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Die Indus­trie wird zum Wär­me­ver­sor­ger

Die stei­ri­sche Indus­trie pro­du­ziert nicht nur in großem Maßstab, sie ist in den ver­gan­ge­nen Jahren auch zum Wär­me­ver­sor­ger für einige stei­ri­sche Städte und Kom­mu­nen gewor­den. Statt die Pro­zess­wär­me unge­nutzt in Flüsse oder in die Luft abzu­ge­ben, wird sie in lokale Fern­wär­me­net­ze ein­ge­speist. Eine Win-win-Situa­ti­on für Wirt­schaft und Umwelt.

Rund 15 Prozent des jähr­li­chen Wär­me­be­darf von Graz werden mitt­ler­wei­le von der Papier­fa­brik Sappi in Grat­korn gedeckt. Dort koppelt man die Pro­duk­ti­ons­wär­me aus der Ein­dampf­an­la­ge aus und liefert sie über eine zwölf Kilo­me­ter lange Rohr­lei­tung in die Lan­des­haupt­stadt. 30.000 Grazer Haus­hal­te können so mit Fern­wär­me ver­sorgt werden. 22,8 Mil­lio­nen € wurden in das Projekt inves­tiert.

Beson­ders erfreu­lich ist die Tat­sa­che, dass mit der Rea­li­sie­rung der Anlage auf­grund ihrer Wett­be­werbs­fä­hig­keit vor­wie­gend stei­ri­sche Firmen beauf­tragt wurden. So stammen die sieben Wär­me­tau­scher in der Papier­fa­brik von der Andritz AG, die Leitung wurde von der west­stei­ri­schen Bio­en­er­gie Fern­wär­me BWS rea­li­siert. Ein Pump- und Regel­ge­bäu­de in Graz, wo die Wärme in das Netz der Energie Graz über­ge­ben wird, hat die Firma Herzog aus Graz gebaut, die Gesamt­an­la­gen­steue­rung stammt vom Unter­neh­men Schneid aus Pirka. Für den Rohrbau zeich­ne­te die Grazer IMRO ver­ant­wort­lich, nur die Rohre selbst kommen aus Nie­der­ös­ter­reich.

Die Fern­wär­me von Sappi ist ein wich­ti­ger Beitrag für die ambi­tio­nier­ten Grazer Ziele, die Wär­me­ver­sor­gung stärker mit erneu­er­ba­rer Energie oder Abwärme zu bewerk­stel­li­gen. Gemein­sam mit der Abwärme aus der Grazer Mari­en­hüt­te wird mitt­ler­wei­le ein Viertel des Wär­me­be­dar­fes aus indus­tri­el­len Pro­zes­sen nach­hal­tig genutzt. Der Anteil dieser Quellen soll bis 2030 auf 50 Prozent ver­dop­pelt werden.

Einen großen Brocken davon könnte wie­der­um Sappi stemmen. Derzeit werden dort 150 Giga­watt­stun­den pro Jahr aus­ge­kop­pelt. Nun hat man eine tech­ni­sche Lösung gefun­den, die gelie­fer­te Wär­me­men­ge zumin­dest zu ver­dop­peln. Ange­dacht ist eine Lösung mit groß­tech­ni­schen Wär­me­pum­pen. So könnte auch Abwärme genutzt werden, die unter 60 Grad Celsius liegt. Die Trans­port­lei­tung nach Graz ist jeden­falls für 300 Giga­watt­stun­den Wärme aus­rei­chend dimen­sio­niert.

In Kap­fen­berg wird schon seit Jahren die Abwärme der Böhler Edel­stahl für das Heizen von Woh­nun­gen, Geschäfts­räu­men, die Warm­was­ser­auf­be­rei­tung, das Schwimm­bad und sogar die Rasen­hei­zung im Stadion ver­wen­det. Die Energie stammt aus den drei Dampf­kes­seln des Böhler-Werkes, ein Teil wird auch mit Wär­me­rück­ge­win­nungs­an­la­gen an den Indus­trie­öfen gewon­nen.

