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“Da ist noch Luft nach oben”

Graz wird als Anlegermarkt noch immer stark unterschätzt, sagt Harald Martich von Engel & Völkers, vor allem von der einheimischen Bevölkerung. Immer mehr internationale Investoren hingegen haben die steirische Hauptstadt bereits entdeckt.

Graz wird als Anle­ger­markt noch immer stark unter­schätzt, sagt Harald Martich von Engel & Völkers, vor allem von der ein­hei­mi­schen Bevöl­ke­rung. Immer mehr inter­na­tio­na­le Inves­to­ren hin­ge­gen haben die stei­ri­sche Haupt­stadt bereits ent­deckt.

Herr Martich, wie span­nend ist Graz als Anle­ger­markt?

Harald Martich: Auch wenn sich die Gra­ze­rin­nen und Grazer über die Immo­bi­li­en­prei­se bekla­gen: Graz ist im inter­na­tio­na­len Ver­gleich günstig. Sogar Augs­burg ist teurer! Graz ist der am stärks­ten wach­sen­de urbane Markt in Öster­reich, die Zuwachs­zah­len liegen vor denen von Wien. Wir haben hier eine Lebens­qua­li­tät, die ihres­glei­chen sucht. Das wissen immer mehr aus­län­di­sche Anleger zu schät­zen, etwa aus Deutsch­land, wo durch poli­ti­sche Restrik­tio­nen wie den Mie­ten­de­ckel Invest­ments weniger inter­es­sant sind. Auch deut­sche Fonds haben Graz ent­deckt.

Das bedeu­tet, dass Immo­bi­li­en auch teurer werden?

Martich: Wir gehen davon aus, dass die Preise lang­fris­tig sicher steigen werden.

Warum lag Graz so lange im Dorn­rös­chen­schlaf?

Martich: Die Linie Bra­tis­la­va – Wien – Linz/Passau – Salz­burg – Inns­bruck war immo­bi­li­en­mä­ßig immer inter­es­sant, die süd­li­che Rich­tung wurde kom­plett außer Acht gelas­sen. Erst durch die Öffnung nach Süden hin und den Wirt­schafts­auf­schwung hat sich das langsam geän­dert. Nun sind große Firmen hier ange­sie­delt, aus der ganzen Welt kommen Men­schen, um hier zu stu­die­ren. Für uns von Engel & Völkers jeden­falls ist Graz vom Volumen her nach Wien der zweit­wich­tigs­te Markt in Öster­reich.

Was macht den Markt hier aus?

Martich: Was auf­fällt, ist eine über­wie­gend gute bau­li­che Sub­stanz bei den meisten Jahr­hun­dert­wen­de­häu­sern. Graz hat eine gute Infra­struk­tur, der Flug­ha­fen ist klein, aber gut ange­bun­den. Sind einmal die Bahn­tun­nel fertig, wird die Anbin­dung nach Wien oder Kla­gen­furt noch attrak­ti­ver, das wird die Nach­fra­ge noch­mals pushen. Wir haben Kunden, die sich bereits im warmen Süden zur Ruhe gesetzt haben und nun eine Anle­ger­woh­nung in Graz wollen.

Welche Immo­bi­li­en würden Sie jeman­dem emp­feh­len, der – sagen wir – 500.000 Euro erbt?

Martich: Ich per­sön­lich würde den Kauf meh­re­rer kleiner Woh­nun­gen emp­feh­len, um das Risiko zu streuen. Wenn ein Mieter aus­fällt, ist das nicht so tra­gisch, als wenn man nur eine Wohnung in Ver­mie­tung hat. Auf dem Markt gibt es ent­spre­chen­de Ange­bo­te mit Miet­ga­ran­tie, oft sind das auf Stu­den­ten zuge­schnit­te­ne Klein­woh­nun­gen. Wir haben immer wieder Eltern, die für ihre stu­die­ren­den Kinder eine Anle­ger­woh­nung kaufen und nach Stu­di­en­zeit ver­mie­ten. Über die Risiken muss man sich im Klaren sein und hier heißt es nach wie vor: Je höher die Eigen­mit­tel, desto gerin­ger das Risiko. Was genau man mit einer Anla­ge­woh­nung errei­chen will, muss man indi­vi­du­ell durch­rech­nen, etwa was den Mit­tel­ein­satz betrifft und ab welchem Zeit­raum die Wohnung „Geld ver­die­nen“ soll.

Wie anla­ge­freu­dig sind die Stei­re­rin­nen und Steirer?

Martich: Da ist Luft nach oben (lacht). Die Eigen­tums­quo­te in Öster­reich und in Graz ist relativ hoch, es gibt also Immo­bi­li­en­in­vest­ments, wenn es auch nur die eigenen Häuser und Woh­nun­gen sind. Es ist übri­gens nach­ge­wie­sen, dass Men­schen mit Eigen­tum höhere Spar­quo­ten haben als Leute, die zur Miete wohnen. Die Besit­zer legen immer etwas zurück für Repa­ra­tu­ren etc. So gesehen hat Eigen­tum auch einen gewis­sen erzie­hen­den Faktor. Aber eines steht fest: Der Trend geht immer mehr in Rich­tung Immo­bi­li­en­in­vest­ments auf­grund feh­len­der Alter­na­ti­ven.

Was sind für Sie anle­ger­sei­tig unter­schätz­te Regio­nen in der Stei­er­mark?

