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Ener­gie­sys­tem im Wandel – eine große Chance für Öster­reich

Die Ener­gie­wen­de ist im Gange. Umfas­sen­de geo­po­li­ti­sche, tech­no­lo­gi­sche, wirt­schaft­li­che und gesell­schaft­li­che Umbrü­che ver­än­dern derzeit sowohl die Rah­men­be­din­gun­gen als auch die Funk­ti­ons­wei­se des Ener­gie­sys­tems, der Mobi­li­tät, im Gebäu­de­sek­tor sowie im Pro­duk­ti­ons- und Haus­halts­be­reich. Die Indus­tri­el­len­ver­ei­ni­gung hat sich in einem Akti­ons­pa­pier „Inno­va­tiv. Effi­zi­ent. Nach­hal­tig. – Öster­reichs Indus­trie für Energie und Klima der Zukunft“ inten­siv mit der The­ma­tik aus­ein­an­der­ge­setzt. „Unser Ziel ist es, auf Basis des lau­fen­den Wandels des Ener­gie­sys­tems  Fol­ge­run­gen zu ziehen, die es der öster­rei­chi­schen Gesell­schaft und Wirt­schaft erlau­ben, die Ver­än­de­run­gen als Chance für die wirt­schaft­li­che, kli­ma­scho­nen­de Ent­wick­lung und eine hohe Lebens­qua­li­tät in einer intak­ten Umwelt zu nutzen“, beschreibt der Prä­si­dent der IV Stei­er­mark, Georg Knill, die Marsch­rich­tung.

Zeit­plan ohne Grund­la­ge

Im Gegen­satz zu vielen aktu­el­len Studien und Stra­te­gien zum Thema Energie und Klima stellt die IV nicht den Anspruch, kon­kre­te Ziele für Emis­si­ons­re­duk­ti­on oder für den Anteil erneu­er­ba­rer Energie inner­halb genauer Zeit­plä­ne zu for­mu­lie­ren. Der Grund dafür ist, dass das Ver­hal­ten kom­ple­xer Systeme – beson­ders wenn sie sich gerade im Umbruch befin­den – nur sehr ein­ge­schränkt vor­aus­sag­bar ist. Deshalb schlägt das  Akti­ons­pa­pier vor, über Energie in einer neuen Weise nach­zu­den­ken, um den Weg zur Ener­gie­wen­de best­mög­lich auf­zu­be­rei­ten. Aus­gangs­punkt dafür ist die Ener­gie­um­wand­lungs­ket­te. „Das Design künf­ti­ger Ener­gie­sys­te­me muss sich an den zu erbrin­gen­den Ener­gie­dienst­leis­tun­gen für Gebäude, Mobi­li­tät und Pro­duk­ti­on ori­en­tie­ren“, ist Knill über­zeugt. „Ein­zel­ne Tech­no­lo­gien müssen zu opti­mier­ten, oft dezen­tra­len Sys­te­men kom­bi­niert werden – die Schlüs­sel­rol­le wird die Ent­wick­lung hoch­in­te­grier­ter Lösun­gen im Ener­gie­sys­tem der Zukunft spielen.“

Statt wie in den tra­di­tio­nel­len Ener­gie­stra­te­gien auf ein­zel­ne Sek­to­ren – Indus­trie, Verkehr, Haus­hal­te – abzu­zie­len, setzt die Indus­tri­el­len­ver­ei­ni­gung auf neue Hand­lungs­fel­der, um der Her­aus­for­de­rung des Umbaus des Ener­gie­sys­tems wir­kungs­vol­ler zu begeg­nen: Infra­struk­tur, Markt­de­sign und  Inno­va­ti­on. „Wir wollen mit einer wett­be­werbs­fä­hi­gen Infra­struk­tur für den Umbau des Ener­gie­sys­tems Öster­reich bis 2020 als euro­päi­sches Vorbild eta­blie­ren“, erklärt Knill. Beim Markt­de­sign gelte es, die gesetz­li­chen Regu­lie­run­gen nach markt­wirt­schaft­li­chen Prin­zi­pi­en aus­zu­rich­ten, was derzeit ins­be­son­de­re bei der oft inef­fi­zi­en­ten För­de­rung erneu­er­ba­ren Stroms nicht der Fall ist. Hier gilt es von der „Sub­ven­ti­on zur Inno­va­ti­on umzu­schich­ten“, so der stei­ri­sche IV-Prä­si­dent,: „Unser Ziel ist es, Öster­reich bis 2020 unter die Top 3 der euro­päi­schen Ener­gie­for­schung zu  bringen.“ Das Ener­gie­sys­tem der Zukunft werde auf jeden Fall zuneh­mend von erneu­er­ba­ren Ener­gien ver­sorgt, ist Knill über­zeugt.

