Fach­kräf­te ohne Grenzen: Maß­ge­schnei­der­te Initia­ti­ven gegen den Fach­kräf­te­man­gel

Der Fach­kräf­te­man­gel ist und bleibt eines der drin­gends­ten Probleme der hei­mi­schen Wirt­schaft. Die demo­gra­phi­sche Lücke wird dazu führen, dass es bereits 2024 um 40.000 mehr 60-Jährige als 20-Jährige geben wird. Bis zum Jahr 2030 werden der Stei­er­mark 50.000 Menschen im Haupt­er­werbs­al­ter fehlen. Das Thema Fach­kräf­te­man­gel wird der hei­mi­schen Wirt­schaft daher auch bei einer all­fäl­li­gen Sta­gna­ti­on der Kon­junk­tur erhalten bleiben. Ein wichtiger Indikator für den Fach­kräf­te­man­gel ist der im WKO-Fach­kräf­te­r­adar abge­bil­de­te Stel­len­an­drang. Dabei werden alle im Laufe des Jahres neu beim AMS vor­ge­merk­ten Arbeits­lo­sen den neu gemel­de­ten offenen Stellen gegen­über­ge­stellt. Der Stel­len­an­drang betrug im Jahr 2018 für die Stei­er­mark 1,24. Das heißt: 55.169 gemel­de­ten Arbeits­lo­sen standen 44.360 gemeldete offene Stellen gegenüber. „Bei einem Stel­len­an­drang von unter 1,5 spricht man von einem Fach­kräf­te­man­gel“, so WKO-Stei­er­mark-Präsident Josef Herk.

Man­gel­be­ruf Elek­tro­tech­ni­ker / Instal­la­teur

Ein akuter Man­gel­be­ruf war im September 2019 der Elek­tro­tech­ni­ker. Auf 301 gemeldete Arbeits­lo­se kommen 332 offene Stellen. Der Stel­len­an­drang beträgt somit 0,9. Besonders dra­ma­tisch ist die Situation in Hartberg: Laut WKO-Fach­kräf­te­r­adar beträgt der Stel­len­an­drang für Elek­tro­tech­ni­ker nur 0,10, das heißt: Im September 2019 kommen auf 50 offene Stellen in der Region Hartberg lediglich 5 arbeits­los gemeldete Elek­tro­tech­ni­ker. Ein noch deut­li­che­rer Man­gel­be­ruf in der Stei­er­mark ist aktuell der Instal­la­teur. Für September 2019 sind für diesen Beruf 50 Arbeits­lo­se gemeldet und 391 offen Stellen aus­ge­schrie­ben. Das ergibt einen Stel­len­an­drang von 0,13!

Punk­tu­el­le Maßnahmen ent­wi­ckeln

Vor diesem Hin­ter­grund ent­wi­ckelt die Sparte Gewerbe und Handwerk, deren Mit­glieds­be­trie­be ganz besonders stark vom Fach­kräf­te­man­gel sowie vom demo­gra­phi­schen Wandel betroffen sind, punk­tu­el­le Maßnahmen, um das Problem ein­zu­däm­men. „Neben brei­ten­wirk­sa­men Lehr­lings­kam­pa­gnen wie bei­spiels­wei­se die Teilnahme an der Berufs- und Stu­di­en­mes­se BeSt3 oder der seit über 10 Jahren laufenden Aktion ‚Helle Köpfe, geschick­te Hände‘ setzen wir nun auch auf unkon­ven­tio­nel­le, maß­ge­schnei­der­te Initia­ti­ven, um die Unter­neh­men bei ihrer Suche nach Lehr­lin­gen bzw. Fach­kräf­ten zu unter­stüt­zen“, so Spar­ten­ob­mann Hermann Talowski.

