Positionierung Wirtschaftsstandort Steiermark

Experten diskutieren über die Positionierung des Wirtschaftsstandort Steiermark. Kooperation auf verschiedenen Ebenen und die Lebensqualität sind dabei der Schlüssel.
Über den Industrie- und Wirtschaftsstandort Steiermark diskutierten Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl, Industriellenvereinigung-Steiermark-Präsident Georg Knill und Sappi-Gratkorn-Chef Max Oberhumer.
Über den Industrie- und Wirtschaftsstandort Steiermark diskutierten Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl, Industriellenvereinigung-Steiermark-Präsident Georg Knill und Sappi-Gratkorn-Chef Max Oberhumer. Fotocredit: Geopho.

Die internationale Positionierung des Wirtschafts- und Industriestandortes Steiermark ist gut. Trotz hoher Lohnkosten sind vorrangig Kooperationen auf verschiedenen Ebenen und die hohe Lebensqualität ausschlaggebend für den Erfolg. Zu diesem Schluss kommen Vertreter von Industrie und Politik in einer Standort-Diskussion über den Wirtschaftsstandort Steiermark und seine Zukunftsaussichten.

Wie gut ist der Wirtschaftsstandort Steiermark international betrachtet positioniert?

Eibinger-Miedl: Wir sind als Steiermark international sehr stark mit Delegationen präsent. Dabei stelle ich fest: Wo immer wir auch hinkommen, überall genießen steirische Unternehmen und der Wirtschaftsstandort Steiermark einen sehr guten Ruf. Das sieht man auch an den Zahlen. 2017 hatten wir ein Exporthoch mit einem Ausfuhrvolumen von rund 20 Milliarden €. Und in der ersten Hälfte 2018 sind die Exportzahlen noch einmal um 19 Prozent gestiegen.

Knill: Wir sind bestens positioniert. Wir können das mit weiteren Zahlen untermauern: Während das österreichische Bruttoinlandsprodukt im Vorjahr um 2,8 Prozent gestiegen ist, wuchs das Bruttoregionalprodukt der Steiermark um 3,8 Prozent noch deutlicher. Damit sind wir österreichischer Wachstumssieger. Heuer wird das Plus etwas geringer ausfallen, aber immer noch sehr gut sein.

Was für Gründe hat dieses gute Image?

Knill: Unser Erfolgsmodell heißt Kooperation. Konkret ist die Zusammenarbeit von Wirtschaft, Universitäten und Fachhochschulen sowie der Politik der Schlüssel zum Erfolg. In der Landespolitik hat man verstanden, dass die Industrie ein enormer Wohlstandsfaktor ist.

Oberhumer: Es geht um die gute Ausbildung der Menschen und darum, dass genug Fachkräfte vorhanden sind. Österreich hat eine hervorragende Struktur mit seiner dualen Ausbildung. Die Hochschulen sind ein weiterer maßgeblicher Faktor. Dazu kommt die Attraktivität des Lebensraumes Steiermark. Fachkräfte und insbesondere Führungskräfte kommen nur zu uns, wenn es hier auch ihren Familien gut geht. Da steht die Steiermark gut da: Es gibt weltweit kaum eine Region, wo ich lieber leben würde.

Eibinger-Miedl: Wir setzen in der Steiermark klare Leuchttürme, zum Beispiel auf den Gebieten Mikroelektronik oder Humantechnologie. Dafür haben wir hier das ideale Mikroklima.

Die Rahmenbedingungen des Wirtschaftsstandort Steiermark stimmen also?

Knill: Generell ja. Es ist aber extrem schade, dass bedingt durch die politischen Vorgänge der letzten Zeit Reformen vorerst nicht umgesetzt werden. Es ist zu befürchten, dass wir auf Bundesebene einen Stillstand haben werden. Dabei wäre gerade die angekündigte Senkung der Körperschaftssteuer ein wichtiger Schritt, der die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs erhöht. Das würde dem Wirtschaftsstandort guttun. Für meine international orientierte Wirtschaft war die Arbeitszeitnovelle ein wichtiger Schritt. Standortentscheidungen fallen aber auch aufgrund anderer Faktoren, zum Beispiel bestausgebildete Mitarbeiter oder Lebensqualität. Kosten spielen da nicht die alleinige Rolle.

