JUST-Redaktion|

Im Zeichen der Kom­pe­tenz

Die Wirt­schaft als Schau­platz eines neuen (Weiter-)Bildungsverständnisses. WIFI-Stei­er­mark-Leiter Martin Neu­bau­er über Trends, demo­gra­fi­sche Tat­sa­chen und Wege zu einem indi­vi­dua­li­sier­ten Bil­dungs- und Res­sour­cen­ma­nage­ment.

Die Kon­junk­tur bremst sich deut­lich ein. Wie wirkt sich das in der Wei­ter­bil­dung aus?

Martin Neu­bau­er • Nach wie vor ist die Auf­fas­sung ver­brei­tet, dass Wei­ter­bil­dung anti­zy­klisch funk­tio­niert. In Zeiten, in denen Firmen nicht so viel zu tun hätten, werde mehr in Wei­ter­bil­dung inves­tiert. Wir haben in den letzten Jahren bemerkt, dass diese Annahme nicht zutrifft. Der Befund, den wir zur Kennt­nis nehmen müssen, ist viel­mehr der, dass ab einem Alter von etwa 52 oder 53 Jahren die berufs­be­zo­ge­ne Wei­ter­bil­dungs­ra­te gegen null ten­diert. Unsere Kunden sind also vor­wie­gend jünger.

Ändert sich das Wei­ter­bil­dungs­ver­hal­ten?

Neu­bau­er • Ja. So steigt zum Bei­spiel die Nach­fra­ge nach sehr kurzen Ein­hei­ten von nur drei, vier Stunden Dauer mit inten­si­ven, sehr fach­spe­zi­fi­schen Inputs, die unseren Kun­din­nen und Kunden beruf­lich unmit­tel­bar zugu­te­kom­men. Auf der anderen Seite steigt auch die Nach­fra­ge nach aus­ge­dehn­ten Lehr­gän­gen, in denen sich Men­schen tat­säch­lich umfas­send requa­li­fi­zie­ren oder ein neues Fach­ge­biet aneig­nen können. Dafür ist z. B. die Nach­fra­ge nach klas­si­schen mehr­tä­gi­gen bzw. Wochen­end­se­mi­na­ren rück­läu­fig.

Wie ver­än­dert sich die Art der Wis­sens­ver­mitt­lung?

Neu­bau­er • Wir müssen heute ein Ambi­en­te bieten, in dem sich Men­schen gerne mit Bil­dungs­in­hal­ten beschäf­ti­gen. Im Eng­li­schen gibt es den schönen Begriff Edu­tain­ment: die Fusion von Edu­ca­ti­on und Enter­tain­ment. Es beginnt bei der Lern­um­ge­bung. Es muss gemüt­lich sein. Du darfst heute nicht mehr von einem Kathe­der her­un­ter­pre­di­gen. Wir imple­men­tie­ren Kon­zep­te wie zum Bei­spiel „Inver­ted Class­room“, wo Leh­ren­de zu Coaches werden und Ler­nen­de eine aktive Rolle über­neh­men. Es geht um Glaub­wür­dig­keit, Begeis­te­rung, Emotion in Diskurs- und Inter­ak­ti­ons­si­tua­tio­nen. Men­schen sollen sich aus­tau­schen. Wir geben ihnen die Mög­lich­keit, mit Exper­ten zu inter­agie­ren und sich in Diskurs- oder Übungs­si­tua­tio­nen gemein­sam Her­aus­for­de­run­gen zu stellen und dabei Know-how zu ent­wi­ckeln. Das ist eine völlig andere Art des Wis­sens­er­werbs. Eigent­lich geht es gar nicht um Wissen, sondern um Kom­pe­ten­zen – Kom­pe­ten­zen, die Men­schen dann in ihrem beruf­li­chen Bereich anwen­den können.

Was ist der USP des WIFI?

Neu­bau­er • WIFI heißt ja Wirt­schafts­för­de­rungs­in­sti­tut. Wir haben einen hohen Konnex zur Wirt­schaft. Die Aus­gangs­si­tua­ti­on unserer Kun­din­nen und Kunden ist in der Regel die: Du musst dich in der Wirt­schaft behaup­ten und zum WIFI kommst du, um diesen Her­aus­for­de­run­gen gewach­sen zu sein oder einfach beruf­lich noch eins drauf­zu­set­zen. Die Qua­li­tät der Trainer macht unseren Erfolg aus. Wir haben Trai­ne­rin­nen und Trainer, die erfolg­reich im Beruf stehen, die aus Unter­neh­men kommen oder selbst ein Unter­neh­men haben. Das begrün­det ein hohes Maß an Glaub­wür­dig­keit. Da inves­tie­ren wir auch viel. Wir haben die Trai­ner­aus­bil­dung neu gedacht. Trai­ne­rin­nen und Trainer müssen heute neue Wege gehen, um Ler­nen­de zu begeis­tern und zu moti­vie­ren.

Wie halten Sie Ihr Kurs­an­ge­bot aktuell und kon­kur­renz­fä­hig?

