Halbjahresbilanz im steirischen Einzelhandel: Corona sorgte für 250 Millionen Euro Umsatzentgang

Um 14 bzw. 21 Prozent ist der Umsatz im steirischen Einzelhandel während des Lockdowns im März und April eingebrochen. Davor und danach konnte aber immerhin ein leichtes Plus erzielt werden, sodass unterm Strich „nur“ ein Minus von 3,5 Prozent beim Gesamtumsatz des ersten Halbjahres 2020 zu verbuchen ist. Ein Rückgang, der allerdings auch Folgen auf die Beschäftigtenzahl hat, diese ist im weiß-grünen Einzelhandel um 2,8 Prozent auf 45.300 gesunken. „Umso wichtiger ist es, dass die Politik nun alle Hebel für eine wirtschaftliche Wiederbelebung in Gang setzt“, betont der Obmann der Sparte Handel in der WKO Steiermark, Gerhard Wohlmuth.

Der steirische Handel ist ein wichtiger Arbeitgeber, jeder fünfte unselbständig Beschäftigte ist hier tätig. Insgesamt 80.000 Mitarbeiter zählen die alles in allem 21.000 Handelsunternehmen im Land, davon 45.300 im stationären Einzelhandel. Laut aktueller Studie der KMU Forschung Austria erzielte dieser einen Halbjahresumsatz von 4,6 Milliarden Euro – das entspricht einem Minus von 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wobei die einzelnen Monate hier – coronabedingt – höchst unterschiedlich verlaufen sind: Konnte man im Jänner und Februar noch ein Umsatzplus von 3,5 bzw. 6,9 Prozent verbuchen, so brachen die Zahlen während des Lockdowns um 14 (März) bzw. 21 Prozent (April) ein. „In diesen beiden Monaten lässt sich der Umsatzentgang im stationären steirischen Einzelhandel mit 250 Millionen Euro netto beziffern“, berichtet Wolfgang Ziniel von der KMU Forschung Austria. Im Mai und Juni dagegen konnte der heimische Handel wieder ein leichtes Plus erwirtschaften (+4,7 bzw. +0,7 Prozent).

Ähnlich dazu verlief auch die Beschäftigungsentwicklung innerhalb der Branche: Nach anfänglichen Zunahmen zu Jahresbeginn musste auch hier ein Minus in Kauf genommen werden – unterm Strich ist die Mitarbeiterzahl im stationären Einzelhandel von Jänner bis Juni um 2,8 Prozent gesunken. Wobei die Entwicklung je nach Branchensegment sehr unterschiedlich verlaufen ist. Während der Lebensmittelhandel, aber auch der Bau- und Heimwerkerbedarf oder der Handel mit kosmetischen Artikeln Umsatzzuwächse verbuchen konnte, musste der Bekleidungs- und Schuhhandel sowie der Schmuckhandel zum Teil monatliche Umsatzrückgänge von bis zu 70 Prozent verkraften. „Corona hat hier viele Unternehmerinnen und Unternehmer von heute auf morgen völlig unverschuldet vor existenzielle Fragen gestellt. Die Politik darf hier niemanden im Stich lassen“, appelliert Gerhard Wohlmuth, Obmann der Sparte Handel in der WKO Steiermark.

„Ladenhüter aus der politischen Klamottenkiste lösen keine Probleme“

Aktuelle Debatten um die Einführung einer Vier-Tage-Woche hält Wohlmuth in diesem Zusammenhang für „höchst kontraproduktiv“ und schädlich fürs wirtschaftliche Klima. „Mit Ladenhütern aus der politischen Klamottenkiste werden wir die aktuellen Herausforderungen nicht meistern. Unsere Betriebe brauchen viel mehr ein stabiles Umfeld, damit sie den erforderlichen Umsatz für eine positive Beschäftigungsentwicklung erwirtschaften können.“ Laut KMU Forschung Austria benötigt die Hälfte der Handelsunternehmen zumindest 78 Prozent der Vor-Corona-Umsätze für einen gewinnbringenden Geschäftsbetrieb. Vom aktuellen Personalabbau waren vor allem junge Mitarbeiter betroffen. So sank die Zahl der unter 25-jährigen Angestellten im April beispielsweise um 8,4 Prozent und im Juni um 6,1 Prozent. Ältere Mitarbeiter wurden im Vergleich dazu verhältnismäßig wenige abgebaut – ein weiteres Zeichen für die soziale Verantwortung, der sich der steirische Handel sehr wohl bewusst ist. Wichtig sei nun, dass Vertrauen und vor allem stabile Rahmenbedingungen wiederhergestellt werden. „Weitere Belastungen wären nicht tragbar. Darum darf es keinen weiteren Lockdown geben und sollte es zu verpflichtenden Coronatests für unsere Mitarbeiter kommen, so müssen die Kosten dafür vom Bund getragen werden. Weiters müssen die Ergebnisse dieser Tests schneller vorliegen, die aktuellen Wartezeiten sind hier sowohl für die betroffenen Mitarbeiter als auch für die Betriebe nicht tragbar“, fordert Wohlmuth. Immerhin: Die überwiegende Mehrheit der steirischen Einzelhändler (60 Prozent) geht laut KMU Forschung Austria von einem stabilen Geschäftsverlauf in den kommenden Monaten aus, 25 Prozent erwarten sich sogar eine Verbesserung, mit einer Verschlechterung rechnen nur 15 Prozent.

Foto v.l: Wolfgang Ziniel (KMU Forschung Austria), Gerhard Wohlmuth (Obmann Sparte Handel in der WKO Steiermark) und Helmut Zaponig (Spartengeschäftsführer Handel) präsentieren die Halbjahresbilanz des steirischen Handels. Fotocredit: Fischer

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