Oberhumer: Am Beispiel des neuen Edelstahlwerkes in Kapfenberg sieht man deutlich: Es geht nicht nur um Lohnkosten, sondern vor allem auch um Hochtechnologie. Die Stückkosten sind nur ein Teil der Struktur. In erster Linie braucht die Industrie Mitarbeiter, die diese Hochtechnologie bedienen können. Ein Stahlwerk ist HighTech. Um damit umgehen zu können, braucht man eine jahrelange Ausbildung. Heute gibt es in der Industrie nicht mehr die

Knill: Das ist ein Trend, der Europa attraktiv hält. Die Digitalisierung hat das Potenzial Produktion auf den Alten Kontinent zurückzubringen. Wir werden nie ein Billiglohnland werden, wir punkten mit Innovation.

Hinken Bildung und Ausbildung da nicht hinterher?

Eibinger-Miedl: Die Digitalisierung wird in wenigen Jahren wirklich alles verändern. Deshalb muss man die Jugend für dieses Thema begeistern. Es gibt Signale aus dem Bund, viele Lehrberufe dahingehend zu überarbeiten und um den Bereich Digital zu ergänzen. Leider gilt es oft noch immer als nicht cool, einen technischen Beruf zu ergreifen, da müssen wir stärker motivieren. Das Talentcenter der Wirtschaftskammer ist ein guter Ansatz. Auch die Technische Universität, die Fachhochschule Joanneum oder der Campus02 beschäftigen sich intensiv mit der Digitalisierung. Unsere Anstrengungen in diese Richtung müssen aber noch verstärkt werden.

Oberhumer: Es ist nicht alles eitel Wonne in der Bildung. Es gibt immer noch Mittelschulen, die über keine vernünftige technische Ausstattung verfügen. Da gibt es Nachholbedarf.

Knill: Insgesamt ist die Digitalisierung mehr als nur eine Angelegenheit der Wirtschaft, sie ist ein gesellschaftliches Thema. Das Bildungssystem hat das bisher nicht so recht abbilden können. Es gibt Berufsbilder, die vor fünf Jahren noch gar nicht existiert haben. Es gilt mehr Rücksicht auf die Talente der Jugendlichen zu nehmen und aus der Fülle an Qualifikationsangeboten das Richtige zu finden. Hier brauchte es noch stärkere Unterstützung in der Berufsorientierung.

Stichwort Industrie 4.0: Wie weit ist die Digitalisierung der Industrie und der Weg zu „Losgröße 1“ in der Steiermark fortgeschritten?

Knill: Wir haben die Industrieinvestitionen des Jahres 2018 analysiert. Insgesamt wurden 3,6 Milliarden € in Bruttoanlageinvestitionen getätigt. Bei 42 Prozent dieser Summe war das Motiv die Schaffung von Industrie 4.0 im weiteren Sinne. Die Unternehmen sind in diesem Bereich also sehr gut unterwegs. Und investieren massiv in ihre Fähigkeit, die Digitalisierung zu gestalten.

Eibinger-Miedl: Wir ziehen als Politik bei der Attraktivierung der Lehrberufe mit der Wirtschaft an einem Strang. Wir können nicht nur auf die Jugend warten, wir müssen auch erwachsene Arbeitskräfte weiterbilden.

Ist die steirische Infrastruktur fit für die Digitalisierung? Und wie sieht es mit der restlichen Infrastruktur aus?

Knill: Wichtig ist der Ausbau des Breitbandnetzes. Das Land Steiermark hat hier mit der Breitbandgesellschaft „SBIDI“ erste Schritte gesetzt. Die Dateninfrastruktur ist für jede Region ein wichtiger Standortfaktor. Nicht von ungefähr investiert Deutschland 100 Milliarden € in den sogenannten Gigabit-Ausbau.

Eibinger-Miedl: Mit dem Koralmtunnel wird gerade das größte Bahnprojekt seit 100 Jahren verwirklicht. Das ist ein unglaublicher Schritt für den Süden Österreichs. Im Gegensatz zu anderen Bundesländern haben wir in Graz auch einen erfolgreichen Regionalflughafen.

Knill: Ein wichtiger Schritt bei der Bahn ist auch der Ausbau der Pyhrn-Schober-Achse als Anschluss der Steiermark an die norddeutschen und niederländischen Häfen.

Gerät Europa durch die USA und China unter Druck – wie sichern wir die Technologieführerschaft ab?

Eibinger-Miedl: Europa muss sich auf die Hinterbeine stellen. Die neue EU-Kommission muss es als wichtigste Aufgabe ansehen, dass Europa wettbewerbsfähig bleibt.

