JUST-Redaktion|

CEO-Talk: Crea­ti­ve Indus­tries Styria

Eberhard Schrempf, CEO der Creative Industries Styria, im Interview über den Stellenwert von Kreativität in der Wirtschaft und Zukunftsvisionen für den Standort.
Eberhard Schrempf ist seit 2007 Geschäftsführer der Creative Industries Styria. Zuvor war er unter anderem Geschäftsführer von Graz 2003 – Kulturhauptstadt Europas sowie technischer Direktor beim Avantgarde-Festival „steirischer herbst“.
Eberhard Schrempf ist seit 2007 Geschäftsführer der Creative Industries Styria. Zuvor war er unter anderem Geschäftsführer von Graz 2003 – Kulturhauptstadt Europas sowie technischer Direktor beim Avantgarde-Festival „steirischer herbst“. Fotocredit: Geopho.

Alle reden von Krea­ti­vi­tät: Sie soll der Booster sein, der Trou­ble­shoo­ter, der Wun­der­wuz­zi und natür­lich auch die Kri­sen­feu­er­wehr in eben dieser. Was aber genau bedeu­tet Krea­ti­vi­tät in der Wirt­schaft? Welche Rolle spielt sie tat­säch­lich? Und warum ist es an der Zeit, auf Lip­pen­be­kennt­nis­se („so wichtig“, „so zukunfts­wei­send“, „so inno­va­tiv“…) zu ver­zich­ten und statt­des­sen konkret zu handeln? Aus­kunft darüber gibt Eber­hard Schr­empf, Geschäfts­füh­rer der Crea­ti­ve Indus­tries Styria im JUST-Talk.

„Die Krise“ hat auch vor der Krea­tiv­bran­che nicht halt­ge­macht. Was zählt eigent­lich genau zur Krea­tiv­wirt­schaft?

Dazu gehören unter­schied­li­che Bran­chen, von der Archi­tek­tur bis zur Werbung. Beson­ders wichtig ist der gesamte Design­be­reich – zum Bei­spiel Inte­ri­or, Fashion und Grafik, aber auch Indus­trie- und Pro­dukt­de­sign oder Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Ser­vice­de­sign. Krea­tiv­wirt­schaft ist also per Defi­ni­ti­on ein Zweig, in dem schöp­fe­ri­sche Qua­li­tät die zen­tra­le Rolle spielt, also die Erschaf­fung von etwas, das es vorher in dieser Form noch nicht gegeben hat. Das ist keine Erfin­dung der Moderne, sondern Teil der gesam­ten mensch­li­chen Evo­lu­ti­on: Neues ist auto­ma­tisch kreativ, weil es eben vorher so noch nicht da war.

Warum boomen die Crea­ti­ve Indus­tries?

Die Krea­tiv­wirt­schaft oder die Crea­ti­ve Indus­tries treffen seit mitt­ler­wei­le gut zwei Jahr­zehn­ten den Nerv einer Ent­wick­lung, die zumeist als Über­gang von einer Pro­duk­ti­ons­ge­sell­schaft hin zu einer Wissens- und Dienst­leis­tungs­ge­sell­schaft bezeich­net wird. An den Rei­bungs­punk­ten dieser Ent­wick­lung ent­steht ein neues Bewusst­sein über den Wert und die Bedeu­tung von Arbeit, über den Umgang mit Res­sour­cen, über Umwelt, Natur und ihren Schutz, folg­lich über Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se und vieles mehr. Das ist nicht mehr und nicht weniger als ein Para­dig­men­wech­sel und die Krea­tiv­wirt­schaft ist dabei nicht nur Beglei­te­rin an vor­ders­ter Front, sondern auch Impuls­ge­be­rin und Umset­ze­rin. Sie nutzt die trans­for­ma­ti­ve Kraft der Krea­ti­vi­tät, um neue Pro­duk­te, Dienst­leis­tun­gen und Ser­vices ent­ste­hen zu lassen.

Welche Rolle spielt die Crea­ti­ve Indus­tries Styria?

Die Crea­ti­ve Indus­tries Styria beglei­tet und befeu­ert diesen Trans­for­ma­ti­ons­pro­zess und bringt Akteure aus der Krea­tiv­wirt­schaft und aus der klas­si­schen Wirt­schaft zusam­men. In der Praxis sieht das so aus, dass wir die Ver­net­zung durch unsere Pro­jek­te und Initia­ti­ven vor­an­trei­ben. Wir sind erster Ansprech­part­ner für Unter­neh­men, die Krea­ti­vi­tät und vor allem Design aktiv in ihre Stra­te­gie ein­bin­den wollen, und zwar nicht um Vor­han­de­nes schön und bunt und lustig aus­se­hen zu lassen, sondern um Neues zu schaf­fen, um inno­va­tiv zu werden oder zu bleiben und damit die Wett­be­werbs­fä­hig­keit zu sichern.

