mal gestiegen.“ Schröck ist Geschäftsführer von „The Natural Gem“, einem Unternehmen, das sich auf Edelsteininvestments spezialisiert hat. Der Onlineshop gewährt Einblick in das umfangreiche Sortiment von 500 zertifizierten Edelsteinen und Schmuckstücken, angefangen vom 500 Euro teuren Turmalin bis hin zum dreikarätigen Rubin, der für 93.000 Euro versichert und geliefert werden kann.

2021 gründete Schröck mit Herta Margarete und Sandor Habsburg-Lothringen auch eine Firma für Schmuck: Habsburg Fine Arts. Aus dieser ist jetzt der weltweit erste zu 100 Prozent mit Edelsteinen hinterlegte Token entstanden, der „Habsburg Gemstone Token“. „Damit bringen wir den Edelstein über die Blockchain in das 21. Jahrhundert und schaffen so die Diversifikation von Portfolien mit garantierter, ununterbrochener Transparenz und Flexibilität“, offenbart Schröck, „Wir wollen wertvolles und langfristig beständiges Gut zugänglich machen. Ich kann also entweder etwas verkaufen oder es als fraktionales Eigentum anbieten.“

Gemeint ist der Asset Backed Token, der seinen Wert von einem kurierten Portfolio aus Edelsteinen und Juwelen bezieht. Für jeden verkauften Token muss es immer den gleichen Gegenwert im Portfolio geben. Durch den Verkauf von zusätzlichen Token werden sofort neue Edelsteine angekauft, das Portfolio wächst somit. Investoren erhalten keine direkten Eigentumsrechte am Schmuck, sind aber anteilig an der Performance des Portfolios beteiligt. Auszahlungen können anhand von Wertangleichungen oder durch die Ausschüttung des Tokens erfolgen.

Immer mehr Interessenten nutzen die Möglichkeit, ihr Geld in Edelsteine anzulegen. Unternehmer, Anwälte, Notare, Steuerberater und auch Erben sowie einige junge Krypto-Millionäre gehören zu den Kunden. Allerdings sollten Edelsteine nicht das einzige Investment sein und nur Teil eines breiteren Anlageportfolios umfassen. „Unsere Kunden haben bereits in andere Anlageformen wie Gold, Kunstobjekte, Luxusuhren oder Immobilien investiert und möchten ihre Diversifizierung fortsetzen“, erklärt Schröck. Edelsteine sind ein Nischenprodukt und nicht vergleichbar mit Investitionen in Aktien, Immobilien oder Anleihen, da sie keine laufenden Erträge generieren.

Der Großteil der Käufer von Natural Gem ist zwischen 35 und 70 Jahre alt und verfügt über ein liquides Vermögen von mindestens 100.000 Euro. 90 Prozent der Kunden sind Anleger, fünf Prozent sind Sammler und Liebhaber von Edelsteinen und weitere fünf Prozent kaufen Schmuck. „In der Regel beginnt man mit zehn Prozent des Vermögens und investiert nie die gesamte Summe in einen einzelnen Stein, sondern verteilt sie auf zwei oder drei Steine“, betont der Experte. Diese Steine müssen von unabhängigen gemmologischen Labors, also von beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen bewertet werden. Edelsteine und Zertifikate sollten jedoch immer getrennt voneinander aufbewahrt werden.

Schröck warnt davor, Edelsteine nur aufgrund ihres Preises zu kaufen. „Der Stein sollte schön und funkelnd sein – wir kaufen mit den Augen. Ein lebendiger, schöner Stein verkauft sich leichter als ein matter Stein“, weiß der Fachmann.

Ein Edelstein dient als Diversifikationsabsicherung des Vermögens und eignet sich für eine mittelfristige Investitionsdauer von mindestens fünf Jahren, ist aber kein Spekulationsobjekt. Investoren betrachten diese Anlage auch als Wertspeicher. Um Gewinne zu erzielen, benötigt man also etwas Geduld. Edelsteine bieten jedoch Werterhalt und die Aussicht auf Wertsteigerungen von vier bis acht Prozent, je nach Art des Edelsteins.

In den letzten 25 Jahren stiegen Rubine um über acht Prozent pro Jahr im Wert, während Saphire und Smaragde zwischen vier und sechs Prozent zulegten. Im Vergleich zu Farbedelsteinen hat der Wert von Diamanten in den letzten 20 Jahren nur um moderate 1,5 Prozent zugenommen. Zusätzlich sind die Gewinne aus dem Verkauf von Edelsteinen nach einer Besitzdauer von mehr als einem Jahr einkommenssteuerfrei.

Allerdings haben nicht alle Edelsteine einen hohen Investitionswert. Vorzugsweise werden „die großen drei“ gekauft: Rubin, Saphir und Smaragd. „Lohnenswerte Investmentsteine beginnen in der Regel bei 3000 Euro“, verrät Schröck. „Meist handelt es sich dabei um einen blauen Saphir oder einen Smaragd. Ein hochwertiger Rubin beginnt bei 6000 bis 7000 Euro pro Karat.“

Kann man also mit einem Verlobungsring reich werden? „Im Vergleich zum Rohstein sind Edelsteine vom Juwelier in der Regel behandelt, beispielsweise durch Erhitzung, Ölen oder Bestrahlen, um die Farbe besser zur Geltung zu bringen“, enthüllt Schröck. „Diese Steine steigen zwar auch im Wert, aber mit einem Anstieg von zwei bis drei Prozent deutlich langsamer als unbehandelte Steine.“

Während die Bearbeitung die Farbe eines Edelsteins verbessern kann, verringert sie seinen Wert. Rohedelsteine hingegen, die als Anlageobjekte dienen, können trotzdem als Schmuckstücke getragen werden. Die Verarbeitung beeinträchtigt nicht den Wert, sondern macht den Stein zu einem tragbaren Investment, da das Schleifen nicht als Behandlung zählt. Ein Stein kann erst bewertet werden, nachdem er geschliffen wurde.

Nach Meinung von Schröck ist der seltenste große Edelstein nicht der Diamant – wie viele immer noch glauben – sondern der Rubin. Die Fördermengen sinken oder stagnieren, was die Preise naturgemäß steigen lässt. Es gibt allerdings keine festen Listen, die die Preise von Edelsteinen bestimmen. Für Laien ist es daher schwierig, die Preise zu verstehen. Orientierung bieten Messen, Auktionen und gemmologische Labore.

Der Investmentcharakter liegt in den unbehandelten Steinen: geschliffen, nicht gebrannt, nicht rissgefüllt, nicht bestrahlt. Ein geschliffener Rohstein verliert je nach Art und Einschlussqualität 60 bis 80 Prozent seines Gewichts. Schröck kauft seine Steine nur geschliffen direkt von Minen, zum Beispiel in Sri Lanka, und bis vor Kurzem auch in Burma und Madagaskar. Der Preis wird dabei durch die Herkunft bestimmt: Ein Rubin aus Mosambik mit acht Karat kann etwa eine Million Euro kosten, während ein Burma-Rubin mit dem gleichen Gewicht bis zu zwölf Millionen Euro wert sein kann.

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