Knill: Für die Steiermark als Exportland – und drei Viertel aller bei uns produzierten Waren gehen in den Export – ist der Freihandel von essenzieller Bedeutung. Europa muss hier geschlossen auftreten. China zum Beispiel hat einen sehr geschützten Markt, es müssen aber gleiche Regeln für alle gelten. In den USA setzt Präsident Trump auf Protektionismus und bringt damit massive Unruhe ins globale Geschehen.

Eibinger-Miedl: Der Brexit ist auch nicht gerade hilfreich, genauso wenig wie ein zersplittertes und uneiniges EU-Parlament …

Oberhumer: Man wird Mehrheiten suchen müssen, das ist ja das Gute am Parlamentarismus. Wir müssen darauf achten, dass die Infrastruktur nicht in fremde Hände fällt. Man kann viele Ressourcen verbrennen, um die eigene Technologie zu schützen. Besser wäre es aber, das Tempo der Entwicklung zu erhöhen. Technologie von gestern ist morgen alt. Das Festhalten an Traditionen ist schon gut, aber Fortschritt ist besser.

Wie sieht es im Umweltbereich für den Wirtschaftsstandort Steiermark aus?

Oberhumer: Ökologische Energie ist eines der Kernthemen des Jahrzehnts. Die oberste Prämisse im Energiebereich muss die Effizienz sein und nicht politisches Kalkül. Wir müssen neuen Technologien Raum geben, wenn das mit Verantwortungsbewusstsein gemacht wird, wird der Energiewandel gelingen. Für die Dekarbonisierung werden wir neue Techniken benötigen, aber es kann ja ein Durchbruch gelingen.

Knill: Wir müssen als Steiermark einen Beitrag leisten und der kann nur in Form von Technologie gestaltet werden, die weltweit zum Einsatz kommen. Österreich erzeugt rund 0,2 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes.

Oberhumer: Der CO2-Ausstoß in der Produktion ist hier massiv geringer als an vielen anderen Orten. Jede in Österreich produzierte Tonne Stahl ist eine gute Tonne Stahl.

Eibinger-Miedl: Wir nehmen als Politik das Thema ernst, genauso wie wir die Forderungen der Jugend ernst nehmen. Die Steiermark ist zu klein, um das Klima zu retten, aber sie kann die Technologie für die Rettung liefern.

Gibt es von der Politik genug Geld für die Wirtschaft?

Knill: Gut die Hälfte des steirischen Landesbudgets geht in Gesundheit, Pflege und Soziales. Hier müssen wir strukturell Änderungen vornehmen. Es geht dabei nicht darum, jemand etwas wegzunehmen, sondern um mehr Effizienz bei gleicher Leistung. Nur zum Vergleich: Für die Wirtschaft steht ein Prozent des Landesbudgets zur Verfügung. Es hätte wenig Sinn, Geld dort zu suchen, wo ohnehin keines ist.

Oberhumer: Die Reformpartnerschaft hat bewiesen, dass man für weniger Geld eine gleich gute Versorgung bieten kann, zum Beispiel mit den geplanten Ärztezentren.

Eibinger-Miedl: Deshalb arbeiten wir ja am Gesundheitsplan 2025.

Welche Wünsche hat die Industrie an die Politik und umgekehrt?

Knill: Wir Unternehmer nehmen unsere gesellschaftliche Verantwortung wahr, dafür brauchen wir einen planbaren und stabilen Rahmen. Die globalen Märkte sind von hoher Volatilität geprägt – zuverlässige Rahmenbedingungen in der Heimat daher umso wichtiger.

Oberhumer: Ich wünsche mir weiterhin eine gute Kooperation in Strandortfragen.

Eibinger-Miedl: Ich wünsche mir weiterhin ein klares Bekenntnis der Industrie zum Wirtschaftsstandort Steiermark, weitere Investitionen und weiter eine gemeinsame Arbeit in Bildungsfragen.

Info:
Barbara Eibinger-Miedl:

ist seit 2017 Landesrätin für Wirtschaft, Tourismus, Europa,
Wissenschaft und Forschung.

Georg Knill:
ist Präsident der IV Steiermark und geschäftsführender
Gesellschafter der Knill Gruppe.

Max Oberhumer:
langjähriger Chef von Sappi Gratkorn, ist neuer Obmann
der Sparte Industrie in der WKO Steiermark.

 

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