3,5 Giga­watt­stun­den Wärme werden so in das Fern­wär­me­netz der ober­stei­ri­schen Stadt ein­ge­speist – immer­hin fast ein Drittel des gesam­ten Wär­me­be­dar­fes. 2600 Tonnen CO2 können so ein­ge­spart werden.

Von Norske Skog kommt ein Teil der Fern­wär­me in Bruck. Dort wird die Rest­wär­me, die bei der Papier­pro­duk­ti­on anfällt, sinn­voll genutzt. 500 Haus­hal­te werden mit der indus­tri­el­len Rest­wär­me ver­sorgt. Bevor man in Bruck neue Wär­me­er­zeu­gungs­an­la­gen baut, will man alle bestehen­den Poten­zia­le nutzen.

Auch in Leoben setzt man auf die Indus­trie als Wär­me­ver­sor­ger. Seit 2009 wurden mehr als 25 Kilo­me­ter Fern­wär­me­lei­tun­gen zu Wohn­häu­sern verlegt, fast 8000 davon werden mit Fern­wär­me ver­sorgt. Erklär­tes Ziel ist, alle rund 12.000 Haus­hal­te der Stadt an das Fern­wär­me­netz anzu­bin­den.

Erzeugt wird die Fern­wär­me von der voest­al­pi­ne, dort wird die Abwärme, die eine Tem­pe­ra­tur von 80 bis 115 Grad Celsius hat, aus­ge­kop­pelt. Sie steht das ganze Jahr über zur Ver­fü­gung.

Aus der Zell­stoff­er­zeu­gung in Pöls kommt die Wärme für das Aich­feld. Gewon­nen wird sie mittels der soge­nann­ten Schwarz­lau­gen­ver­bren­nung, die das Werk ener­ge­tisch autark macht. Die über­schüs­si­ge Energie wird in Form von Strom und eben Warm­was­ser für die Fern­wär­me abge­ge­ben. Die Wärme stellt die Ver­sor­gung von Pöls, Fohns­dorf, Juden­burg und Zeltweg sicher. 15.000 Haus­hal­te erhal­ten dort die Wärme aus dem Zell­stoff­werk.
Die Abwärme aus der Glas­pro­duk­ti­on von Stölzle Ober­glas ist für Köflach bestimmt. Die Hitze der beiden Schmel­z­wan­nen wird über einen Abgas­wär­me­tau­scher zurück­ge­won­nen und geht in das ört­li­che Fern­wär­me­netz. In der CAG-Gruppe, zu der Stölzle gehört, setzt man ohnehin auf öko­lo­gi­sche Energie. Seit einem Jahr werden in drei Bio­mas­se­kraft­wer­ken 170 Giga­watt­stun­den Öko­strom und 450 Giga­watt­stun­den umwelt­freund­li­che Wärme erzeugt – zwei Drittel des Gesamt­ener­gie­ver­brauchs aller sechs Glas­wer­ke der Stölzle-Glas­grup­pe in Europa.

Für IV-Stei­er­mark-Prä­si­dent Georg Knill ist die Marsch­rich­tung klar: Es gilt im Ener­gie­be­reich die Poten­zia­le in der Stei­er­mark zu nutzen. Was­ser­kraft, Wind­kraft und die Abwärme von Indus­trie­un­ter­neh­men sind dabei zen­tra­le Hebel.“

Die Nutzung der Abwärme sei eine der besten Tech­no­lo­gien in puncto Kli­ma­schutz, sagt Sappi-Geschäfts­füh­rer Max Ober­hu­mer, der auch obers­ter Ver­tre­ter der Indus­trie in der WKO Stei­er­mark ist. „Dieser Teil der Wärme ist eine Energie, die pro­zess­tech­nisch vorher schon einen Nutzen erbracht hat. Im Minimum wurde aus dem ein­ge­setz­ten Brenn­stoff Strom erzeugt. Das ist also ein Mehr­fach­nut­zen in vie­ler­lei Hin­sicht.“

Foto: Max Ober­hu­mer, Geschäfts­füh­rer Sappi

Foto­credit: Geopho

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