Wie lässt sich die inno­va­ti­ve Kraft der Krea­tiv­wirt­schaft über­re­gio­nal und trans­na­tio­nal bündeln, vor allem auch vor dem Hin­ter­grund einer gesamt­eu­ro­päi­schen Per­spek­ti­ve?

Die Kom­mis­si­ons­prä­si­den­tin der Euro­päi­schen Union, Ursula von der Leyen, hat vor Kurzem damit auf­hor­chen lassen, dass sie sich ein „neues Bauhaus“ für Europa wünscht. Europa sei neu zu denken, um den aktu­el­len Her­aus­for­de­run­gen ent­ge­gen­zu­tre­ten, Stich­wort Kli­ma­wan­del oder Resi­li­enz der Öko­sys­te­me. Das Inter­es­san­te daran: Sie ver­steht dar­un­ter ein dezi­diert kul­tu­rel­les Projekt im Sinne einer dis­zi­pli­nen­über­grei­fen­den Kraft­an­stren­gung von Exper­tin­nen und Exper­ten auf allen Gebie­ten. Das ist eine starke Vorgabe von höchs­ter Stelle gewis­ser­ma­ßen und es unter­streicht, dass es Koope­ra­ti­on und Kol­la­bo­ra­ti­on quer durch die Dis­zi­pli­nen und die Länder braucht, um eine Trend­wen­de ein­zu­lei­ten. Etwas, was die Krea­tiv­wirt­schaft seit jeher macht!

Apropos Trends: Welche Bedeu­tung haben Mega­trends wie Nach­hal­tig­keit, Digi­ta­li­sie­rung und Urba­ni­sie­rung für die Krea­tiv­wirt­schaft?

Krea­ti­vi­tät ist unmit­tel­bar mit jenen Dis­zi­pli­nen ver­knüpft, die uns tech­nisch in die Zukunft beglei­ten. Bei­spiels­wei­se Green Tech: Nach­hal­ti­ge Tech­no­lo­gien, von Pho­to­vol­ta­ik bis hin zu neu­ar­ti­gen Fahr­zeu­gen und Mobi­li­täts­kon­zep­ten für den urbanen Raum, und der Fokus auf erneu­er­ba­re Ener­gien schaf­fen Nach­fra­ge nach neuen Pro­duk­ten, sie brau­chen neue Pro­zes­se, neue Denk­wei­sen. Alte Pro­duk­ti­ons­pro­zes­se werden zuneh­mend abge­löst, es geht ver­stärkt um nach­hal­ti­ge Kreis­lauf­wirt­schaft. Das alles sind grund­le­gen­de Ver­än­de­run­gen mit einem stark dis­rup­ti­ven Aspekt, sprich: Nichts bleibt, wie es war. Die Krea­tiv­wirt­schaft ist hier unmit­tel­bar gefor­dert und sie kann diesen Wandel beglei­ten. Dabei hat sie einen großen Vorteil: Das Neue zu denken ist ihr nicht fremd. Sie muss auch nicht mit neuen Tech­no­lo­gien mit­hal­ten – denn sie gestal­tet diese selbst!

Welche Rolle spielt Covid-19 in diesem Zusam­men­hang?

Die aktu­el­len Ent­wick­lun­gen beschleu­ni­gen natür­lich Pro­zes­se, die schon länger unter­schwel­lig vor sich hin brodeln. Das Kauf­ver­hal­ten, der Konsum, ja, die gesamte Lebens­füh­rung sind getra­gen von einer neuen Awa­re­ness, einem neuen Bewusst­sein und dieses Bewusst­sein weist ein­deu­tig in Rich­tung Qua­li­tät. Nicht immer mehr vom ewig Glei­chen und Durch­schnitt­li­chen, sondern das Beste, aber in Maßen. Das ist ein Lebens­ge­fühl, vor allem in der jün­ge­ren Gene­ra­ti­on, das ganz auto­ma­tisch zu einem gesamt­ge­sell­schaft­li­chen Umden­ken führt. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Haltung gesell­schaft­li­cher Konsens sein wird. Darauf müssen wir vor­be­rei­tet sein.

Wie sehen mög­li­che Wege aus der Krise aus Sicht der Krea­tiv­wirt­schaft aus?

Ohne die Rede von der „Krise als Chance“ stra­pa­zie­ren zu müssen: Krea­ti­ve Arbeit ist ja ganz auto­ma­tisch auch dadurch defi­niert, dass sie den Weg aus einer Man­gel­si­tua­ti­on weist. Denn Krea­ti­vi­tät löst Pro­ble­me. So gesehen ist die Krea­tiv­wirt­schaft wohl der Bereich mit der größten Exper­ti­se im lösungs­ori­en­tier­ten Umgang mit Her­aus­for­de­run­gen.

Ent­gelt­li­che Medi­en­ko­ope­ra­ti­on. Die redak­tio­nel­le Ver­ant­wor­tung liegt beim JUST.

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