Martich: Die gesamte! (lacht) Inter­es­sant ist jeden­falls die Preis­ent­wick­lung: Ein Ein­fa­mi­li­en­haus im Nord­os­ten von Graz ist um etwa 30 Prozent teurer als eines im Nord­wes­ten. Während nach unseren Erhe­bun­gen der Kauf­preis eines Hauses in Graz-Nord­west im Schnitt bei 432.000 Euro liegt, zahlt man im nur zehn Kilo­me­ter ent­fern­ten Thal 133.600 Euro für ein Haus. Im Stadt­teil Gries habe ich natür­lich eine andere Ankaufs­ren­di­te als in der Her­ren­gas­se. Doch in Gries gibt es durch­aus Chancen auf Rendite und Wert­stei­ge­rung, vor­aus­ge­setzt, man hat sich mit der Immo­bi­lie und ihrem Poten­zi­al aus­ein­an­der­ge­setzt: Ist das Dach­ge­schoß aus­bau­bar? Gibt es einen Lift? Wie ist die Mie­ter­struk­tur? Neu­bau­vier­tel wie Rei­ning­haus, wo die Stadt großen Wert auf eine gute Infra­struk­tur legt, werden sicher lebens­wert und auch das Umland positiv beein­flus­sen. Regio­nen in der Stei­er­mark, die sich gut ent­wi­ckeln, findet man entlang der Auto­bahn, vor allem in Gleis­dorf, das schon jetzt höher­prei­sig ist. Auch in der Gegend südlich von Graz bis Leib­nitz sind höhere Preise für Bauland zu ver­zeich­nen.

Wie arbei­ten Sie bei Engel & Völkers?

Martich: Unsere Dienst­leis­tung geht von der Port­fo­lio­ana­ly­se über eine pro­fes­sio­nel­le Kauf­preis­ein­schät­zung bis zum Kauf bzw. Verkauf bis hin zu dem soge­nann­ten Aft­er­sa­les-Service. Falls dieser nicht zustan­de kommt, ist die gesamte Dienst­leis­tung kos­ten­los. Wir bezeich­nen uns als Pre­mi­um­mak­ler, unsere Unter­neh­mens­wer­te sind Kom­pe­tenz, Lei­den­schaft und Exklu­si­vi­tät – nicht nur auf die Objekte bezogen, sondern im Spe­zi­el­len auf unsere umfang­rei­che Dienst­leis­tung. Hier schwingt das Ham­bur­ger Gedan­ken­gut unserer Gründer mit, der „ehrbare Kauf­mann“ kommt ja von dort. Wir sind auf dem Weg zum moder­nen Dienst­leis­tungs­kon­zern, nicht nur, was Immo­bi­li­en betrifft. Wir ver­mit­teln und ver­char­tern auch Yachten und Flug­zeu­ge und können in Deutsch­land inner­halb von 24 Stunden Finan­zie­rungs­zu­sa­gen geben. In einem bis zwei Jahren wird das auch in Öster­reich möglich sein und es wird eine App geben, über die der Ver­käu­fer auf die Zahl der Besich­ti­gun­gen bzw. Anfra­gen zugrei­fen kann. Wir sehen uns als Dienst­leis­tungs­kon­zern, der den Inves­to­ren und Kunden das Leben so ange­nehm wie möglich machen möchte.

Wie gehen Sie konkret bei einem Immo­bi­li­en­ver­kauf vor?

Martich: Die Erst­be­sich­ti­gung zur Kauf­preis­ein­schät­zung erfolgt bei uns immer nach dem Vier­au­gen­prin­zip. Wir laden den Immo­bi­li­en­be­sit­zer zu einer Prä­sen­ta­ti­on in unseren Shop ein, klären dort über die Markt­si­tua­ti­on auf, strei­chen die Vor­tei­le der Immo­bi­lie heraus und weisen auf mög­li­che Ein­wän­de von Inter­es­sen­ten hin. Wir bieten eine genaue Ziel­grup­pen­ana­ly­se und prä­sen­tie­ren Ver­gleichs­ob­jek­te in der Umge­bung. Uns ist wichtig, mit den Ver­käu­fern einen rea­lis­ti­schen Preis fest­zu­ma­chen. Denn in der Regel zeigt sich: Immo­bi­li­en mit einem zu hohen Markt­preis ver­kau­fen sich nicht nur lang­sa­mer, auch der Preis wird zu guter Letzt nied­ri­ger liegen als ein rea­lis­tisch ein­ge­schätz­ter Ver­kaufs­preis.

Wie ging es Ihnen mit Corona und wie schät­zen Sie die künf­ti­ge Ent­wick­lung ein?

Martich: Inter­es­san­ter­wei­se liegen die Umsatz­zah­len heuer höher als im letzten Jahr. Ledig­lich die Märkte in Spanien und Italien sind ein­ge­bro­chen. Die meisten Invest­ment­ent­schei­dun­gen haben während des Lock­downs nur pau­siert und wurden danach getrof­fen bzw. getä­tigt. An Spe­ku­la­tio­nen über die Zukunft des Immo­bi­li­en­mark­tes durch Corona betei­li­gen wir uns aber nicht. Wir gehen aber von weit­ge­hend sta­bi­len Märkten aus.

Kontakt

ENGEL & VÖLKERS COM­MER­CIAL
Joan­neum­ring 5/3
8010 Graz
T. +43 316 81 30 32
www.engelvoelkers.com

Foto­credit: Fischer

Ent­gelt­li­che Ein­schal­tung

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