Die IV will ein klares gesell­schaft­li­ches und poli­ti­sches Bekennt­nis zur Inno­va­ti­on als Grund­la­ge für ein ver­än­der­tes Ener­gie­sys­tem. „Das gibt Klar­heit für Inves­ti­ti­ons­ent­schei­dun­gen, ermög­licht eine Planung und gibt Sicher­heit bei der Gestal­tung gesetz­li­cher Rah­men­be­din­gun­gen“, ver­si­chert Knill. Die IV stemmt sich gegen allzu spon­ta­ne büro­kra­ti­sche Rege­lun­gen: „Effi­zi­enz wird durch einen lang­fris­ti­gen sta­bi­len Rechts­rah­men unter­stützt.“

Kon­trol­liert umstel­len

Es gebe unter­schied­li­che Geschwin­dig­kei­ten beim Umbau, die berück­sich­tigt werden müssen: „Der ener­gie­in­ten­si­ven Indus­trie in Öster­reich muss erlaubt werden, ihren Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess in Rich­tung Koh­len­stoff­re­du­zie­rung kon­trol­liert und ohne erzwun­ge­ne Brüche zu absol­vie­ren.“ Die ehr­gei­zi­gen Ziele der EU, den CO2-Ausstoß bis 2030 um 40 Prozent gegen­über dem Wert von 1990 zu senken, sieht die IV zwar als positiv, aber auch kri­tisch. Außer­halb der EU gebe es weitaus größere und kos­ten­güns­ti­ger umsetz­ba­re Reduk­ti­ons­mög­lich­kei­ten, vor allem in stark wach­sen­den Indus­trie­re­gio­nen wie zum Bei­spiel China oder Indien. Der rein quan­ti­ta­ti­ve Beitrag der EU zur Redu­zie­rung des CO2-Aus­sto­ßes sei zwar poli­tisch wichtig, für den Erfolg einer glo­ba­len Kli­ma­po­li­tik aber nicht wirk­lich ent­schei­dend. Ziel der EU müsse es sein, ein trag­fä­hi­ges System zu schaf­fen, das durch seinen wirt­schaft­li­chen, öko­lo­gi­schen und sozia­len Erfolg als Vorbild wirke.

Die EU als Vorbild

„Nur eine gemein­sa­me euro­päi­sche Energie- und Kli­ma­po­li­tik kann inter­na­tio­nal ein Vorbild sein“, mahnt Knill. Und: „Der Kli­ma­wan­del ist ein glo­ba­les Phä­no­men. Daher müssen wir Maß­nah­men nach ihrer glo­ba­len Wirk­sam­keit beur­tei­len – neue Tech­no­lo­gien sind besser als rein regio­nal wirk­sa­me Pro­jek­te.“ Bei allen Maß­nah­men dürfe nicht ver­ges­sen werden, dass viele Unter­neh­men und deren Beschäf­tig­te maß­geb­lich von der  Gestal­tung des Ener­gie­sys­tems abhän­gen.“ Allein die beiden größten Stahl­wer­ke Öster­reichs, die sich derzeit mit Energie aus Kohle und Erdgas ver­sor­gen und damit auch ihren Strom­be­darf weit­ge­hend autark bereit­stel­len, würden beim Ver­zicht auf den Einsatz fos­si­ler Brenn­stof­fe einen zusätz­li­chen Strom­be­darf von 33 Tera­watt­stun­den im Jahr bedeu­ten. Die gesamte öster­rei­chi­sche Strom­pro­duk­ti­on beläuft sich auf rund 65 Tera­watt­stun­den. „Eine stabile und wett­be­werbs­fä­hi­ge Ener­gie­ver­sor­gung muss jeder­zeit gewähr­leis­tet sein“, fordert Knill.

Ins­ge­samt sieht die IV den Umbau des Ener­gie­sys­tems in erster Linie als große Chance für Öster­reich. Durch den Export von inno­va­ti­ven Tech­no­lo­gien und einen diver­si­fi­zier­ten hei­mi­schen Ener­gie­markt würden nicht nur Impulse für die Wirt­schaft gesetzt, sondern auch ein Beitrag zum Kli­ma­schutz geleis­tet.

„Leider sind die Inves­ti­tio­nen der öffent­li­chen Hand in die Ener­gie­for­schung zuletzt wieder gesun­ken. 128 Mil­lio­nen € oder 0,03 Prozent des Brut­to­in­lands­pro­duk­tes standen 2015 an För­de­run­gen zur Ver­fü­gung. För­der­pro­gram­me sind häufig über­zeich­net und stellen zu wenig Budget zur Ver­fü­gung“, kri­ti­siert Knill. Gerade For­schung und Ent­wick­lung am Ener­gie­sek­tor seien aber auf­grund ihrer Kom­ple­xi­tät oft ohne öffent­li­che Risi­ko­ab­de­ckung gar nicht möglich.

Am Markt erfolg­reich

Dennoch kann sich der Erfolg der hei­mi­schen Unter­neh­men sehen lassen. Am Welt­markt ist Öster­reich mit inno­va­ti­ven Pro­duk­ten sehr erfolg­reich. Bekannt ist unser Land unter anderem für effi­zi­en­te Antriebs­tech­no­lo­gien, die Ent­wick­lung neuer ener­gie­ef­fi zienter Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se, Anlagen und Anla­gen­tei­le für Wasser- und Wind­kraft, ener­gie­ef­fi­zi­en­te Kom­po­nen­ten, inno­va­ti­ves Bauen und Umwelt­tech­no­lo­gie in den Berei­chen  Recy­cling, Abwas­ser und Kreis­lauf­wirt­schaft.

Dazu kommen zahl­rei­che Ener­gie­pro­jek­te, die hier­zu­lan­de bereits umge­setzt werden. Eines davon ist die „Grazer Wär­me­wen­de“, die von der Energie Stei­er­mark und der Energie Graz for­ciert wird. Ziel ist es, die Fern­wär­me­er­zeu­gung für die Stadt Graz kurz­fris­tig zu 25 Prozent CO2-frei und mit­tel­fris­tig sogar zur Hälfte ohne fossile Brenn­stof­fe zu gewähr­leis­ten. So wird die Abwärme der Papier­fa­brik Sappi oder der Mari­en­hüt­te ins Netz ein­ge­speist, Solar­ener­gie genutzt und ein Bio­mas­se-Heiz­kraft­werk errich­tet.

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