Acht junge Fach­kräf­te aus Spanien in der Stei­er­mark

Eine dieser Initia­ti­ven betrifft das Projekt „Talents for Europe“, das sich zum Ziel setzt, den Fach­kräf­te­be­darf der öster­rei­chi­schen Unter­neh­men durch junge Fach­kräf­te aus der Euro­päi­schen Union zu decken, vor allem aus jenen Ländern mit einer hohen Jugend­ar­beits­lo­sig­keit. Talowski: „In Spanien beträgt die Jugend­ar­beits­lo­sig­keit bei­spiels­wei­se rund 34 % und viele spanische Jugend­li­che sind bereit, innerhalb der Euro­päi­schen Union ein Bildungs- und Arbeits­an­ge­bot anzu­neh­men.“ Dabei gibt es nun einen ersten Erfolg zu vermelden: Im November werden 8 junge Fach­kräf­te aus Spanien im Rahmen eines Testlaufs in stei­ri­schen Instal­la­teurs- und Elek­tro­tech­nik­be­trie­ben zu arbeiten beginnen. Sie sind damit die ersten „Fach­kräf­te ohne Grenzen“, die in den stei­ri­schen Betrieben herzlich will­kom­men sind. Auch Josef Herk unter­streicht die Bedeutung der über­re­gio­na­len Mobilität: „Wir müssen die über­re­gio­na­le Ver­mitt­lung durch das AMS inten­si­vie­ren. Aller­dings werden Maßnahmen im Inland nicht aus­rei­chen: Es gilt also auch jenseits der Lan­des­gren­zen nach Fach­kräf­ten zu suchen.“ Die WKO Stei­er­mark fordert in diesem Zusam­men­hang die Wei­ter­ent­wick­lung der Rot-Weiß-Rot-Karte sowie die gezielte Nutzung der Zuwan­de­rungs­po­ten­zia­le.

Zweiter Anlauf für Jugend­li­che und Betriebe

Die zweite Initia­ti­ve ist eine Koope­ra­ti­on der Sparte Gewerbe und Handwerk mit dem Arbeits­markt­ser­vice (AMS). Die Grundidee dabei ist, jene Jugend­li­chen direkt anzu­spre­chen, die auf Lehr­stel­len­su­che sind, aber im ersten Anlauf noch keine gefunden haben. Dabei geht man von ca. 150 bis 200 Jugend­li­chen aus, die sofort mit einer Lehre beginnen könnten und auch dem­entspre­chend motiviert sind. Ihnen stehen Unter­neh­men gegenüber, die umgekehrt noch keinen Erfolg bei der Lehr­lings­su­che gehabt haben. Beide sollen direkt im Rahmen einer gemein­sa­men Lehr­stel­len-Job-Börse Ende November zusam­men­ge­bracht werden. „Ange­sichts der vielen vor­ge­merk­ten Lehr­stel­len­su­chen­den einer­seits und der zahl­rei­chen offenen Lehr­stel­len ist eine gemein­sa­me Ver­an­stal­tung absolut ziel­füh­rend. Denn hier treffen genau die­je­ni­gen auf­ein­an­der, die sich vorher nicht gefunden haben“, so Hermann Talowski.

Kon­junk­tur im Gewerbe noch stabil

Die stei­ri­schen Gewerbe- und Hand­werks­be­trie­be berichten aktuell von einer großteils guten kon­junk­tu­rel­le Lage. In der jüngsten Kon­junk­tur­be­ob­ach­tung für das 3. Quartal 2019 beur­tei­len 34 % der Betriebe die Geschäfts­la­ge mit gut (im Vorjahr: 37 %), 57 % mit sai­son­üb­lich (Vorjahr: 49 %) und 9 % mit schlecht (Vorjahr: 14 %). Im Vergleich zum Vor­quar­tal ist das Stim­mungs­ba­ro­me­ter sogar gestiegen: Der Anteil der Betriebe mit einer guten Geschäfts­la­ge hat sich von 26 % im 2. Quartal auf 34 % im 3. Quartal 2019 erhöht. Der Anteil der Betriebe mit einer schlech­ten Geschäfts­si­tua­ti­on ist seit dem 4. Quartal 2018 nahezu unver­än­dert geblieben. Was die Erwar­tun­gen für das 4. Quartal 2019 betrifft, so über­wie­gen per Saldo die opti­mis­ti­schen Ein­schät­zun­gen um 6 %-Punkte (Anteil der Betriebe mit positiven abzüglich negativer Erwar­tun­gen). Aller­dings sind die Erwar­tun­gen in Hinblick auf die Eintragsaufgänge/Umsätze gedämpf­ter als im Vor­jah­res­quar­tal. „Fest steht, dass die Unter­neh­men nach wie vor dringend Fach­kräf­te suchen“, so Spar­ten­ob­mann Hermann Talowski, „und zwar auch dann, wenn sich die Kon­junk­tur weiter eintrübt.“

Foto v.l.: Prä­sen­tie­ren neue steirisch-spanische Fach­kräf­te­ko­ope­ra­ti­on: „Talents for Europe“-Projektkoordinator Josef Missethon, José González, Gene­ral­se­kre­tär des Unter­neh­mer­ver­bands von Teneriffa, WKO Stei­er­mark Präsident Josef Herk, Mari Paz de Léon vom Lan­des­schul­rat Teneriffa und Spar­ten­ob­mann Hermann Talowski Foto­credit: Fischer

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