JUST-Redaktion|

Grazer Startup Baro­me­ter: Getrüb­tes Stim­mungs­bild in der Grün­der­sze­ne

Nach Jahren des Aufschwungs zeigt der Grazer Startup Barometer 2025 erstmals eine deutliche Eintrübung der Stimmung in der Gründerszene.

Die wirt­schaft­lich schwie­ri­ge Lage in Öster­reich schlägt sich nun spürbar auf Finan­zie­rung, Wachs­tum und Moti­va­ti­on der Grazer Gründer:innen nieder. Trotz hoher Inno­va­ti­ons­kraft und guter Grün­dungs­vor­aus­set­zun­gen droht Graz als Startup-Stand­ort an Dynamik zu ver­lie­ren.

Der Grazer Startup Baro­me­ter gilt als wich­tigs­te Umfrage zur Lage von Start­ups und Unter­neh­mer­tum in Graz. Seit 2014 wird sie von Ideen­trieb­werk, dem Zentrum für Entre­pre­neur­ship der Uni­ver­si­tät Graz, dem Unicorn Startup & Inno­va­ti­on Hub und der Grün­dungs­ga­ra­ge durch­ge­führt. Ziel ist es, ein rea­lis­ti­sches Bild über Stim­mung, Her­aus­for­de­run­gen und Chancen des Grazer Startup-Öko­sys­tems zu zeich­nen.

Grün­dungs­stand­ort Graz im Stim­mungs­tief

Die all­ge­mei­ne Bewer­tung des Startup-Stand­orts Graz fällt 2025 deut­lich: Mit 4,97 von 7 Punkten erreicht die Stadt den nied­rigs­ten Wert seit 2017 – ein Minus von einem halben Punkt gegen­über den Vor­jah­ren. Beson­ders stark zeigt sich der Rück­gang beim För­de­rungs­an­ge­bot, das auf nur 4,29 Punkte absinkt.

Posi­ti­ve Trends bei Fach­kräf­ten und Infra­struk­tur

Trotz der Ein­trü­bung gibt es auch Licht­bli­cke:

  • Fach­kräf­te­po­ten­zi­al erreicht mit 5,17 Punkten den höchs­ten Wert seit Beginn der Erhe­bung.

  • Bera­tungs­an­ge­bo­te (5,25) und Startup-Events (5,23) bleiben auf sta­bi­lem, hohem Niveau.

  • Ver­net­zung (5,16) und Büro-Infra­struk­tur (5,07) werden wei­ter­hin positiv bewer­tet.

Kapi­tal­man­gel belas­tet Gründer:innen

Am deut­lichs­ten zeigt sich der Abschwung bei der Finan­zie­rung: Der Faktor Finan­zie­rungs­si­tua­ti­on sinkt auf 3,47 Punkte, den schlech­tes­ten Wert seit 2016. Mehr als 57 % der Start­ups ver­fü­gen über keine externe Finan­zie­rung, nur 9 % erhal­ten Unter­stüt­zung von Busi­ness Angels und 2 % von Venture-Capital-Fonds.

Klei­ne­re Summen, weniger große Deals

Größere Invest­ments sind zur Sel­ten­heit gewor­den:

  • 35 % der Finan­zie­run­gen liegen unter 50.000 Euro,

  • 30 % zwi­schen 50.000 und 150.000 Euro,

  • Nur 25 % über­schrei­ten 500.000 Euro, davon 5 % die Mil­lio­nen­gren­ze.

Die Eigen­fi­nan­zie­rung bleibt daher die wich­tigs­te Geld­quel­le:
78 % der Gründer:innen nutzen eigene Erspar­nis­se, 51 % finan­zie­ren sich über den Cash­flow.

Finan­zie­rungs­run­den geplant – aber kleiner gedacht

Trotz schwie­ri­ger Lage planen 60 % der Start­ups eine neue Finan­zie­rungs­run­de inner­halb der nächs­ten 12 Monate. Die geplan­ten Summen fallen jedoch gerin­ger aus:
45 % wollen bis 500.000 Euro ein­sam­meln, nur 16 % streben mehr an.

Die größten Her­aus­for­de­run­gen bleiben:

  • Ver­trieb und Kund:innenakquise (52 %)

  • Liqui­di­täts­si­che­rung (42 %)

  • Umsatz­wachs­tum (31 %)

KI wird zum Game­ch­an­ger

Die Künst­li­che Intel­li­genz ent­wi­ckelt sich zur wich­tigs­ten Wachs­tums­chan­ce der Grazer Startup-Szene:

  • 22 % bezeich­nen sich als KI-Startup.

  • 70 % nutzen Gene­ra­ti­ve KI in der täg­li­chen Arbeit.

  • 10 % setzen KI als Kern des Geschäfts­mo­dells ein.

Vor­tei­le sind höhere Pro­duk­ti­vi­tät, Effi­zi­enz und schnel­le­re Markt­ein­trit­te. Kri­tisch gesehen werden Krea­ti­vi­täts­ver­lust, Regu­lie­run­gen und man­geln­de KI-Kom­pe­tenz.

Grün­dungs­stand­ort Graz: Stärken bleiben, Finan­zie­run­gen wackeln

Starke Bil­dungs­land­schaft und Inno­va­ti­ons­kraft

Trotz der Finan­zie­rungs­pro­ble­me punktet Graz mit seinen Uni­ver­si­tä­ten, Hoch­schu­len und For­schungs­zen­tren, die hoch­qua­li­fi­zier­te Fach­kräf­te und Inno­va­ti­on fördern. Das leben­di­ge Öko­sys­tem, die gute Infra­struk­tur und die kom­pak­te Stadt­grö­ße schaf­fen ein attrak­ti­ves Umfeld für Gründer:innen.

Büro­kra­tie und Politik als Brems­fak­to­ren

Als größte Stand­ort­nach­tei­le nennen die Befrag­ten:

  • Büro­kra­tie und Ver­wal­tung

  • man­geln­den Zugang zu Investor:innen

  • stei­gen­de Miet- und Steu­er­kos­ten

  • feh­len­de inter­na­tio­na­le Sicht­bar­keit

Der Grazer Startup Baro­me­ter 2025 zeigt klar: Der Stand­ort besitzt enormes Poten­zi­al, doch die Finan­zie­rungs­lü­cke wird zur größten Gefahr für die Zukunft. Ohne stär­ke­re Unter­stüt­zung durch Risikokapitalgeber:innen, Politik und Wirt­schaft droht Graz, im Wett­be­werb der euro­päi­schen Startup-Städte zurück­zu­fal­len.

Gleich­zei­tig bietet der Einsatz von Gene­ra­ti­ver KI eine große Chance, um Effi­zi­enz, Pro­duk­ti­vi­tät und Wachs­tum lang­fris­tig zu sichern – und Graz als Inno­va­ti­ons­stand­ort neu zu posi­tio­nie­ren.

Weitere Beiträge