Neu­bau­er • Wir haben etwa 40.000 Kunden pro Jahr und ver­fü­gen über ein aus­ge­präg­tes Gespür für die Bedürf­nis­se. Wir befas­sen uns laufend damit, welche Inhalte inter­es­sant sind, und ver­su­chen auch, echte Themen von Blasen zu unter­schei­den. Wenn zum Bei­spiel ein Unter­neh­men zu uns kommt und fragt: „Was habt ihr zum Thema Digi­ta­li­sie­rung.“ Dann fragen wir: „Wohin willst du dich ent­wi­ckeln. Was braucht du wirk­lich?“ Diese Indi­vi­dua­li­sie­rung ist das Um und Auf. Wir arbei­ten zumeist in Klein­grup­pen. Wir eva­lu­ie­ren auch in unseren Kursen laufend mittels Wis­sen­schecks. Zu wissen, wo sie stehen, moti­viert die Leute. Indi­vi­dua­li­sie­rung ist unsere Stärke.

Ein Angebot, das aus Ihrem Kurs­pro­gramm her­aus­sticht, sind aka­de­mi­sche Aus­bil­dun­gen.

Neu­bau­er • Wir koope­rie­ren mit Hoch­schu­len und bieten Men­schen, die aus dem dualen System kommen, die Mög­lich­keit, aka­de­mi­sche Grade zu erwer­ben. Ich halte es für sehr wichtig, dass Men­schen, die über einen Lehr­ab­schluss sowie ent­spre­chen­de Berufs­er­fah­rung, mög­li­cher­wei­se auch Füh­rungs­er­fah­rung ver­fü­gen, ein aka­de­mi­sches Studium absol­vie­ren können. Denn es geht ja auch darum, sich wei­ter­zu­ent­wi­ckeln, eine Stufe höher­zu­stei­gen auf der beruf­li­chen Leiter. Junge Men­schen werden, was ihre Kar­rie­re­mo­del­le betrifft, immer fle­xi­bler. Und auch in den Unter­neh­men wird zuneh­mend neu gedacht.

Stich­wort Fach­kräf­te­man­gel.

Neu­bau­er • Es ist ja eigent­lich nicht ein Fach­kräf­te­man­gel, sondern ein Kom­pe­ten­zen­man­gel. Es geht um die Fach­kom­pe­ten­zen, die Unter­neh­men brau­chen. Ein Unter­neh­men tut sich mitt­ler­wei­le schon sehr schwer, zu sagen: Das ist die eine Person mit exakt diesen Kom­pe­ten­zen, die ich für die kom­men­den 10 oder 20 Jahre genau an dieser Stelle benö­ti­ge. Es ver­än­dern sich ja auch die Berufs­bil­der brutal schnell. Aber natür­lich spricht auch die Demo­gra­fie eine deut­li­che Sprache: Wir haben in der Stei­er­mark zwi­schen 11.000 und 11.500 Gebur­ten jähr­lich. 1984 hatten wir 22.000. Etwa 40 Prozent der junge Men­schen fangen eine Lehre an. Die rela­ti­ve Zahl stimmt, aber die abso­lu­te Zahl nimmt dra­ma­tisch ab.

Was bedeu­tet das für Sie?

Neu­bau­er • Auch für uns eine enorme Her­aus­for­de­rung. Wir sind Markt­füh­rer. Wir sind das größte Wei­ter­bil­dungs­in­sti­tut. Und natür­lich wollen wir unsere Posi­ti­on stärken und aus­bau­en. Wir wollen zum Lern­be­glei­ter und ‑berater der Men­schen werden, über die gesamte Berufs­kar­rie­re hinweg. Es geht um Per­so­na­li­sie­rung in Bera­tung und Beglei­tung. Ich kann heute nicht mehr nur sagen: „Da hast du einen Kurs­ka­ta­log, suche dir etwas aus, wird schon passen.“

Ist Wei­ter­bil­dung in den Unter­neh­men ähnlich stark ver­an­kert wie heute z. B. Zeit­ar­beit?

Neu­bau­er • Ja. Für die Unter­neh­men geht es immer mehr darum, vor­han­de­ne Res­sour­cen zu nutzen und wei­ter­zu­ent­wi­ckeln. Immer mehr Nach­fra­ge erfah­ren z. B. fir­men­in­ter­ne Trai­nings, zuge­schnit­ten auf die Bedürf­nis­se ein­zel­ner Unter­neh­men oder Unter­neh­mens­ver­bün­de. Wir können aber auch Schlüs­sel­mit­ar­bei­tern die Kom­pe­tenz zur Kom­pe­tenz­ver­mitt­lung ver­mit­teln und sie zu Trai­nern aus­bil­den, die wie­der­um ihren Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen in der Firma in kleinen, kom­pak­ten, unter­halt­sa­men Ein­hei­ten ein Stück Kom­pe­tenz mit­ge­ben.

Gibt es derzeit einen beson­ders signi­fi­kan­ten Trend?

Neu­bau­er • Wir bemer­ken derzeit kein Angebot, das nicht gefragt wäre. Aber ein beson­ders nach­ge­frag­tes Thema ist Per­sön­lich­keits­ent­wick­lung: Metho­den­kom­pe­tenz, Manage­ment­kom­pe­tenz, Kom­mu­ni­ka­ti­on, per­sön­li­che Skills, bis hin zu Media­ti­on, Acht­sam­keit, ein­setz­bar im Unter­neh­mens­kon­text. Ich würde mir sogar wün­schen, dass da noch mehr pas­siert: Beim Zusam­men­le­ben, da müssen wir alle an uns arbei­ten.

Foto­credit: WIFI Steiermark/Frankl

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